„Auch wenn Skandinavien im Vergleich zu Gesamteuropa klein ist, finden Investoren dort ein reiches Angebot an sehr gut geführten Unternehmen“, sagt Hagen-Holger Apel, Volkswirt und Portfoliomanager bei DNB Asset Management. Im Gegensatz zur langläufigen Meinung, die Länder wie Schweden oder Dänemark gerne noch immer in die leicht verschlafene „Sozialstaatsecke“ stellt, ist es in den Nordics heute recht einfach, ein Unternehmen zu gründen. Ein Index der Weltbank, der abbildet, wie schnell ein Unternehmer einen Stromanschluss bekommt, wie kompliziert Bauanträge sind usw. sieht Dänemark auf Rang 3, Norwegen auf Platz 6 und auch Schweden unter den Top Ten der insgesamt 190 Länder des Rankings. Deutschland belegt hier übrigens nur Platz 17.
Kein Wunder, dass Investitionen sich (wieder) lohnen. Betrachtet man die letzten fünf Jahre seit Ende 2016 haben deutsche Aktien ohne Dividenden rund 60 Prozent zugelegt. Der VINX-Index aber, in dem die 100 größten Unternehmen Norwegens, Schwedens, Finnlands und Dänemarks enthalten sind, brachte es im selben Zeitraum auf ein Plus von rund 120 Prozent, also doppelt so viel. Auch der breiter gefasste VINX Benchmark Capital Price Index brauchte sich bei der Performance nicht zu verstecken. „Schaut man sich ab 2016 gesehen die letzten acht Jahre an, so hat der VINX Anleger im Vergleich zum Eurostoxx 50 eine jährliche Mehrrendite von 5,2 % eingebracht“, sagt Hagen-Holger Apel. Die VINX Benchmark enthält die größten und am häufigsten gehandelten Aktien an der Nordic Exchange in Stockholm und der Börse Oslo. Schwedische Titel sind im Index mit 46 Prozent am stärksten vertreten. 24 Prozent der Aktien notieren in Dänemark, 16 Prozent in Finnland und 9 Prozent in Norwegen. 75 Prozent des Index notiert in skandinavischen Währungen. „Wer in dieser Zeit in der Region investierte und Währungsrisiken einging, wurde mit zusätzlicher Rendite belohnt“, sagt Hagen-Holger Apel. Im VINX Index sind insgesamt 149 Unternehmen zusammengefasst.
Skandinavien profitiert insgesamt von stabilen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, einem hohen Bildungsniveau und dem Zugang zu neuen Technologien. Das führt dazu, dass sich die „Nordics“ nicht nur im Aktienmarkt, sondern sich auch beim Thema Anleihen nicht zu verstecken brauchen. Hier bieten die Währungen zusätzliche Renditenchancen. Zwar hat der Euro in den letzten Wochen gegenüber dem US-Dollar deutlich aufgewertet, doch die dänische Krone zum Beispiel ist noch stärker. Die dänischen Währungshüter halten die Krone im Rahmen einer gewissen Bandbreite, um Spekulanten abzuschrecken, was die Währung zuletzt gegenüber dem Euro zulegen ließ. Dänische Anleihen haben daher Währungsgewinne abgeworfen. Auch die norwegische Krone stand im September 2017 gegenüber dem Euro auf dem höchsten Stand seit zwei Jahren. „Die Entwicklungen kommt vor allem daher, dass die norwegische Wirtschaft zuletzt stärker als erwartet gewachsen und die Krone noch immer unterbewertet ist gegenüber dem Euro“, ist Apel überzeugt. Auch die schwedische Währung hat zuletzt zugelegt. Und der norwegische Staatfonds eilt von Rekord zu Rekord und durchbrach gerade die Schallmauer von 1 Billionen Dollar aufgrund einer hohen Rendite von 6,5 % im ersten Halbjahr 2017. Mit dieser Summe könnte in Deutschland der Bund zwei Drittel seiner gesamten Schulden in Höhe von 1,3 Billionen Euro (gut 1,5 Billionen Dollar) tilgen Auch in der Pro-Kopf-Rechnung erreicht der norwegische Staatsreichtum somit schwindelerregende Höhen. Auf jeden der knapp 5,3 Millionen Einwohner entfallen nun etwa 192.700 Dollar, das sind 164.000 Euro. Der Fonds soll helfen, für schlechte Zeiten vorzusorgen und die Pensionen der Norweger zu sichern.
