Portfolio defensiver aufgestellt, Risikoausrichtung neutral
Die Risiken für die Kapitalmärkte sind in den vergangenen Wochen nicht kleiner geworden, im Gegenteil. Das Union Investment Committee (UIC) hat daher auf seiner regulären Sitzung am 19. und 20. November 2018 beschlossen, eine defensivere Risikoausrichtung einzunehmen und das RoRo-Meter auf Stufe 3 abzusenken. Hintergrund der Entscheidung ist die Mischung aus gestiegenen (Brexit, Handelsstreit) bzw. gleichbleibenden (Italien) Eventrisiken und gleichzeitig schwächeren Konjunkturdaten. Zwar geht das Gremium weiter davon aus, dass sich die Weltwirtschaft auf dem Wachstumspfad befindet, das konjunkturelle Umfeld also nach wie vor trägt. Allerdings fielen sowohl die UI-hauseigenen als auch externe Frühindikatoren zuletzt spürbar schwächer als erhofft aus. Darüber hinaus stehen in den nächsten Wochen Ereignisse an, die das Potenzial haben, die Kapitalmärkte in Bewegung zu versetzen: Bei positivem Ausgang in Richtung eines Risk-On-, bei negativem Ausgang in Richtung eines Risk-Off-Szenarios:
- Am 25. November 2018 steht der EU-Gipfel bevor, bei dem die Staats- und Regierungschefs die Ergebnisse der Brexit-Verhandlungen absegnen sollen
- Vom 30. November bis zum 1. Dezember kommen die G20-Mitgliedsländer zum Gipfel in Buenos Aires zusammen. Hier treffen US-amerikanische und chinesische Regierungsspitzen erneut aufeinander
- Das Bemühen um einen Misstrauensantrag im Parlament gegen Premierministerin May wird wohl nicht die ausreichende Stimmenzahl finden. Überspringt May diese erste innerparteiliche Hürde, steht am 10. Dezember 2018 im britischen Unterhaus die Abstimmung über den Scheidungsvertrag mit der EU auf der Tagesordnung. Wie die Abstimmung ausgehen wird, ist kaum zu prognostizieren
Im Streit zwischen der italienischen Regierung und der EU-Kommission um das Budget der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone ist derweil die nächste Runde eröffnet. Die Zeichen stehen nach wie vor auf Konflikt. Dies gilt umso mehr, als die rechts- bzw. linkspopulistischen Regierungsparteien offenbar das Thema für den Europawahlkampf instrumentalisieren wollen. Eine Entspannung der politischen Lage ist daher nicht zu erwarten – allerdings auch keine weitere Verschärfung. Schließlich haben alle Akteure ein Interesse daran, dass die wirtschaftliche Lage in Italien nicht weiter unter der Auseinandersetzung leidet. Am Kapitalmarkt sind zudem viele der belastenden Faktoren mittlerweile eingepreist. Vor diesem Hintergrund schätzt das UIC die Lage im Rahmen eines „fragilen Gleichgewichts“ zwar weiter als angespannt, aber zunächst stabil ein.
Konjunkturbild: Kurzfristig eingetrübt, aber Zyklus hält
Das Konjunkturmomentum hat sich in den vergangenen Wochen nicht verbessert. Wie unsere Frühindikatoren ULI (Union Frühindikator), ELI (Eurozone Frühindikator) und CLI (China Frühindikator) zeigen, ist das Tempo der wirtschaftlichen Expansion in den wichtigsten Regionen der Weltwirtschaft derzeit rückläufig. Die Weltwirtschaft wächst also weiter, aber mit abnehmendem Tempo. Dabei unterscheiden sich die einzelnen Volkswirtschaften hinsichtlich ihrer Konjunkturphase zum Teil deutlich: Während die USA spürbar spätzyklisch sind, befinden sich Europa und Asien noch deutlich früher im Konjunkturzyklus.
Inflation spielt in diesem Umfeld bislang kaum eine Rolle. Sowohl in den USA als auch in der Eurozone sind die Kernraten der Teuerung nach wie vor niedrig. Mit den jüngsten Rückgängen bei den Energiepreisen sinkt zudem perspektivisch auch der Aufwärtsdruck auf die Headline-Inflation. Dadurch verfügen die Notenbanken über ausreichend Spielraum, bei ihren Straffungsmaßnahmen mit moderatem Tempo vorzugehen.
