Ist das Schreckgespenst Inflation zurück? Der Anstieg der Teuerungsrate von minus 0,7 Prozent im Dezember auf plus 1,6 Prozent im Januar mag manchem Beobachter steil vorkommen, doch er täuscht. Denn die Daten sind maßgeblich geprägt von Sondereffekten. Da ist erstens die CO2-Abgabe, die mit dem Jahreswechsel eingeführt wurde und die allein schon mit etwa 0,3 Prozentpunkte zu Buche schlägt. Und zweitens ist Ende 2020 die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer ausgelaufen, was ebenfalls die Inflation einmalig anschiebt. Die Januarzahlen sind daher also keine Überraschung.
Wie geht es nun weiter? Über die Höhe der Inflation in Richtung Jahresende werden vor allem zwei Faktoren entscheiden: wie schnell wir ab dem Sommer zu einer gewissen Normalität zurückkehren und die Kauflaune der Verbraucher in der zweiten Jahreshälfte. Derzeit sieht es eher so aus, dass eine gewisse Unsicherheit anhält und viele Menschen auch ihre Vermögens- und Einkommenssituation stabilisieren müssen. Das sollte den allgemeinen Preisanstieg begrenzen. Vereinzelte Preiserhöhungen etwa aufgrund von Lieferengpässen führen nicht zu nachhaltig höheren Inflationsraten. Sie dürften im Laufe der wirtschaftlichen Erholung wieder zurückgehen.
Für Anleger und Sparer ändert sich also erst einmal wenig. Die Teuerungsrate wird zwar insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2021 höher ausfallen als wir es seit Jahren gewohnt sind. Dabei handelt es sich aber im Wesentlichen um Einmaleffekte infolge der Senkung der Mehrwertsteuersätze im Juli 2020. Unter dem Strich sollten die Verbraucherpreise in diesem Jahr um etwa 1,5 Prozent steigen, was deutlich unterhalb der Zielmarke der EZB läge. Für Sparer bedeutet das weiterhin kaum oder keine Zinsen auf dem Festgeldkonto und für Investoren anhaltend niedrige Anleiherenditen.
Jörg Zeuner, Chefvolkswirt, Union Investment