Luftfahrt und Touristik in der Corona-Krise | Union Investment Analyse

Luftfahrt und Touristik in der Corona-Krise Die Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen die Reisebranche besonders hart. Große Fluggesellschaften werden wahrscheinlich Staatshilfen in Anspruch nehmen müssen. Auch die Zulieferindustrie ist von den geringeren Flugkapazitäten betroffen. Für Touristikanbieter ist 2020 ein verlorenes Jahr. Union Investment | 16.04.2020 08:08 Uhr
© Photo by Reza Aulia on Unsplash
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Aktuell fallen bis zu 95 Prozent der alle Flüge aus. Urlauber bekommen das im Voraus überwiesene Geld von den Fluggesellschaften aber wohl kaum zurückerstattet. Stattdessen werden eher Gutscheine für Flüge zu einem späteren Zeitpunkt ausgegeben. Die meisten Airlines sind gar nicht in der Lage, Vorauszahlungen in großem Stil zurückzuzahlen, denn ihre verfügbare Liquidität schrumpft rasch. So verlieren die sieben größten europäischen Airlines schätzungsweise 900 Millionen Euro an Barmitteln pro Woche.

Fluggesellschaften: Corona halbiert die Marktkapitalisierung

Entwicklung der Marktkapitalisierung der fünf größten europäischen Fluggesellschaften

Quelle: Refinitiv, Union Investment; Stand: 14. April 2020.

Je länger die Krise dauert, desto mehr werden die Fluggesellschaften auf staatliche Unterstützung zurückzugreifen müssen, selbst wenn dies schmerzhafte Eingriffe in Eigentumsrechte der Aktionäre oder in die Managementvergütung bedeuten kann. Große Airlines wie AirFrance-KLM oder Lufthansa werden als strategisch wichtig eingestuft und führen bereits entsprechende Gespräche.

Unterschiedliche Folgen der Staatshilfen

Was bedeuten Staatshilfen für die Anleger? Beteiligt sich der Staat, wird der Anteil der bestehenden Aktionäre am Gewinn verkleinert, also verwässert. Zum Schutz des Steuerzahlers kann sich der Staat auch vorrangige Rechte einräumen lassen. So dürfte etwa keine Dividende bezahlt werden, sondern der Gewinn muss zunächst an den Staat fließen. Auf der Fremdkapitalseite führen Staatshilfen je nach Ausgestaltung der Konditionen zu Vorteilen, womöglich aber auch zu Nachteilen für bestehende Gläubiger. Das Risiko eines Zahlungsausfalls verringert sich zwar durch Staatshilfen deutlich. Der Staat dürfte aber seine Kredite vor bereits bestehende Verpflichtungen stellen, und beispielsweise Kredite an die operativen Einheiten ausgeben und nicht an die Holding. So soll der Steuerzahler geschützt und sollen grenzüberschreitende Hilfen vermieden werden. Bereits ausstehende Anleihen können dadurch aber nachrangig werden. Falls es doch zu einer Insolvenz käme, würden diese Ansprüche erst nach denen des Staates bedient.

Aus Sicht eines Investors ist der Sektor derzeit kein attraktives Anlageziel. Lufthansa erwartet beispielsweise, dass sich die Nachfrage erst in zwei bis drei Jahren normalisieren wird. Der Konzern hat ein Restrukturierungsprogramm aufgelegt, die Kapazitäten sollen um rund 20 Prozent sinken, und Germanwings wird eingestellt. 42 Flugzeuge werden sofort stillgelegt, Neuinvestitionen wurden gestrichen. Es werden nur noch 20 bereits bestellte neue Flugzeuge abgenommen. Der Kapitalbedarf wird – je nach Dauer der Krise – auf zusätzlich vier bis zehn Milliarden Euro geschätzt, bei einer Marktkapitalisierung von knapp 4,2 Milliarden Euro (Stand 14. April 2020). Da die Verschuldung ansteigen wird, ist der finanzielle Spielraum, etwa für den Kauf neuer Flugzeuge, bei einer Beruhigung der Lage zunächst limitiert.

Dank einer hohen Barmittelausstattung und flexibleren operativen Strukturen dürften dagegen Billigfluganbieter wie Ryanair noch am besten durch die Krise kommen. Doch auch dort steigt der Druck. EasyJet hat sich eine vom britischen Schatzamt und der Bank of England gewährte Kredittranche über 600 Millionen Pfund gesichert. Großaktionär Stelios Haji-Ioannou, der rund einen Drittel der Papiere hält, forderte zudem die Stornierung eines Auftrags über 4,5 Milliarden Pfund für 107 neue Airbus-Flugzeuge.

Auch Zulieferindustrie getroffen

Was bedeutet das für die Zulieferer der Fluggesellschaften? Durch den Wegfall an Flugkapazitäten verlieren Flugzeug- und Turbinenbauer Aufträge sowie längerfristig Serviceerlöse. Viele Fluggesellschaften haben nicht mehr die Mittel, um ihre Bestellungen noch zu finanzieren. Stornierungen sind unausweichlich. Die Zulieferer müssen flexibel aufgestellt sein und verschaffen sich Luft, indem sie Kosten kürzen oder Dividendenzahlungen hinauszögern. Liquidität ist elementar, und eine starke Bilanz hilft. Bei einer Entspannung der Lage werden die Hersteller zunächst einige Monate Zeit brauchen, bis sie ihre Produktionskapazitäten wieder hochfahren können. Danach dürften sie deutlich von einer Nachfrageerholung profitieren.

Verzögerte Erholung

Die Corona-Pandemie hat auch viele Touristikanbieter in eine schwierige Lage gebracht. 2020 ist für die Branche ein verlorenes Jahr, da die beiden wichtigsten Quartale, das zweite und das dritte, durch die vielerorts geltenden Reisebeschränkungen sehr stark beeinträchtigt werden. Auch dürfte die Erholung verzögert einsetzen. Denn nach einer erfolgreichen Eindämmung des Virus wird es nur zu einer vorsichtigen, schrittweisen Normalisierung kommen. Unternehmen, die regional stark verankert sind, dürften ebenso wie Buchungsplattformen im Vorteil sein. Nach wie vor hohe Risiken gibt es bei Kreuzfahrtveranstaltern. Insgesamt dürfte von einer Normalisierung der Lage nach der Corona-Krise andere Branchen schneller profitieren als die Touristik.

Stand aller Informationen, Erläuterungen und Darstellungen:
15. April 2020, soweit nicht anders angegeben.

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