Chart des Monats: Risikoaufschläge bonitätsstärker Unternehmensanleihen über historischen Durchschnitt
Aktienübergewicht neutralisiert, Credit-Risiken vermindert
Geldpolitik: Vom Autopiloten zur Datenabhängigkeit
Die Notenbanken dürften künftig (wieder) verstärkt ihr Augenmerk auf die wirtschaftlichen Unwägbarkeiten legen. Mit anderen Worten: Eine Straffung in den Abschwung hinein macht weder geld- noch wirtschaftspolitisch Sinn. Zwar geht das UIC nicht davon aus, dass die Fed an ihrem Kurs unter den aktuell herrschenden wirtschaftlichen Bedingungen etwas ändern dürfte. Vielmehr hält das Gremium an seiner Einschätzung, wonach im Dezember 2018 noch ein Zinsschritt erfolgen sollte (gefolgt von drei weiteren in 2019), fest. Allerdings könnte bereits die Diskussion über die Möglichkeit einer Straffungspause an den Märkten für Bewegung sorgen – wie sich derzeit schon an der Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen oder dem US-Dollar ablesen lässt.
Unsicherheit stützt „sichere Häfen“
Die europäischen Volkswirtschaften sind weiter auf dem Wachstumspfad. Zudem liegt die Inflation wieder in der Nähe der Zielmarke der EZB. Das alles spricht perspektivisch für moderat steigende Renditen in Europa – nach wie vor, aber nicht jetzt. Denn: Die grassierende politische Unsicherheit in Europa stützt die sicheren Häfen, insbesondere die deutsche Bundesanleihe. Da die weitere Entwicklung aktuell nur sehr schwer prognostiziert werden kann, hat das UIC seine Untergewichtung in Anleihen der EWU-Kernländer neutralisiert. Gleichzeitig hat die Korrektur bei Risikoassets bislang vor allem den Aktienmarkt getroffen, während bei Unternehmensanleihen die jüngsten Kursrückgänge noch vergleichsweise gering waren. Nach Meinung des UIC ist im derzeitigen Risikoumfeld damit zu rechnen, dass die Spreads im High Yield-Bereich noch weiter herauslaufen sollten.
Schwächere Wachstumsdynamik belastet Aktien
Die Aktienmärkte haben deutlich korrigiert, bei insgesamt weiter intaktem, aber verlangsamten Konjunkturzyklus. Die Positionierung ist mittlerweile bereinigt und das Sentiment hat sich spürbar zugunsten der Assetklasse gedreht. Zudem dürften in den nächsten Wochen mit den Aktienrückkäufen der Unternehmen wirksame Unterstützung zurück an den Markt kommen. Aber während alle diese Punkte für die Assetklasse sprechen, lasten die (geo-)politischen Unsicherheiten besonders stark auf Aktien. Im Vorfeld der beschriebenen Ereignisrisiken schätzt das UIC das Chance-Risiko-Profil mit Blick auf die kommenden Wochen als ausgewogen ein und entscheidet sich daher für eine neutrale Gewichtung.
Gewinnmitnahmen bei Energierohstoffen
Die Rohölpreise gerieten in den letzten Wochen stark unter Druck, nachdem ein Fass Rohöl der Sorte Brent zeitweise mehr als 85 US-Dollar kostete. Auf dem aktuellen, bereinigten Preisniveau sind Chancen und Risiken nun wieder etwas ausgeglichener. Die Rohstoffexperten von Union Investment rechnen auf Sicht der kommenden zwölf Monate mit einem Preis von 78 US-Dollar je Fass Brent. Der Bereich der Industriemetalle weist zwar solide Fundamentaldaten auf. Allerdings haben die verabschiedeten Stimulusmaßnahmen in China bislang noch keine Wirkung entfaltet. Das verlangsamte globale Wachstumstempo bedeutet zusätzlichen Gegenwind für das Marktsegment.
Währungen: Yen als sicherer Hafen
Die Aufwertungsrally beim US-Dollar ist zuletzt ins Stocken geraten. Mittelfristig dürfte der Greenback angesichts der etwas nachlassenden US-Wachstumsdynamik und des steigenden Fiskaldefizits an Wert verlieren. Einer allzu starken Gegenbewegung stehen vorerst aber die politischen Risiken in Europa entgegen. Der Japanische Yen war als sicherer Hafen zuletzt gefragt.
Wandelanleihen nur leicht von Risikoaversion betroffen
In den letzten vier Wochen gaben globale Wandelanleihen leicht nach. Dabei wiesen US-Papiere, die einen relativ starken Technologie-Bias haben, deutliche Verluste auf. Europäische Wandelanleihen schnitten mit einer Seitwärtsbewegung am besten ab. Insgesamt hat sich die Einzeltitelvolatilität – auch aufgrund der starken Dispersion der Unternehmensergebnisse in der laufenden Berichtssaison – signifikant erhöht. Auf Neuemissionsebene blieb es wie schon im Vormonat relativ ruhig. An der grundsätzlich attraktiven Bewertung des globalen Wandelanleihemarktes hat sich nichts geändert.