Ein Geheimnis des Erfolgs ist sicher auch die hohe Lebensqualität in den Nordics. Bei den entsprechenden Rankings belegen sie immer wieder Spitzenplätze. Ähnliches gilt beim Thema Nachhaltigkeit. ESG (Enviroment, Social, Governance) oder nachhaltiges Investieren ist heute in aller Munde. Doch es ist auch ein Modebegriff, viele verkaufen alten Wein in neuen Schläuchen. Auch weil es noch zu wenige einheitliche Standards gibt und es zu oft nur um Ausschlusskriterien und „Rote Listen“ geht. Nordische Länder wie Schweden, Norwegen, Finnland oder Dänemark sind hier schon sehr lange aktiv und First Mover. Das gilt besonders auch für Banken wie Sparinvest aus Dänemark oder DNB aus Norwegen. In vielen Nachhaltigkeitsrankings zum Beispiel der UNO belegen die Nordics sehr oft vordere Plätze. „Dabei geht es nicht darum, ein Gutmenschentum an den Tag zu legen, sondern rational und glaubwürdig durch klare ESG-Richtlinien den Investmentprozess zu steuern, um Risiken zu minimieren und Erträge zu steigern“, sagt Mikkel Strørup, als Regional Direktor bei Sparinvest mit verantwortlich für den internationalen Fondsvertrieb, insbesondere für die institutionellen Kunden in Luxemburg, der Schweiz, Großbritannien und Asien.
Weiteres Plus: Die nordischen Staaten haben die Finanzkrise recht gut überstanden.
Dies vor allem dank früher Reformen. Nicht wenige Experten sehen die Nordics daher auf den Ranglisten in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit und niedrige Verschuldung nicht zufällig ganz oben stehen. Der umfassende Wohlfahrtsstaat, der in vielen Bereich heute stärker auch Marktelemente enthält, ist effizienter geworden. Starre Ideologien sind zum Teil Pragmatismus gewichen, auch wenn die Staatsquoten in Dänemark, Finnland und Schweden mit über 50 % noch sehr hoch sind. Auch die Steuerbelastungen sind mit über 40 % im Vergleich zu anderen EU-Ländern noch recht üppig. Man hatte aber schon vor der Jahrtausendwende gesehen, dass der allumfassende Sozialstaat „Made in Scandinavia“ an seine Grenzen gestoßen war. Hohe Steuern hemmten die Leistungsbereitschaft, der Staat lebte über seine Verhältnisse, das Investitionsklima war alles andere als freundlich. Als Folge führten zum Beispiel Schweden und Finnland, ähnlich wie Deutschland, entschlossene Privatisierungen im Bereich Telekommunikation und Energiemarkt durch. „Dänemark lockerte seine starren Arbeitsmarkgesetze, indem ein vergleichbarer geringer Kündigungsschutz mit großer sozialer Absicherung verbunden wurde. Mit einer aktiven Arbeitsmarktpolitik konnte so die rekordhohe Arbeitslosigkeit reduziert werden. Es setzte auch mehr fiskalische Disziplin ein. Das alles zahlte sich aus, denn in der Finanzmarktkrise hatte man so Spielräume, um gegenzusteuern und Investitions-Anreize zu setzen“, erläutert Mikkel Strørup. „Das hat die Nordics krisenfester als andere Länder gemacht.“. Dazu kommt, dass sich zum Beispiel die Wirtschaftsstruktur Dänemarks durch eine hohe Zahl von mittelständischer Industrie- und Dienstleistungsunternehmen aus, die oft sehr stark spezialisiert sind und technologisch zur Spitzenklasse gehören. Das macht weniger anfällig als wenn man von einem großen Player abhängig ist, wie das Beispiel Nokia für Finnland gezeigt hat.
Bei allem Fortschritten haben die Nordics aber noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Die hohe Staatsquote und die Steuerbelastung wurden schon angesprochen. Großer Handlungsbedarf besteht auch bei der Integration der zahlreichen Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt. Gemessen an der Bevölkerungszahl verzeichnet zum Beispiel Schweden in der EU einer der höchsten Aufnahmequoten von Flüchtlingen. Das System ist dabei wenig effizient. Die Erfassung und Behandlung von Asylgesuchen dauert ungewöhnlich lange, die Anerkennung ausländischer Ausbildungen funktioniert oft gar nicht. Norwegen ist noch immer sehr stark vom Ölpreis abhängig und es besteht gleichzeitig die Gefahr, dass die Öleinnahmen und der glänzend performende Staatsfonds das Land träge und einfallslos machen. Dänemark zeigte zuletzt einige Schwächen im Bereich Export zum Beispiel nach Deutschland, weil der Boom für Windkraftanlagen abflaute.
Dennoch bieten die Nordics wie beschrieben gute Investmentchancen. Diese wollen wir Ihnen in den nächsten Wochen bis zum Nordic Investment Managers Forum in kurzen Investmentportraits anhand von speziellen Länderportraits beleuchten. In der nächsten Woche starten wir mit Norwegen, es folgen dann Dänemark und Schweden.