Die Emerging Markets (EM) haben schwierige Zeiten hinter sich, vor allem am Kapitalmarkt. Einst gefeiert, dann geschmäht – so lassen sich die vergangenen Jahre zusammenfassen. Jüngster Rückschlag war der Überraschungssieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen und damit verbundene Sorgen vor handelspolitischen Restriktionen durch die Vereinigten Staaten. Nachdem sich aber der erste Staub gelegt hat, treten die guten Anlageaussichten klarer hervor – Trump zum Trotz.
Synchrones Weltwirtschaftswachstum
Es sind zunächst weltwirtschaftliche Entwicklungen die den Emerging Markets in die Karten spielen: Zum ersten Mal seit 2011 läuft der globale Konjunkturmotor wieder synchron, und der Welthandel wächst. Zu den Profiteuren zählen in erster Linie die Schwellenländer, da diese aufgrund ihrer engen internationalen Verflechtung besonders kräftig auf Belebungen der Handelsströme reagieren.
Auch die Stabilisierung der Rohstoffpreise hilft. Denn viele Schwellenländer aus Afrika, Lateinamerika, Osteuropa oder dem Nahen Osten sind vom Abbau, der Weiterverarbeitung und dem Export von Rohstoffen abhängig. Es spricht einiges dafür, dass die Notierungen bei den Grundstoffen gut unterstützt bleiben – mit positiven Rückwirkungen auf Konjunktur, öffentliche Finanzlage und Anlagechancen in den Emerging Markets. Wir haben vor diesem Hintergrund unsere 2017er Wachstumsprognose für die Emerging Markets von 4 auf 4,5 Prozent angehoben. 2018 erwarten wir eine weitere Beschleunigung des BIP-Zuwachses auf 5 Prozent.
Übertriebene Sorge vor Trump
Hinzu kommt: Der befürchtete Trump’sche Protektionismus ist bislang ausgeblieben. Vielmehr setzt sich am Markt die Überzeugung durch, dass es die neue US-Administration nur bedingt auf handelspolitische Konfrontationen (wie z.B. aktuell mit Kanada) ankommen lassen möchte. Auch die Sorge vor einem kräftig aufwertenden Dollar im Zuge stark steigender US-Zinsen hat sich verflüchtigt. Tatsächlich deutet alles auf einen behutsamen Straffungspfad der US-Notenbank Fed hin. Damit können die Emerging Markets wiederum gut leben.
Hausaufgaben gemacht
Neben externen Aspekten hat sich auch in zahlreichen Schwellenländern selbst einiges zum Besseren gewendet. Viele Staaten sind ihre hausgemachten Probleme angegangen oder befinden sich auf einem guten Weg. Optimistisch stimmt zum Beispiel die Entwicklung in Brasilien, das sich lange Zeit in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise befand. Auch in Indien treibt der Reformeifer des nun schon seit drei Jahren amtierenden Premierministers Narendra Modi die Wirtschaftsdynamik.
Besonders wichtig ist aber die Situation in China. Als Anlageziel, Produktionsstandort und Absatzmarkt ist das Reich der Mitte bereits ein Schwergewicht. Außerdem beeinflusst das Land über seine Handelsbeziehungen die Weltwirtschaft maßgeblich. Viele Staaten Südostasiens sind mittlerweile die vorgelagerte Werkbank Chinas.
Die Konjunktur in den Emerging Markets trägt demnach einen chinesischen Stempel. Das Problem: China befindet sich in einem komplizierten Umbau von investitions- zu konsumgetriebenem Wachstum. Bei solchen Wendemanövern sind Unfälle nie ganz auszuschließen. Bislang agiert die Regierung aber besonnen und umsichtig. Zudem verfügt Peking über einen sehr gut bestückten wirtschaftspolitischen Instrumentenkasten, vom klassischen Fiskalprogramm über die Kontrolle der Kreditvergabe bis hin zur Währungssteuerung. Darüber hinaus sind im Reich der Mitte erneuerbare Energien und umweltfreundlichere Technologien (wie die Elektromobilität) auf dem Vormarsch und entwickeln sich zu einer bedeutenden Säule der Volkswirtschaft. Auch dieser Trend trägt zu langfristig solidem Wachstum bei. Daher stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Transformation gelingt – auch wenn China ein Risikofaktor bleibt.
Über Jahrzehnte waren die staatlichen Ausgabeprogramme der Haupttreiber des chinesischen Wachstums. Durch erhebliche Investitionen in die Industrie, die zwar Millionen von Jobs, aber auch große Überkapazitäten schufen, konnte Chinas Wirtschaft zwischen 1992 und 2002 mit jährlich rund zehn Prozent wachsen. Die Kehrseite der Medaille ist – neben inzwischen ineffizienten Großbetrieben und einem hohen Schuldenberg bei den Staatsunternehmen – vor allem die Fragilität des Wachstums. Denn fallen die Investitionen weg, hat es die Wirtschaft schwer, sich selbst zu tragen. Das hat auch die chinesische Führung erkannt, die seit einigen Jahren in ihren Plänen eher auf schnelle wirtschaftliche Erfolge verzichtet, um das Wachstum nachhaltiger zu gestalten. So sollen Überkapazitäten etwa bei Kohle und Stahl abgebaut, ineffiziente Staatsbetriebe geschlossen und der private Konsum gestärkt werden.
Ausgesucht attraktiv
Die Anlageaussichten in den Schwellenländern sind also vielversprechend, sofern die Rohstoffpreise stabil bleiben, sich die geopolitischen Spannungen nicht verstärken und es zu keiner überraschenden Eintrübung des globalen Konjunkturbildes kommt. Auf der Aktienseite weist der MSCI Emerging Markets Index gegenüber den Börsen der Industrieländer einen erheblichen Preisabschlag auf. Hier ist noch Luft nach oben. Auch auf der Rentenseite spricht das günstige Bewertungsniveau für die Anlageregion, aber nicht für alle Subsegmente gleichermaßen: Während die Hartwährungsbereiche bei Staats- und Unternehmensanleihen aufgrund des moderaten Refinanzierungsbedarfs lukrativ sind, weisen Lokalmarktanleihen zwar eine höhere Verzinsung, aber deutlich größere Risiken auf. Gerade die Währungen von Schwellenländern können schnell und heftig schwanken. Hinzu kommen regionale Unterschiede. Unter das Label „Emerging Markets“ fallen so unterschiedliche Länder wie Brasilien und Polen. Nur ein genauer Blick auf den Einzelfall und damit der Fokus auf die Einzeltitel- bzw. Emittenten-Selektion gewährleistet den Anlageerfolg, auch wenn die Gesamtperspektiven für Schwellenländer so gut wie lange nicht sind.
Tipp: Weitere Details finden interessierte Leser auch direkt auf union-investment.de