Die geldpolitische Wende ist eingeläutet

Die geldpolitische Wende, die in den Schwellenländern begann, hat angesichts hoher Inflationsraten die Notenbanken der G7-Staaten erreicht. In den USA stehen die Zeichen auf baldige Zinserhöhung, während die Europäische Zentralbank (EZB) noch still hält. Das bedeutet Gegenwind für Staatsanleihen aus Euro-Kernmärkten, aber Chancen in ausgewählten Nischen und bei Aktien. Union Investment | 25.01.2022 14:45 Uhr
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Von zwei auf 9,25 Prozent Leitzins in weniger als einem Jahr: Die brasilianische Zentralbank ist ein eindrückliches Beispiel für das Ende des geldpolitischen Gleichklangs, der während der Corona-Krise im Jahr 2020 die Kapitalmärkte bestimmt hat. Die brasilianischen Währungshüter haben trotz Risiken durch die neue Corona-Virusvariante Omikron das Gewicht auf die Bekämpfung der zweistelligen Inflationsraten gelegt und den Leitsatz kräftig erhöht. Auch andere Notenbanken aus den Schwellenländern schlugen einen Straffungskurs ein.

Die geldpolitische Wende ist eine Folge der starken Konjunkturerholung und der Rückkehr der Normalität an den Finanzmärkten sowie dem gestiegenen Preisauftrieb. Der durchschnittliche Leitzins der G20-Staaten steigt bereits wieder deutlich.

Selbst in der Europäischen Union läutete im Juni 2021 die ungarische Zentralbank einen Zinsanhebungszyklus ein. Zum Jahresende hin folgte erstmals eine der großen Notenbanken der G7-Länder: Die Bank of England (BoE) setze ihren Leitsatz um 15 Basispunkte auf 0,25 Prozent hoch und begründete dies mit den hohen Teuerungsraten auf der Insel.

Der globale geldpolitische Zyklus hat gedreht

Quelle: Bloomberg, Union Investment; Stand: 14. Januar 2022.

Federal Reserve vor vier Zinsschritten 2022

Auch die wichtigste Notenbank der Welt, die US-Notenbank Federal Reserve (Fed), hat zuletzt ins „falkenhafte“ Lager gewechselt. Die Inflationsrisiken wurden nicht mehr als „vorübergehend“ bezeichnet. Im Dezember stiegen die US-Verbraucherpreise um sieben Prozent und erreichten damit die höchste Steigerungsrate seit fast vierzig Jahren. Zudem hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt deutlich verbessert – die Fed-Politik zielt dort auf eine Maximalbeschäftigung.

Seit Beginn des Jahres hat die US-Notenbank daher das Tapering-Tempo erhöht und die Käufe monatlich um 30 Milliarden US-Dollar statt wie zuvor um 15 Milliarden US-Dollar reduziert. Damit werden die Nettoanleihekäufe bereits Mitte März 2022 auf null heruntergefahren sein und nicht erst Mitte Juni, wie ursprünglich vorgesehen. Weil insgesamt weniger Anleihen angekauft werden, ist die Geldpolitik weniger akkommodierend, also wachstumsunterstützend.

Schnelles Tapering der Fed – EZB deutlich langsamer

Quelle: Bloomberg, Union Investment; Stand: 14. Januar 2022.

Auch deutet alles auf steigende Zinsen hin: Auf Basis der jüngsten Fed-Kommunikation sowie robuster Arbeitsmarktdaten und anhaltend hoher Inflation gehen die Experten von Union Investment davon aus, dass die Fed im März, und damit zeitgleich mit dem Ende ihrer Anleihekäufe, beginnen wird, ihren Leitzins sukzessive anzuheben. Für das Jahr 2022 rechnen sie mit insgesamt vier Zinsschritten. Ende 2022 dürfte das Zielband für die Fed Funds somit bei 1,00 bis 1,25 Prozent liegen. Zudem hat die Fed signalisiert, dass sie anders als im letzten Zinsanhebungszyklus diesmal schneller mit dem Abbau ihrer auf 8.700 Milliarden US-Dollar angeschwollenen Bilanz beginnen könnte. Den Beginn des passiven Bilanzabbaus – fällige Anleihen werden nicht mehr reinvestiert – erwarten die Volkswirte von Union Investment im zweiten Halbjahr 2022.

Trotz dieses weniger wachstumsunterstützenden Kurses der Fed zeigten sich Risikoanlagen bislang recht unbeeindruckt. Offensichtlich sind die Marktakteure der Ansicht, dass die US-Wirtschaft stark genug ist, um einige Zinserhöhungen zu verkraften.

Rückläufige Inflation 2022, aber Einpendeln auf erhöhtem Niveau

Auslaufende Basiseffekte und Knappheiten erwartet

Konsumentenpreisindizes, jährliche Veränderung

Quelle: Bloomberg, Union Investment; Stand: 14. Januar 2022.

Höhere Inflation an den Märkten eingepreist

Erwartungen, gemessen am Inflation Swap Forward 5Y5Y

Quelle: Bloomberg, Union Investment; Stand: 14. Januar 2022.

