COVID-19 beschleunigt bestehende sozioökonomische Trends

Die kürzlich vom Credit Suisse Research Institute veröffentlichte Studie «What will last? The long-term implications of COVID-19» stellt fest, dass COVID-19 die Welt, wie wir sie kennen, nicht radikal verändert, sondern vielmehr bereits bestehende sozioökonomische Trends beschleunigt. Die Digitalisierung des Alltagslebens, der Trend zu flexibleren Arbeitsregelungen, die Verlangsamung der Globalisierung, die Schwächung des Multilateralismus, die Expansion des Staats und die Anfälligkeit von Städten – all dies sind Entwicklungen, die bereits vor Ausbruch des Virus im Gange waren. Credit Suisse | 16.12.2020 14:42 Uhr
© Photo by XPS on Unsplash
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Die Studie zeigt insbesondere folgende Erkenntnisse wirtschaftlicher Entwicklungen auf:

Inflations-Extremrisiken bleiben bestehen

  • Das günstige Inflationsumfeld der letzten Jahrzehnte wird mittelfristig Bestand haben, aber die Extremrisiken in Bezug auf Deflation wie auch Inflation haben zugenommen.
  • Die Corona-Krise stellt einen schärferen und stärker synchronisierten Abschwung als die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre dar. Dank einer kompetenteren Reaktion der Politik wird sie wahrscheinlich nicht annähernd so lange dauern. Die ergriffenen Maßnahmen dürften ausreichen, um Zweitrundeneffekte ausreichend abzumildern, die das zukünftige Wachstum stark belasten könnten. Abwärtsrisiken bleiben jedoch weiterhin bestehen.
  • Die Verfasser des Berichts betrachten die Sorge über einen Anstieg der Inflation als übertrieben. Sie befürchten vielmehr, dass die Welt nach COVID-19 von einem schleppenden Wachstum und einer kaum erkennbaren Inflation gekennzeichnet sein wird. Dennoch bildet der strukturelle Wandel hin zu einem Inflationsanstieg, entweder durch demografische oder durch politische Faktoren bedingt, ein Extremrisiko.

Globalisierung verlangsamt sich

  • Die Globalisierung wird sich nicht umkehren, sich jedoch weiter verlangsamen. Dabei wird der Schwerpunkt verstärkt auf regionale Diversifizierung, mehr Nahverlagerung (Nearshoring) und auf die Produktion und Widerstandsfähigkeit anstelle von Kosteneffizienz gelegt.
  • Der Trend zur Regionalisierung wird Gelegenheiten für Länder mit niedrigeren Produktionskosten eröffnen, die näher an den Hauptverbrauchszentren liegen (USA, Europa, China und Japan).

Dezentralisierung nimmt zu

  • Das vermehrte Arbeiten im Home-Office fördert die Dezentralisierung der Wirtschaftsaktivitäten in den Industrieländern, da sie den Beschäftigten Alternativen zur Ausführung ihrer Tätigkeit mit einer größeren Entfernung zu städtischen Zentren ermöglicht. Dadurch werden ländliche Regionen und Kleinstädte attraktiver.
  • Trotz einer möglichen Abschwächung des Urbanisierungstempos ist es verfrüht, Großstädte abzuschreiben. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Städte sich nach einer Krise erholen können. Dies erfordert jedoch Anpassungen, um sie widerstandsfähiger und als Standort attraktiv zu machen.

Chancenungleichheiten bleiben dauerhaft bestehen

  • Die Pandemie und die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus wirken sich unterschiedlich auf die Menschen eines Landes, aber auch auf die Menschen verschiedener Länder aus. Sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen haben eher unter dem Verlust ihres Arbeitsplatzes und Einkommensverlusten zu leiden. Dank entschlossener finanz- und geldpolitischer Maßnahmen1 ist der Wohlstand stabil geblieben – die Krise hat jedoch benachteiligte Bevölkerungsgruppen durch Chancenungleichheit im Bereich Bildung, Gesundheit, Zugang zu Arbeitsplätzen sowie ein höheres Infektionsrisiko aufgrund ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen stärker getroffen. Infolgedessen werden Politiker voraussichtlich pandemiebedingte Korrekturmaßnahmen vornehmen.

Wenn wir den Blick auf die Politik richten, sehen wir langfristige Auswirkungen für die Macht des Staates und eine Verlagerung von Multilateralismus hin zu multilateraler Abstimmung.

