2020 ist das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 5 Prozent eingebrochen. Es handelt sich um den kräftigsten Rückgang seit dem Jahr 2009, als letztlich ein Minus von 5,6 Prozent resultierte. Gleichwohl sind die schlimmsten Befürchtungen für den Jahresausklang 2020 nicht eingetreten. Trotz des neuerlichen Lockdowns hat die deutsche Wirtschaft im vierten Quartal zwar Schrammen bekommen, aber sich offensichtlich besser geschlagen als erwartet. Den Unterschied macht insbesondere die gute Lage des verarbeitenden Gewerbes aus, auch dank der Erholung in China. Dies bildet ein starkes Gegengewicht zu den Einbußen in Teilen des Dienstleistungssektors.
Selbst wenn eine Lockdown-Verlängerung und damit ein schwacher Jahresauftakt absehbar ist: Breit verfügbare Impfstoffe und eine wärmere Witterung werden früher oder später Lockerungen erlauben. Wir gehen von einer kräftigen Wachstumserholung ab dem zweiten Quartal aus. Nachholeffekte im Konsum sorgen dann für zusätzliche Dynamik. Wirtschaftssektoren, welche bis dahin nicht oder nur sehr eingeschränkt aktiv waren (Großveranstaltungen, Messen, Freizeitgestaltung, etc.) werden voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte ihr Angebot wieder sukzessive hochfahren können. Dank des erwarteten dynamischen Konjunkturverlaufs dürfte das BIP bereits Ende 2021 wieder sein Vorkrisenniveau erreicht haben.
Die Kapitalmärkte nehmen das schon vorweg. Sie blenden schlechte Nachrichten aus und konzentrieren sich voll auf eine kräftige Konjunkturerholung nach Beruhigung des Infektionsgeschehens. Allerdings: Gerade im Dienstleistungssektor wird die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigen und es dürften noch viele Arbeitsplätze verloren gehen. Auch wenn die Erholung insgesamt stark ausfallen dürfte – am Arbeitsmarkt wird sie zunächst nur schleppend voranschreiten.
Jörg Zeuner, Chefvolkswirt, Union Investment