Nach Ansicht der im Frühjahr in Deutschland befragten 203 institutionellen Investoren werden sich die Beschlüsse der UN-Klimakonferenz in Paris an den Kapitalmärkten vor allem auf Energieversorger sowie auf die Gas- und Ölindustrie auswirken. Aber auch die Automobil- und Flugzeughersteller hätten negative Konsequenzen zu befürchten. 42 Prozent der Studienteilnehmer erwarten hingegen keine nennenswerten Auswirkungen der klimapolitischen Beschlüsse auf die Märkte. „Dieses Ergebnis überrascht“, kommentiert Alexander Schindler, im Vorstand von Union Investment zuständig für das institutionelle Kundengeschäft. „Denn aus höheren Klimaschutzanforderungen ergeben sich nicht zu unterschätzende Bewertungsfragen und Herausforderungen im Risikomanagement der Investoren. Sie sollten sich frühzeitig mit den Konsequenzen der zunehmenden Dekarbonisierung auseinandersetzen.“
Gegenwärtig berücksichtigt mehr als ein Fünftel (21 Prozent) der Großanleger Klimaschutzaspekte in den Anlagerichtlinien. Dies gilt vor allem für Versicherungen, Stiftungen und Kirchen, von denen 35 bzw. 34 Prozent bereits entsprechende Vorgaben aufgenommen haben. Im Vordergrund stehen dabei der Ausschluss bestimmter Branchen sowie verstärkte Investments in erneuerbare Energien. 24 Prozent der Investoren, die entsprechende Vorgaben bisher noch nicht in ihren Anlagerichtlinien berücksichtigen, planen, dies in den kommenden fünf Jahren zu tun. Dies trifft insbesondere auf Stiftungen und kirchliche Investoren zu. In dieser Gruppe wollen 47 Prozent der Anleger den Klimaschutz künftig in ihren Anlagerichtlinien verankern. Auch für Asset Manager bleibt der Pariser Klimagipfel nicht ohne Folgen. Von ihnen erwarten die Investoren, dass sie Klimaschutzaspekte sowohl bei der Beratung als auch im Investmentprozess und Reporting berücksichtigen. Zudem wünschen sie, dass Asset Manager verstärkt Lösungsangebote zur Reduktion des CO2-Fußabdrucks in den Portfolios anbieten. „Zwei Drittel der befragten Investoren sind unsicher, wie sich Klimaschutzaspekte auf Rendite und Risiko ihres eigenen Portfolios auswirken werden. Hier sollte die Asset-Management-Branche gemeinsam mit der Wissenschaft ansetzen und für mehr Klarheit sorgen“, stellt Schindler fest.
Anteil nachhaltiger Investoren leicht gestiegen
Im Vergleich zum Vorjahr bekannten sich in der aktuellen Befragung 60 Prozent der Investoren zur nachhaltigen Kapitalanlage. Dies entspricht einem Plus von zwei Prozentpunkten. Der Stimmungsindex für nachhaltige Kapitalanlagen stieg um 1,8 auf 17,5 Punkte. „Das Barometer zeigt, dass institutionelle Anleger in Deutschland nachhaltigen Investments positiv gegenüberstehen“, erläutert Prof. Schäfer das Ergebnis. Trotz eines leichten Zuwachses bei den Anwendern von Nachhaltigkeitskriterien habe sich das Verhältnis derjenigen, die Nachhaltigkeit befürworten, zu denen, die entsprechende Strategien nicht berücksichtigen, kaum verändert. „Bei beiden Gruppen hat sich die Einstellung verfestigt“, so der Wissenschaftler von der Universität Stuttgart. 43 Prozent der nachhaltig agierenden Investoren sind mit ihrer Kapitalanlage zufrieden bzw. außerordentlich zufrieden. Mehr als drei Viertel (76 Prozent) von ihnen können sich einen Ausstieg aus der Nachhaltigkeit nicht mehr vorstellen. Insgesamt wird ein Drittel ihrer Anlagen bereits nachhaltig verwaltet. Das Gros davon macht mit 36 Prozent die Anlageklasse Renten aus, gefolgt von Immobilien mit 25 Prozent und Aktien mit 23 Prozent. Bei 74 Prozent der nachhaltig orientierten Investoren finden sich Nachhaltigkeitskriterien in den Anlagerichtlinien – nicht zuletzt auch aufgrund einer hohen Nachfrage durch die Gremien.
Nichtanwender im Wartezustand
Dem Lager der Nichtanwender, die keine Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen, fehlt es gegenwärtig an Impulsen, nachhaltige Strategien in ihre Kapitalanlagen zu integrieren. Ihre abwartende Haltung begründen sie mit einer fehlenden Nachfrage durch ihre Gremien (58 Prozent) und Kunden (53 Prozent). 56 Prozent gaben an, dass Nachhaltigkeitskriterien in den Anlagerichtlinien noch keine Berücksichtigung finden. „Nach wie vor gibt es viele Investoren, die erst einmal abwarten wollen, bis sich Regulierungsmaßnahmen zur Nachhaltigkeit weiter konkretisieren“, sagt Prof. Schäfer. Dies zeige sich zum Beispiel bei Altersvorsorgeeinrichtungen. In dieser Investorengruppe sei eine unterdurchschnittliche Nachfrage von Gremien und Stakeholdern nach nachhaltigen Strategien zu beobachten.
„Offenbar haben viele Entscheidungsträger angesichts wegbrechender Erträge, volatiler Märkte und hoher regulatorischer Anforderungen zur Zeit andere Sorgen. Aber auch auf dem Feld der Nachhaltigkeit dürfte der Regulierungsdruck in Zukunft deutlich zunehmen“, so Schindler. Diese Ansicht teilen viele der befragten Investoren: 42 Prozent sehen sich verändernde regulatorische Anforderungen als entscheidenden Impuls dafür, sich künftig mehr mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen.
Über die Union Investment Umfrage:
Für die diesjährige Untersuchung wurden von Februar bis April 2016 insgesamt 203 institutionelle Investoren in Deutschland befragt, die zusammen ein Vermögen von rund 3,5 Billionen Euro verwalten. Das Spektrum der Befragten umfasste folgende Investorengruppen: