Vereinigtes Königreich: Brexit von Corona überlagert

Vor fünf Jahren, am 23. Juni 2016, fand das Brexit-Referendum statt. Auch knapp anderthalb Jahre nach dem Austritt aus der Europäischen Union sind noch einige Fragen ungeklärt. Von der Corona-Krise überlagert hat der Brexit bisher gemischte Ergebnisse gebracht. Die britische Wirtschaft befindet sich zurzeit auf Erholungskurs. Union Investment | 28.06.2021 12:00 Uhr
© Photo by Napendra Singh on Unsplash
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Am 23. Juni 2016 votierten die Briten für den Austritt aus der Europäischen Union (EU). Die ersten Jahre nach dem Brexit-Referendum waren von innenpolitischen Querelen und turbulenten Verhandlungen mit der EU um ein Austrittsabkommen geprägt. Mit dem Wahlsieg von Boris Johnson Ende 2019 kehrte zwar politisch mehr Ruhe ein, doch bald darauf traf die Corona-Pandemie auch das Vereinigte Königreich mit voller Wucht. Da das Handelsabkommen mit der EU erst zu Beginn des Jahres 2021 und somit mitten in der Pandemie in Kraft trat, dürften die Effekte des Brexit auf die Realwirtschaft erst in den kommenden Quartalen sichtbarer werden. Zurzeit ist es noch schwierig, die ökonomischen Auswirkungen des Brexit und der Corona-Pandemie klar voneinander zu trennen, da sie oftmals gleichzeitig aufgetreten sind.

Fest steht, dass die Welt in „Merrie Olde England“ seit dem Brexit nicht zusammengebrochen ist. Zwar hat der Handel zwischen Großbritannien und der EU zu Beginn des Jahres 2021 nachgelassen und in anekdotischen Berichten von Unternehmen wird über Friktionen geklagt. Ein Kollaps der Handelsbeziehungen ist aber ausgeblieben. Und doch stiftet der Brexit auch fünf Jahre nach dem Referendum noch politische Unruhe. Im Mittelpunkt des Konflikts steht die Implementierung des sogenannten „Nordirlandprotokolls“. Auch wenn sich beide Seiten im Austrittsabkommen auf dieses Protokoll geeinigt haben, sträubt sich Großbritannien gegen die konkrete Umsetzung. Die Brexit-Frage sorgt also nicht nur in den Beziehungen zur EU für politische Unruhe, sondern auch in Großbritannien selbst (Stichwort: Unabhängigkeitsbestrebungen in Schottland) und belastet sogar das Verhältnis mit den USA.

Konjunkturerholung dank erfolgreicher Impfkampagne

Dank des sehr erfolgreichen Verlaufs der Covid-19-Impfkampagne in Großbritannien konnten die Eindämmungsmaßnahmen bereits weitgehend zurückgenommen werden. Infolgedessen kommt es seit dem Frühjahr zu einer dynamischen Aufholbewegung der Konjunktur. Dies gilt besonders für Sektoren, die stark von der Pandemie getroffen waren, wie der Dienstleistungsbereich. Folglich präsentiert sich das Pfund Sterling im bisherigen Jahresverlauf direkt nach dem Kanadischen Dollar als zweitstärkste G10-Währung. Betrachtet man allerdings den Zeitraum seit dem Brexit-Votum, hat sich keine Währung schlechter entwickelt. Das Pfund Sterling verlor seitdem etwa sechs Prozent zum US-Dollar und rund zehn Prozent zum Euro. Der FTSE-100-Leitindex der Londoner Börse notiert inklusive Dividenden fünf Jahre nach dem Brexit-Votum in Britischem Pfund berechnet rund 35 Prozent höher. Der EURO STOXX 50- und der DAX-Index legten im selben Zeitraum allerdings jeweils um mehr als 50 Prozent zu.

Unserer Einschätzung nach sollte sich der Aufschwung in Großbritannien in den kommenden Monaten fortsetzen. Da seit einigen Wochen die Infektionszahlen aufgrund der Ausbreitung der indischen Delta-Variante erneut steigen, hat die Unsicherheit allerdings wieder zugenommen. Als Reaktion darauf hat die Regierung die letzte Stufe ihres Öffnungsplans um vier Wochen verschoben. Diese Entscheidung sollte nur begrenzten Einfluss auf das Wirtschaftswachstum haben. Denn Union Investment geht nicht davon aus, dass vorherige Öffnungsschritte wieder zurückgenommen werden müssen. Trotz der sich ausbreitenden Delta-Variante sind die Krankenhaus-Einweisungen im Vergleich zu den vorangegangenen Pandemiewellen nicht übermäßig hoch.

Delta-Variante durchkreuzt letzten Lockerungsschritt; Sorge um erneute Lockdowns zuletzt wieder gestiegen

Abfolge der Lockerungsschritte (Darstellung ausgewählter Maßnahmen)

Quelle: Union Investment; Stand: 25. Juni 2021

Corona bleibt ein zentraler Faktor für die Kapitalmärkte

Quelle: Bloomberg, Union Investment; Stand: 23. Juni 2021.

Insgesamt überwiegen aktuell die Chancen der britischen Wirtschaft gegenüber den Risiken. Die Corona-Pandemie hat im Jahr 2020 tiefe Spuren hinterlassen, als das Wirtschaftswachstum um 9,8 Prozent eingebrochen ist – und damit so stark, wie in fast keinem anderen Industrieland. Dieses Jahr gehen die Volkswirte von Union Investment von einem kräftigen Wirtschaftswachstum von 7,0 Prozent und für 2022 von 5,6 Prozent aus. Die positive konjunkturelle Entwicklung im Zuge des Re-Openings trägt dazu bei, dass die Inflation im Mai dieses Jahres auf eine Rate von 2,1 Prozent geklettert ist. Die Bank of England hat erst gestern bestätigt, dass sie die Teuerung nur als ein vorübergehendes Phänomen ansieht und an ihrem geldpolitischen Pfad festhält. Union Investment erwartet, dass die Notenbank erst im Jahr 2023 die Leitzinsen anheben wird. Sollten die Datenpunkte zu Volkswirtschaft und Inflation nachhaltig positiv überraschen, ist allerdings davon auszugehen, dass die Bank of England schneller reagiert und bereits 2022 an der Zinsschraube drehen wird.

Britischer Aktienmarkt inzwischen günstig bewertet

Nachdem britische Aktien jahrelang hinter dem globalen Markt zurückgeblieben waren, schätzt Union Investment deren Untergewichtung als nicht mehr gerechtfertigt an. Die Bewertung des britischen Aktienmarkts ist inzwischen attraktiv, wobei jedoch Mid Caps (FTSE 250-Index) gegenüber Large Caps (FTSE 100-Index) bevorzugt werden. Erstens schneiden Mid Caps in Zeiten einer wirtschaftlichen Erholung in der Regel besser als Standardwerte ab. Zweitens sind zurzeit sogar britische Large Caps im historischen Vergleich günstig bewertet. Das relativ hohe Gewicht des Energiesektors von rund zehn Prozent gegenüber anderen Regionen stellt jedoch ein gewisses Risiko dar. Drittens erwartet Union Investment, dass die Anleiherenditen in den kommenden Jahren weltweit steigen werden. Dies wäre vor allem für britische Large Caps ungünstig.

Stand aller Informationen, Erläuterungen und Darstellungen:
25. Juni 2021, soweit nicht anders angegeben.

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