Es handelt sich um die erste Geldaufnahme der Europäischen Kommission am Anleihenmarkt seit der Einigung auf einen europäischen Wiederaufbaufonds auf dem EU-Krisengipfel im Juli. Das Orderbuch erreichte heute über 233 Milliarden Euro für zwei Anleihe-Tranchen mit einem Gesamtvolumen von 17 Milliarden Euro (Laufzeit 10- und 20-Jahre). Mit diesen Einnahmen wird das SURE-Programm der EU finanziert, das der Sicherung von Arbeitsplätzen und der Vermeidung von Arbeitslosigkeit in den Mitgliedstaaten dient. Damit stellen die Mittel ein wichtiges Element in der Unterstützung zur Bewältigung der Corona-Krise dar.
Der Auftritt der EU-Kommission ist aber auch wegen der bereits absehbaren weiteren Emissionen ein Meilenstein in der Geschichte des europäischen Staatsanleihenmarktes. Denn die EU-Kommission dürfte sich bis zum Jahr 2026 mit einem möglichen Anleihevolumen von bis zu 850 Milliarden Euro zu einem gewichtigen Spieler am Kapitalmarkt entwickeln. Dies sogar auch dann, wenn nicht von allen Mitgliedsstaaten die möglichen Unterstützungsgelder der Kommission tatsächlich gezogen werden. Die Bundesrepublik Deutschland dürfte sich beispielsweise für ihre Krisenhilfen günstiger selbst über den Kapitalmarkt refinanzieren.
Mit einem Volumen von rund 850 Milliarden Euro käme die EU-Kommission nach Spanien auf Platz fünf der größten Anleiheemittenten. Aufgeteilt würde diese Summe auf die Finanzierung der Arbeitslosenhilfen, bei der bis zu 100 Milliarden Euro möglich sind und auf die Finanzierung von Next Generation EU (bis zu 750 Milliarden Euro). Aktuell hat die EU-Kommission rund 52 Milliarden Euro an Anleihen ausstehend.
Das große Emissionsvolumen der EU-Kommission setzt aber voraus, dass die Mittelaufnahme möglichst berechenbar wird. Eine Möglichkeit hierfür wäre die Schaffung eines zentralen europäischen Schuldenmanagers, der Transparenz bezüglich der geplanten Emissionsdaten und Emissionsvolumen sowie der Laufzeiten schafft. Dies ist für Investoren wichtig. Daher sollten die Anleihen der EU-Kommission künftig im Rahmen von Auktionen an den Markt kommen und nicht nur über Bankensyndikate.
Für nachhaltig ausgerichtete Investoren sind die Social Bonds eine interessante Anlage. Sie haben derzeit ein Top-Rating (Triple-A), bieten aber einen Risikoaufschlag gegenüber Papieren von anderen europäischen Adressen wie dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) oder der europäischen Investitionsbank (EIB), sowie gegenüber erstklassigen Staatsanleihen. Und: Die über EU-Social-Bonds aufgenommenen Mittel sind strikt zweckgebunden. Ein Anleger sollte sich also darauf verlassen können, dass die investierten Gelder nach Vorgabe der EU-Kommission in entsprechende Projekte fließen. Deshalb stellen die EU-Social Bonds eine wichtige Ergänzung für den Markt an nachhaltigen Anleihen dar, der bisher von grünen Anleihen dominiert wird.
Christian Kopf, Leiter Portfoliomanagement Renten und Mitglied des Union Investment Committee, Union Investment