Der erste Wahlgang in Frankreich ist absolviert. In zwei Wochen werden die Franzosen bei der Stichwahl ihren Präsidenten oder auch ihre Präsidentin wählen. Dabei kommt es zu einer Wiederauflage des Duells von 2017 zwischen dem amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron und Marine Le Pen.
Amtsinhaber Emmanuel Macron zieht mit 28 Prozent als erster Kontrahent in die Stichwahl zur französischen Präsidentschaftswahl am 24. April 2022 ein. Der Kandidat von La République en Marche hatte im ersten Wahlgang am Sonntag, 10. April, erwartungsgemäß die meisten Stimmen auf sich vereinigen können. Gegen ihn tritt Marine Le Pen vom rechtsnationalen Rassemblement National an. Sie hatte zuletzt in den Umfragen aufgeholt und konnte 23 Prozent der Wählerstimmen sammeln.
Macron lag in den Umfragen lange Zeit unangefochten auf Platz eins. Er hatte auf einen Wahlkampf weitgehend verzichtet und sich in den vergangenen Wochen auf den Ukraine-Krieg konzentriert. Das brachte ihm zwischenzeitlich auch Sympathiepunkte bei den Umfragewerten ein. Mit zunehmender Dauer des Krieges trat das Thema allerdings etwas in den Hintergrund und die Zustimmung für den Amtsinhaber nahm ab. Ein weiterer Grund dafür waren seine Pläne, das Rentenalter anzuheben.
Gleichzeitig konnte Marine Le Pen in den Wochen vor dem ersten Wahlgang zulegen. Sie konzentrierte sich auf einen persönlichen Wahlkampf in den struktur- und einkommensschwachen Gebieten des Landes und sammelte so Punkte. Zudem konnte sie die Kandidatur des rechtsradikalen Éric Zemmour nutzen, um sich als gemäßigte Kandidatin des rechten Spektrums zu präsentieren. In die Karten spielte ihr darüber hinaus die Schwäche der republikanischen Kandidaten Valérie Pécresse.
Die Volkswirte von Union Investment gehen davon aus, dass sich Macron in der Stichwahl durchsetzen wird. Neben den Umfragen machen sie diese Einschätzung an drei Gründen fest. Erstens spricht für ihn, dass das verfügbare Haushaltseinkommen während seiner Amtszeit deutlicher angestiegen ist, als dies bei seinen Vorgängern der Fall war. Zweitens verfügt er über eine feste Wählerbasis über alle Bevölkerungsgruppen hinweg. Im zweiten Wahlgang ist eine Mobilisierung der Wähler gegen eine Präsidentin Le Pen zu erwarten. Und drittens ist damit zu rechnen, dass sich vor der Stichwahl die Inkonsistenzen in Le Pens politischem Programm offenbaren.
Ein Sieg Macrons wäre eine gute Nachricht für Europa, die Wirtschaft und die Kapitalmärkte. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass er seine Arbeitsmarkt- und Rentenreform weiter verfolgen und die europäische Integration vorantreiben wird. Bald wird in Frankreich dann schon wieder gewählt. Am 12. und 19. Juni stehen die Parlamentswahlen an. Neben der politischen Richtung bestimmen sie die eigentliche Machtbasis, über die der Präsident in der Nationalversammlung verfügt.