Im Umbruch – Kapitalmärkte vor Zäsur (Teil 1/4)

Welche Umbrüche umtreiben die Märkte? In einer vierteiligen Artikelserie geht Union Investment auf die Wachstumssorgen in den USA und in China sowie auf die Ölpreisschwäche ein und zeigt auf, was das für den Anleger bedeutet. Union Investment | 12.04.2016 15:00 Uhr
©  Péter Mács - Fotolia
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Das Börsenjahr 2016 ist denkbar schlecht gestartet. Starke Verluste bei Aktien, ein enormer Preisrutsch bei Rohöl und deutlich gesunkene Renditen für sichere Staatsanleihen zeigen einen angeschlagenen Kapitalmarkt. Mittlerweile haben sich die Aktienkurse wieder etwas erholt, die Volatilität hält aber weiter an. Das globale Wachstum verliert an Tempo – eine Systemkrise ist allerdings nicht in Sicht. Institutionelle Investoren kommen in dieser Marktphase nicht mehr umhin, sich mit Renditequellen jenseits der traditionellen Lösungen auseinanderzusetzen.

Teil 1: In den USA zeichnet sich eine Wachstumsverlangsamung ab

US-Konjunktur zwischen solidem Konsum …

Eine der Hauptursachen für die verschlechterten Kapitalmarktaussichten liegt dabei in den USA. Dort hat das konjunkturelle Momentum spürbar abgenommen. Zwar wirken der niedrige Ölpreis sowie der solide Beschäftigungszuwachs unterstützend auf den privaten Verbrauch in den Vereinigten Staaten. Im Februar betrug die Arbeitslosenquote 4,9 Prozent – der niedrigste Stand seit 2008. Gleichzeitig haben die Einzelhandelsumsätze im Jahresvergleich zugelegt. Der US-Konsument ist also nach wie vor in guter Verfassung und fungiert als verlässliche Konjunkturstütze.

… und angeschlagenem Industriesektor

Allerdings leidet der industrielle Sektor unter dem immer noch starken US-Dollar. Handelsgewichtet hat der „Greenback“ seit Jahresanfang 2014 deutlich aufgewertet, trotz einer leichten Gegenbewegung in den letzten Wochen. Vor diesem Hintergrund verfügen Unternehmen, die in internationaler Konkurrenz stehen, kaum noch über Preissetzungsspielräume, weil sie Kostensteigerungen nicht an den Endverbraucher weitergeben können. Im Ergebnis sinken die Stückgewinne aus laufender Produktion, trotz weiterhin sehr geringem Kostendruck. Dadurch gerät die Ertragskraft von „Corporate America“ unter Druck, seit dem zweiten Halbjahr 2014 ist die Profitabilität des US-Unternehmenssektors rückläufig.

Besonders schwierig ist die Lage – wenig überraschend – in der Ölindustrie. Aber auch andere Branchen sind betroffen, zumal aufgrund der Aufwertung des US-Dollars ausländische Anbieter Marktanteile gewinnen. Die Folge: Absatz, Produktion und Kapazitätsauslastung des Verarbeitenden Gewerbes sind seit mehr als einem Jahr rückläufig. Dies zeigt sich unter anderem auch im Einkaufsmanagerindex des Institute for Supply Management (ISM) für das Verarbeitende Gewerbe, der sich seit November 2014 auf dem Rückzug befand und deutlich unter der Expansionsschwelle von 50 Punkten lag. Eine leichte Erholung des Index ist erst seit kurzem erkennbar.

Wie lange trägt der Konjunkturzyklus noch?


Typischerweise ist der Industriesektor, trotz eines vergleichsweise überschaubaren gesamtwirtschaftlichen Gewichts, für konjunkturelle Richtungswechsel ausschlaggebend. David F. Milleker, Chefvolkswirt bei Union Investment, sieht die US-Wirtschaft daher bereits in einer spätzyklischen Phase: „Der Aufschwung in den USA ist nicht mehr taufrisch. Gemessen am historischen Durchschnitt dauert die aktuelle Phase sogar bereits recht lang“, verweist er auf historische Erfahrungen.

Neben den sinkenden Gewinnmargen der Unternehmen nennt Milleker den hohen Verschuldungsgrad der Unternehmen sowie die sich verschlechternden Finanzierungsbedingungen als weitere Vorboten eines sich abzeichnenden Abschwungs. „Die Konzerne treten auf die Kostenbremse“, erläutert er den Wirkungsmechanismus, „und kappen dabei ihre Investitionspläne. Dies gilt umso mehr, je höher die Verschuldung und je teurer die Kredite sind.“ Am Ende stünden dann auch Mitarbeiterentlassungen. Sobald der Unternehmenssektor als Ganzes auf einen solchen Pfad einschwenkt, so Milleker, könne man von einem Abschwung zu sprechen. „Leider scheinen wir derzeit genau darauf zuzusteuern.“

2016: Vom Aufschwung in den zyklischen Abschwung

Für 2016 rechnet der Volkswirt vor diesem Hintergrund noch mit Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,7 Prozent in den Vereinigten Staaten. Im Jahr darauf erwartet er demnach 0,8 Prozent Wachstum. „Wir reden von einer zyklischen Abschwächung, keinem tiefgreifenden Krisenszenario“, stellt Milleker dabei klar. Gleichwohl handele es sich um eine wichtige Parameterverschiebung für die Kapitalmärkte, etwa mit Blick auf die Geldpolitik. So wird die US-Notenbank Fed mit weiteren Leitzinserhöhungen sehr behutsam vorgehen, um die Konjunktur nicht weiter zu beschädigen. Die Experten bei Union Investment prognostizieren noch eine Anhebung bis zum Herbst 2016. Zur Jahreswende 2016/17 könnte die Notenbank sogar schon wieder gezwungen sein, ihre Zinsschritte zurückzunehmen.

Die Märkte werden aber auch von der Schwäche aus Fernost belastet. Mehr dazu lesen Sie im zweiten Teil der Serie am 13. April.

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