Geopolitische Risiken lassen sich in zwei Gruppen einteilen – Risiken mit globalen Auswirkungen und auf bestimmte Länder oder Regionen beschränkte Risiken. In den letzten sechs Monaten haben einige globale Risiken abgenommen:
- Verhandlungen über den US-Haushalt bzw. die Schuldenobergrenze
- Krise in der Eurozone
- Scheitern der Regierung Abe in Japan
- Führungswechsel in China
- Israelischer Angriff auf den Iran
Individuelle Länderrisiken und regionale Risiken bestehen jedoch weiter: Das grösste Risiko bleibt die Russland-Ukraine-Krise. Im Basisszenario verbleibt die Krim bei Russland, der Druck durch die russischen Streitkräfte an der ukrainischen Grenze bleibt weiterhin stark und die Störungen und sozialen Unruhen in der Ostukraine nehmen zu. Schliesslich fordert dieser Teil der Ukraine zunächst eine weitere Unabhängigkeit von Kiew (und erhält sie auch), später wird dann ein Referendum über die Teilung des Landes abgehalten, wobei der Osten an Russland geht oder in eine Semiunabhängigkeit mit Unterstützung durch Russland entlassen wird.
Der wichtigste Einflussfaktor für den Nahen Osten dürfte der niedrigere Ölpreis sein. Doch im Fall von Irak und Iran sollte die höhere Produktion werden die negativen Auswirkungen ausgleichen. Das grosse wirtschaftliche Thema für Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate wird die Diversifikation sein, insbesondere in Saudi-Arabien gehören auch die Infrastrukturinvestitionen dazu.
In Europa sollte es nationalistischen bzw. EU-feindlichen Parteien in Finnland, Schweden,Ungarn, Tschechien, den Niederlanden und Frankreich gelingen, ihren Stimmanteil zu steigern. In Spanien und Italien dürften auch regionale Parteien Erfolg haben. Die einzigen Länder, in denen EU-freundliche Parteien dominieren dürften, sind Deutschland, Irland,Belgien, Luxemburg, Polen und die baltischen Länder. Obwohl die Veränderungen an der Spitze des EU-Rats und der EU-Kommission nicht weltbewegend sein dürften, wird die Funktionsfähigkeit des EU-Parlaments durch den verstärkten Einfluss EU-feindlicher Parteien gestört. In Grossbritannien dürften sich die Stimmen bei den bevorstehenden Europawahlen auf Labour, UKIP, Konservative und Liberaldemokraten verteilen – in dieser Reihenfolge. Für die Regierung dürfte das Ergebnis zwar eine Blamage sein, aber eine politische Veränderung ist nicht zu erwarten.
In Asien richtet sich der Fokus weiter auf China, wo die wichtigsten Aufgaben die Umsetzung des Reformprogramms und die Lösung des Schattenbankproblems sind. Die angekündigten Reformen werden sukzessive umgesetzt. Insbesondere die Reformen des Landeigentums, der Staatsbetriebe und des Finanzsektors sowie die Massnahmen zur Korruptionsbekämpfung dürften erfolgreich sein.
Für die globalen Märkte implizieren die geopolitischen Risiken eine Marktkorrektur von rund 10%, aber nicht den Beginn eines Abwärtstrends. In Lateinamerika, Afrika und Grossbritannien müssen individuelle Länderrisiken aufmerksam beobachtet werden. Im Fall von Grossbritannien besteht ein ernsthaftes Risiko einer erhöhten politischen Volatilität.
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