Der Markt für erneuerbare Energien hat in den letzten Jahren eine beeindruckende Entwicklung gezeigt – von großen Wachstumsprognosen bis hin zu spürbaren Kursrückgängen, insbesondere seit dem Höhepunkt im Jahr 2021. Trotz dieser Herausforderungen bleiben die langfristigen Chancen für Investoren in diesem Sektor attraktiv. Die jüngsten Rückschläge bieten möglicherweise sogar interessante Einstiegspunkte für Anleger, die auf das strukturelle Wachstum der Branche setzen.
Schwierige Jahre und neue Chancen
Seit dem Hochpunkt Anfang 2021 hat der Sektor für erneuerbare Energien erhebliche Kursverluste erlebt. Viele Unternehmen in diesem Bereich, darunter Ørsted, ein Vorreiter der Offshore-Windkraft, und Vestas, einer der größten Windkraftanlagenhersteller, mussten harte Rückschläge hinnehmen. Auch Versorgungsunternehmen und Entwickler von Projekten im Bereich erneuerbare Energien litten unter dieser Marktentwicklung.
Die Ursachen lagen zum Teil in einer Überhitzung des Marktes: Nach einer Phase starker Euphorie brach eine „grüne Blase“ zusammen. Doch gerade in Zeiten, in denen die Begeisterung nachlässt, entstehen oft die besten Möglichkeiten für langfristig denkende Investoren. Historisch betrachtet haben Phasen sinkender Aktienkurse häufig gute Einstiegschancen geboten, insbesondere wenn die zugrunde liegenden Wachstumsfaktoren weiterhin bestehen.
Langfristiges Wachstum: Erneuerbare Energien als Megatrend
Trotz der kurzfristigen Herausforderungen bleibt die langfristige Wachstumsstory der erneuerbaren Energien ungebrochen. Die Branche steht erst am Anfang eines jahrzehntelangen Transformationsprozesses. Der Wandel im Energiesektor ist ein langwieriger Prozess, der, wie in der Vergangenheit, mehrere Jahrzehnte benötigt, um vollständig Fuß zu fassen. Die Unternehmen, die heute die Basis für diese Entwicklung legen, könnten über die nächsten 50 bis 100 Jahre von einem strukturellen Wachstum profitieren.
Besonders interessant sind Unternehmen, die auf Ressourceneffizienz setzen, also Technologien entwickeln, die den Energieverbrauch und Emissionen reduzieren. Beispiele dafür sind Hersteller von Wärmepumpen oder Dämmmaterialien, die zur Energieeffizienz von Gebäuden beitragen. Solche Firmen haben oft über Jahre stabile Kapitalrenditen erwirtschaftet und sind gut aufgestellt, um vom wachsenden Umweltbewusstsein zu profitieren.
Drei zentrale Themen für Investitionen
Ein kluger Ansatz für Investitionen in erneuerbare Energien kann sich auf drei Kernbereiche konzentrieren: erneuerbare Energien, Elektrifizierung und Ressourceneffizienz.
1. Erneuerbare Energien: Wind-, Solar- und Biokraftstoffe bilden das Rückgrat dieses Sektors. Obwohl der Wettbewerb vor allem durch chinesische Anbieter stark ist, gibt es in Europa nach wie vor großes Potenzial. Besonders in den Bereichen Batterietechnologien und Elektrofahrzeuge ist es entscheidend, dass die europäische Industrie konkurrenzfähig bleibt.
Ein bemerkenswertes Beispiel für eine erfolgreiche Wachstumsstrategie ist Ørsted. Das dänische Unternehmen hat in der jüngsten britischen CfD-Auktion (Contract for Difference) hohe Zuschläge für die Offshore-Windprojekte Hornsea 3 und Hornsea 4 erhalten. Mit diesen Projekten ist Ørsted gut aufgestellt, sein Ziel von 22 Gigawatt Brutto-Offshore-Windkapazität bis 2030 zu erreichen. Die Zuschläge verdeutlichen Ørsteds führende Position im Offshore-Windsektor und die Fähigkeit, kontinuierlich in große Projekte zu investieren, die das langfristige Wachstum sichern.