Nicht alle Notenbanken drehen Stimulus zurück

Es gibt aber nach wie vor auch eine Anzahl Zentralbanken, die den geldpolitischen Stimulus weitgehend aufrechterhalten. Dazu gehört seit Kurzem auch wieder die People’s Bank of China. Nach wie vor einer ultralockeren Geldpolitik nahe bleibt die Bank of Japan. Auch die Schweizerische Nationalbank blieb bislang weiter im negativen Bereich. Und in Frankfurt zeichnet sich ein gestaffeltes Vorgehen – erst Beenden der Anleihekäufe, dann womöglich erster Zinsschritt – der Währungshüter ab.

Auf ihrer Sitzung Mitte Dezember hat die Europäische Zentralbank (EZB) erwartungsgemäß das Auslaufen des Pandemie-Notfallankaufprogramms PEPP per Ende März angekündigt. Die Nettoanleihekäufe insgesamt (PEPP und das „alte“ Anleihekaufprogramm APP) werden schrittweise von etwa 85 Milliarden Euro pro Monat (viertes Quartal 2021) auf 20 Milliarden Euro (viertes Quartal 2022) fallen. Die EZB nimmt den Fuß also weiter vom Gaspedal, aber sie steigt nicht in einen Zinsanhebungszyklus ein und behält sich Flexibilität vor.

Das Drosseln des Kauftempos begründet die EZB damit, dass die Inflationserwartungen nun wieder bei zwei Prozent verankert sind und die Aufwärtsrisiken eher überwiegen. Zugleich dürften die Euro-Hüter deutlich länger als die Fed und andere Zentralbanken davon absehen, auf die Bremse zu treten. Denn die Nettoanleihekäufe des Anleihekaufprogramms APP laufen ohne Enddatum weiter. Union Investment hält einen ersten Zinsschritt 2023 für möglich, Mitte 2024 aber für wahrscheinlicher. Anders als in den USA und Großbritannien ist im Euroraum die Preis-/Lohnsetzungsmacht schwächer und der mittelfristige Inflationsausblick verhaltener.

Aktien bleiben favorisierte Anlageklasse

Welche Auswirkungen hat die geldpolitische Wende an den Kapitalmärkten? Das Zurückfahren des geldpolitischen Stimulus, etwa der Fed, hat bisher zu steigenden Staatsanleiherenditen geführt. Auch kam es zu einer Rotation am Aktienmarkt, weg von hoch bewerteten Wachstums- hin zu günstig bewerteten Substanz-Aktien. Insgesamt blieben aber größere Verwerfungen aus. Die großen Notenbanken dürften marktschonend vorgehen – und im Fall einer möglichen Verschärfung der Corona-Pandemielage auch wieder mit Lockerungsmaßnahmen die Wirtschaft unterstützen.

Die Kapitalmärkte könnten künftig stärker schwanken als bislang, aber der Konjunkturzyklus sollte andauern. Die globale Wirtschaft dürfte 2022 weiter wachsen, wenn auch nicht mit der Dynamik wie 2021. Die Lieferengpässe, die vor allem die deutsche Industrie plagen, könnten den aktuellen Konjunkturzyklus etwas in die Länge ziehen, weil die Nachfrage weiter stark ist. Sobald sich die Lücken in den Lieferketten schließen, bekommen die Unternehmensgewinne einen weiteren Schub. Vor allem große Unternehmen mit einer starken Marktstellung können ihre Preissetzungsmacht nutzen, um in diesem Umfeld ihre Profitabilität zu halten oder sogar teilweise zu verbessern.

Daher bestehen für Aktien weiterhin Chancen, der Gewinnzyklus ist intakt: Unsere Experten rechnen für das laufende Jahr weltweit mit einem Plus von acht Prozent bei den Gewinnen der MSCI-World-Unternehmen. Das sollte für solide Kursanstiege ausreichen. Auch haben sich in der Vergangenheit Aktien in einem Umfeld mit erhöhter, aber nicht überschießender Inflation als auskömmliche Anlagemöglichkeit erwiesen.

Moderate Kursverluste in sicheren Häfen

Für die Rentenmärkte ist das Umfeld dagegen schwieriger. In den „sicheren Häfen“ dürften weiterhin kaum auskömmliche Erträge erzielt werden können. Die steigenden Zinsen in den USA dürften US-Treasuries weiter belasten und zu steigenden Renditen führen. Union Investment erwartet bis zum Ende des Jahres eine Rendite von rund zwei Prozent bei zehnjährigen US-Staatstiteln.

Am europäischen Staatsanleihenmarkt dürften die Renditen am langen Ende tendenziell von den guten Wachstumsaussichten unterstützt werden. Die EZB ist deutlich zurückhaltender als ihre Pendants bei der Straffung der Geldpolitik. Vor diesem Hintergrund erwarten die Experten nur moderat steigende Renditen, etwa bei zehnjährigen Bundesanleihen. Bis zum Jahresende dürften sie auf 0,2 Prozent steigen. Damit bieten sie zwar eine mögliche Alternative zum negativen Einlagesatz oder zu Konten mit Einlagegebühren. Für auskömmliche Erträge ist aber der Blick über den Tellerrand nötig. Größeres Potenzial für sinkende Risikoaufschläge sehen die Experten von Union Investment derzeit eher auf den oberen Stufen der Risikoleiter, etwa bei ausgesuchten Unternehmens- oder Schwellenländer-Papieren.


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