  • Die Pandemie wirkt sich unterschiedlich auf die Geopolitik aus, hauptsächlich durch die Verschärfung des bestehenden Trends einer Umstellung von Multilateralismus hin zu mehr multilateraler Abstimmung. Der Schwerpunkt auf einem stabilen multipolaren Gleichgewicht wird sich graduell zugunsten der Sicherheit von Lieferketten und größerer Autonomie verschieben.
  • Die Einigung der EU über den EU-Wiederaufbaufonds mit bedeutenden Zielen im Bereich Green Economy verdeutlicht erneut, dass Krisen in der Regel zu mehr – nicht weniger – europäischer Integration führen.
  • Es gibt keine Belege dafür, dass autoritäre Regimes bei der Bekämpfung von Pandemien erfolgreicher sind als demokratische Länder. Beide Staatsformen können während einer Pandemie erfolgreich sein oder scheitern und werden daher weiter nebeneinander Bestand haben. Der Erfolg oder Misserfolg hängt von verschiedenen Faktoren ab, beispielsweise von der Erfahrung mit Gesundheitskrisen in der Vergangenheit, vom Tempo der Umsetzung von Maßnahmen, von der Fähigkeit, wirksame politische Schritte zu ergreifen, vom Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung und von der Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene.
  • Die Pandemie kann gewünschte Veränderungen anstoßen, wie beispielsweise eine Verbesserung der sozialen Absicherung. Zu starke staatliche Eingriffe können die Wirtschaftstätigkeit behindern und die individuelle Verantwortung untergraben. In der Vergangenheit haben Konflikte, Krankheiten, wirtschaftliche Abschwünge und Massenarbeitslosigkeit häufig zu einer Ausweitung der staatlichen Macht geführt. Falls man die Vergangenheit als Vergleich heranzieht, könnte die Ausweitung er staatlichen Macht während der COVID-19-Pandemie noch lange nach der Krise bestehen bleiben.

Auf technologischer Ebene rechnet die Studie mit einer Zunahme von Home-Office und einem stärkeren Schwerpunkt auf lebenslangem Lernen.

  • Das Arbeiten von zuhause aus hat als Arbeitsform einen festen Platz in der Arbeitswelt gefunden, da sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber Lösungen bevorzugen, die sich während der Pandemie als bequem, praktikabel und kosteneffizient erwiesen haben. Die Nachfrage nach Büroflächen und Geschäftsreisen wird wahrscheinlich aufgrund der Verlagerung zu zunehmenden Home-Office-Anteilen und dem Kostendruck, dem Unternehmen ausgesetzt sind, zurückgehen.
  • Die Pandemie könnte zwar zu einem Auftrieb für Bildungstechnologie (EdTech) führen, Bildungsinstitute werden aufgrund ihrer kritischen Rolle bei der Integration und der Vermittlung von Sozialkompetenzen und gesellschaftlichen Normen an Schüler bestehen bleiben. Lebenslanges Lernen avanciert zu einem wesentlichen Bestandteil des Lebens aller Menschen, da dies zur Anpassungsfähigkeit sowie zum Erwerb von Kompetenzen beiträgt, mit denen sich Menschen von Maschinen abheben. 

Sara Carnazzi Weber, Leiterin Thematische Analyse bei der Credit Suisse, kommentiert: «Die Geschichte hat gezeigt, dass Gesundheitskrisen zu wissenschaftlichen und sozialen Innovationen beitragen und dadurch die künftige Wirtschaftsentwicklung mitbestimmen. Die aktuelle Krise stellt keine Ausnahme dar, doch anstatt die Welt, wie wir sie kennen, radikal zu verändern, hat COVID-19 vielmehr bereits bestehende Trends beschleunigt und in vielen Sektoren strukturelle Veränderungen im Zeitraffer ausgelöst.» 

Nannette Hechler-Fayd’herbe, Chief Investment Officer International Wealth Management und globale Leiterin Economics & Research bei der Credit Suisse, hält fest: «Die unmittelbaren Auswirkungen der Pandemie waren hart, da die Aktienmärkte und die Gesamtgesellschaft Schwierigkeiten hatten, den Ernst der Situation rasch zu begreifen. Umgehende und tiefgreifende Maßnahmen auf der Ebene der Politik von Staaten und Zentralbanken, die Kreditlösungen und quantitative Lockerung bereitstellten, haben jedoch dazu beigetragen, eine stärkere und schnellere Erholungsphase einzuleiten. Wir gehen davon aus, dass die langfristigen negativen Folgen weniger stark ausfallen als bei anderen tiefen Rezessionen.» 

Der ausführliche Bericht «What will last? The long-term implications of COVID-19» ist hier als PDF-Dokument verfügbar.

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