2. Elektrifizierung: Der Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft hängt stark von der Weiterentwicklung der Elektrifizierung ab. Dazu zählen Batterietechnologien, Elektrofahrzeuge und die notwendige Infrastruktur, insbesondere das Stromnetz. Der Ausbau der Energienetze ist entscheidend, um die wachsende Nachfrage durch erneuerbare Energien und die zunehmende Nutzung von Elektrofahrzeugen zu bewältigen.
3. Ressourceneffizienz: Unternehmen, die Technologien zur Verbesserung der Energieeffizienz anbieten, sind oft weniger volatil und generieren stabile Erträge. Beispiele sind Hersteller von Leichtbaumaterialien oder Technologien zur Reduktion des Energieverbrauchs in Gebäuden. Viele dieser Firmen sind seit Jahrzehnten erfolgreich und befinden sich weiterhin auf einem nachhaltigen Wachstumspfad.
Ein besonders interessantes Unternehmen in diesem Bereich ist Industrie De Nora, ein italienisches multinationales Unternehmen, das sich auf Elektrochemie spezialisiert hat. De Nora ist weltweit der größte Anbieter von hochleistungsfähigen katalytischen Beschichtungen und unlöslichen Elektroden für elektrochemische und industrielle Anwendungen. In jüngster Zeit hat das Unternehmen seine Expertise auf den Bereich der Elektroden für die Erzeugung von grünem Wasserstoff ausgeweitet und hält zudem eine 34-prozentige Beteiligung an tk nucera, dem weltweit führenden Unternehmen für Elektrolyseure. Diese strategische Positionierung macht Industrie De Nora zu einem wichtigen Akteur im wachsenden Wasserstoffmarkt, der langfristig eine Schlüsselrolle im Energiemix spielen wird.
Die richtige Unternehmensauswahl: Qualität statt Quantität
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Auswahl der richtigen Unternehmen. Während viele Fonds auf thematische Top-Down-Ansätze setzen, ist es entscheidend, eine fundierte Bottom-Up-Analyse durchzuführen. Das bedeutet, dass das Augenmerk auf der individuellen Wettbewerbsposition und der Fähigkeit der Unternehmen liegt, langfristig überdurchschnittliche Kapitalrenditen zu erzielen.
Besonders aussichtsreich sind Firmen, die unabhängig von staatlichen Subventionen wirtschaftlich erfolgreich agieren können. Subventionen können hilfreich sein, aber Unternehmen, die auch ohne diese Unterstützung einen klaren Mehrwert für ihre Kunden bieten, sind langfristig besser aufgestellt. Der Fokus sollte daher auf Unternehmen liegen, die Wettbewerbsvorteile haben und in der Lage sind, überdurchschnittliche Gewinne zu erwirtschaften.
Volatilität und Risiken im Blick behalten
Natürlich sind Investitionen in grüne Technologien nicht risikofrei. Die Volatilität in diesem Sektor ist hoch, was auf die starken Abhängigkeiten von politischen Entscheidungen und Markttrends zurückzuführen ist. Um diese Risiken zu minimieren, ist eine gezielte Diversifizierung entscheidend. Ein breites Portfolio aus 40 bis 60 Positionen, das nicht zu stark von denselben Marktentwicklungen beeinflusst wird, kann die Volatilität reduzieren.
Fazit: Langer Atem zahlt sich aus
Trotz der jüngsten Rückschläge ist der Sektor der erneuerbaren Energien langfristig attraktiv. Für Investoren, die bereit sind, mit den Marktzyklen zu arbeiten und gezielt in Unternehmen mit klaren Wettbewerbsvorteilen zu investieren, bieten sich Chancen auf beträchtliche Renditen. Der Transformationsprozess in der Energiebranche ist ein Marathon, kein Sprint. Wer langfristig denkt und die Entwicklungen geduldig begleitet, hat die besten Chancen, die Früchte dieser Revolution zu ernten.
Von Stian Ueland, Portfoliomanager DNB Fund Renewable Energy bei DNB Asset Management