e-fundresearch.com: Frau König, die im November 2016 anstehende US- Präsidentschaftswahl wirft ihre Schatten voraus. Die Vorwahlen laufen bereits, der Wahlkampf nimmt also Fahrt auf. Welche Bedeutung hat die Abstimmung über die Nachfolge von Präsident Obama für die US-Börsen und die amerikanische Wirtschaft?
Nadine König: Für den Moment ist die Bedeutung noch gering, derzeit bewegen andere Themen den Markt. Die Vorwahlen haben gerade erst begonnen und es ist noch lange nicht sicher, welche Kandidaten endgültig ins Rennen um das Weiße Haus gehen. Für die längerfristigen Wachstumsaussichten der USA – und damit auch für die Kurse an der Wall Street – ist der wirtschaftspolitische Kurs natürlich wichtig. Und somit auch die Wahl des Präsidenten oder der Präsidentin.
e-fundresearch.com: Was denken Sie: Wird es einen Unterschied machen, ob Hillary Clinton oder Donald Trump gewinnt bzw. ein anderer Demokrat oder Republikaner?
Nadine König: Mit Sicherheit macht es einen Unterschied, wie die Rahmenbedingungen für die US-Wirtschaft von der neuen Administration ausgestaltet werden. Dabei handelt es sich aber nicht nur um eine Frage der Personen oder der Partei, sondern auch des Programms. Denken Sie an Bill Clinton und seinen Wahlkampfslogan „It’s the economy, stupid“. Damit wollte er zum Ausdruck bringen, wie wichtig ihm als Demokrat wirtschaftspolitischer Erfolg ist, obwohl man traditionell einen solchen Kurs eher von den Republikanern erwartet.
Der wirtschaftspolitische Kurs ist somit nicht nur eine Frage des Steuermanns, sondern auch von Kompass und Ziel. So lange wir uns im Vorwahlkampf befinden, lassen sich darauf schwer Rückschlüsse ziehen.
e-fundresearch.com: Wie beurteilen Sie die Auswirkungen der Wahl auf die Weltwirtschaft?
Nadine König: Das wird man sehen, diese hängen natürlich von den Themenschwerpunkten des neuen Präsidenten ab. Im aktuellen, sehr frühen Wahlkampfstadium sind belastbare Vorhersagen dazu kaum möglich.
e-fundresearch.com: Wachstumssorgen um China, schwache Rohstoffpreise, starker US-Dollar: Die Realwirtschaft in den Vereinigten Staaten schwächelt unter dem Druck mehrerer Belastungsfaktoren. Mit welcher Konjunkturentwicklung rechnen Sie für 2016?
Nadine König: Das Bild in den USA ist zweigeteilt: Der Dienstleistungssektor befindet sich in guter Verfassung, während sich der Industriesektor eintrübt. Teilweise ist die dortige Schwäche auf den Einbruch in der Ölindustrie zurückzuführen. Als Folge des starken US-Dollars ist zudem der Export belastet. Insgesamt zeichnet sich eine Abschwächung der Wirtschaftsdynamik in den USA ab. Wir befinden uns bereits in einer spätzyklischen Konjunkturphase.
e-fundresearch.com: In welchen Branchen und Bereichen hat die amerikanische Wirtschaft besonderes Potenzial?
Nadine König: Vor allem in den konsumnahen Bereichen sehen wir weiter Potenzial. Der US-Arbeitsmarkt ist nach wie vor robust, damit ist die Basis für steigende verfügbare Einkommen vorhanden. Auch für die IT-Branche stehen die Zeichen recht gut. Hier herrscht in einigen Bereichen, die durch bahnbrechende Innovationen getrieben sind, eine Art Sonderkonjunktur.
e-fundresearch.com: Wo liegen die realwirtschaftlichen Schwächen?
Nadine König: Die Achillesferse der US-Wirtschaft ist aktuell der Rohstoffsektor. Insbesondere die Energieindustrie hat es im derzeitigen Umfeld schwer. Davon ist zum Beispiel indirekt auch der Bankensektor betroffen, denn die Geldhäuser machen einerseits weniger Kreditgeschäft und müssen andererseits die Rückstellungen für Zahlungsausfälle erhöhen. Zusätzlich belasten noch die Turbulenzen an den Kapitalmärkten, die vor allem den Investmentbanken zusetzen.
e-fundresearch.com: Was spricht für Investments in US-amerikanische Aktien?
Nadine König: Es handelt sich um den größten und liquidesten Aktienmarkt der Welt. Nirgendwo sonst gibt es so viele erfolgreiche und profitable Unternehmen. Die Aktienkultur hat eine lange Historie und ist daher sehr stark ausgeprägt. Dies wirkt sich natürlich positiv auf die Führung der Unternehmen und deren Corporate Governance aus. Daher gehören US-Aktien immer in ein gut diversifziertes Depot. Hinzu kommen die Stärke im Dienstleistungsbereich und die große Flexibilität der amerikanischen Wirtschaft. Corporate America erfindet sich eben ständig neu.
e-fundresearch.com: Wo liegen aktuell die Herausforderungen am US-Aktienmarkt?
Nadine König: Aktuell zeichnet sich eine Verlangsamung der Wachstumsdynamik ab – das ist sicherlich Gegenwind für die Wall Street. Zusätzlich hat die US-Notenbank in diesem Umfeld die Leitzinsen erhöht. Dies wird ungeachtet der tatsächlichen Wirkungen in der Realwirtschaft als belastende Nachricht für den Aktienmarkt interpretiert. Hinzu kommen durchwachsene Signale von der Gewinnberichtssaison. So sind z.B. die Gewinnmargen der Unternehmen bereits auf sehr hohem Niveau, sodass hier das Steigerungspotenzial begrenzt erscheint.
e-fundresearch.com: Aus der Praxis einer Fondsmanagerin: Auf welche Branchen und Sektoren setzen Sie vorrangig?
Nadine König: Wir bevorzugen Sektoren, die von den derzeitigen Trends profitieren. Das gilt etwa für nicht-zyklische Konsumwerte und Unternehmen aus der IT-Branche. Zudem schätzen wir ausgewählte Versorger, die in einem stabilen Umfeld agieren und langfristig auf nachhaltiger Basis attraktive Dividenden zahlen können.
Nadine König: Daneben fokussieren wir uns auf das, was sich langfristig immer auszahlt: „Cherry Picking“, also über gezielte Einzeltitelselektion attraktive Investments aufspüren. Denn auch in schwierigen Branchen gibt es erfolgreiche Unternehmen. Wir konzentrieren uns auf Unternehmen, die unabhängig vom aktuellen Konjunkturumfeld profitabel wachsen und nachhaltig überdurchschnittliche Kapitalrenditen erzielen.
e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch, Frau König!