Als der bekannte US-amerikanische Astrophysiker Neil deGrasse Tyson das Angebot erhielt, einen Asteroiden nach sich benennen zu lassen, stellte er sich sofort eine Frage: Würde der Asteroid auf die Erde zufliegen? Die Sorge, seinen Namen mit einem Objekt in Verbindung zu bringen, das später für die Auslöschung allen Lebens verantwortlich sein könnte, war verständlich.
Anleger scheinen derzeit mit ähnlichen (wenn auch nicht so lebensbedrohlichen) Sorgen konfrontiert zu sein. So sind die Anleihemärkte das "Objekt" der Besorgnis, und die Frage ist, in welche Richtung sich die Märkte für den Rest des Jahres entwickeln werden. Angesichts der Ungewissheit über die Inflation und die Entscheidungen der Zentralbanken besteht eine gewisse Zurückhaltung, starke Positionen einzugehen. Das Ergebnis ist oft ein eine Abwägung beide Ansichten, ohne sich zu einer Schlussfolgerung durchzuringen. Die geübtesten Ökonomen schaffen dies oft, ohne dass ihr Publikum es bemerkt.
Wie funktioniert dieser zweigleisige Ansatz derzeit? Einerseits scheint die Inflation ihren Höhepunkt erreicht zu haben, die Zentralbanken halten sich zurück und die Anleihemärkte haben mehrere Zinssenkungen im Laufe des Jahres eingepreist. Andererseits haben die Zentralbanken davor gewarnt, das Ende des Inflationszyklus zu früh einzuläuten und auch die jüngsten Wirtschaftsdaten mahnen zur Vorsicht. Das Ergebnis ist eine beträchtliche Menge an Geld, die auf eine klare Richtung wartet.
Der Versuch, den optimalen Zeitpunkt für eine Investition zu bestimmen, ist - wie wir alle wissen - ein Irrweg. Für langfristig orientierte Anleger ist dies auch nicht von Bedeutung. Die Anleiherenditen haben sich in einem relativ kurzen Zeitraum stark verändert. Derzeit rentieren zehnjährige US-Staatsanleihen mit rund 4,1%, was dem Niveau von 2007 entspricht. Auch die Renditen von zehnjährigen britischen Staatsanleihen bewegen sich um einen ähnlichen Wert und liegen bei etwa 3,9%. Infolgedessen sind auch die Renditen auf den Märkten für Unternehmensanleihen deutlich gestiegen. Besonders die Hochzinsanleihen haben hierbei die Spitzenreiterposition eingenommen.
Die Anleger haben diese höheren Renditen erkannt. Eine starke Rallye in der Anlageklasse gegen Ende 2023 implizierte, dass die Zentralbanken im Laufe des Jahres 2024 mehrere Zinssenkungen vornehmen würden (Ende Dezember wurde mit mehr als sechs Zinssenkungen in den USA, in Großbritannien und in Europa gerechnet). Auf die Rallye folgte jedoch zu Beginn dieses Jahres ein Realitätscheck, als die Besorgnis zurückkehrte, dass die Inflation noch nicht besiegt ist, während die Zentralbanken erneut schnell waren, um jede Diskussion über kurzfristige Zinssenkungen zu dämpfen.
Diese Bedenken sind berechtigt. Allerdings bieten die Anleihemärkte derzeit eine hervorragende Gelegenheit für langfristige Anleger. Hier können nicht nur die Renditen auf Mehrjahreshöchstständen gehalten werden, sondern es besteht auch ein hohes Gesamtrenditepotenzial, wenn die Zinsen zu sinken beginnen. Und das wird unweigerlich der Fall sein.
Und um Sie zu beruhigen: Der Asteroid 13123 Tyson umkreist die Sonne im inneren Teil des Asteroidengürtels. Die Erde ist vorerst sicher.
Von Kenneth Ward, Co-Manager des Aegon Investment Grade Global Bond Fund bei Aegon Asset Management