Fed-Entscheidung dämpft Zinserwartungen | EZB-Zinserhöhung im Juli?

Auf ihrer Sitzung am 4. Mai hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ihren geldpolitischen Straffungskurs bestätigt, aber Zinserhöhungen von 75 Basispunkten eine Absage erteilt. Derweil mehren sich die Stimmen bei der Europäischen Zentralbank, die einen ersten Zinsschritt im Juli für möglich halten. Union Investment | 10.05.2022 07:38 Uhr
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Die Zinsen steigen auf breiter Front. Zwei Tage vor der Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve hat die Rendite zehnjähriger US-Staatspapiere erstmals seit November 2018 die Marke von drei Prozent überschritten. Und die zehnjährigen deutschen Bundesanleihen rentierten zeitweise wieder über einem Prozent. Nach der Zinsentscheidung der Fed am 4. Mai sind die Renditen zwar kurzzeitig in den Sinkflug gegangen, während gleichzeitig die Kurse bei Risikoassets stiegen. Aber schon bald setzte sich der Aufwärtstrend bei den Renditen wieder fort.

Fed: Quantitative Straffung kommt ab Juni

Grund für die initiale Kursreaktion auf die Fed-Entscheidung war nicht die erwartete Anhebung des Leitzinses um 50 Basispunkte auf ein Zielband von nun 0,75 bis 1,0 Prozent. Auch nicht die Aussagen der US-Notenbank, wonach wie erwartet ab Juni der angekündigte passive Bilanzabbau beginnen wird – das Quantitative Tightening, bei dem auslaufende Anleihen, die von der Fed gehalten werden, nur noch zum Teil wieder am Markt reinvestiert werden. Das Maximalvolumen dafür kann bis 95 Milliarden US-Dollar pro Monat betragen. Vielmehr reagierten die Marktakteure auf eine Aussage von Fed-Chef Jerome Powell, der in der begleitenden Pressekonferenz sagte, ein Zinsschritt über 75 Basispunkte (bp) in einem Mal werde nicht „aktiv“ in Erwägung gezogen. Der Markt hatte zuletzt zwei solche Schritte im laufenden Jahr für möglich gehalten.

Damit hat Powell die falkenhafte, also auf geldpolitische Straffung bedachten Kommunikation nicht weiter ausgebaut, sondern im Gegenteil etwas eingedämmt. Im Markt kam zeitweise das Schlagwort der „peak hawkishness“ auf. Darüber hinaus machte Powell aber auch deutlich, dass er nicht zögern wird, den Leitzins, falls erforderlich in den restriktiven Bereich zu führen. Diese Entscheidung werde, so Powell, datenabhängig erst getroffen, wenn ein neutrales Zinsniveau erreicht worden sei. Dies dürfte gegen Ende des laufenden Jahres der Fall sein. Vor allem diese Erkenntnis, dass im Fall anhaltend hoher Teuerung Straffungen über den konjunktur- und inflationsneutralen Zins notwendig werden könnten, lösten dann ab Donnerstag die Umkehr der ursprünglichen Marktbewegung (zum Beispiel bei den Renditen für sichere Staatsanleihen) aus.

Die Finanzierungsbedingungen verschlechtern sich
Goldman Sachs Financial Conditions

Quelle: Bloomberg, Union Investment; Stand: 4. Mai 2022.

Inflationsbekämpfung dominiert Geldpolitik der Industrieländer

Angesichts einer Inflationsrate von über acht Prozent und eines anhaltend sehr engen Arbeitsmarkts bleibt der Fokus der Fed also aus Sicht der Experten von Union Investment klar auf die Inflationsbekämpfung gerichtet. Der Krieg in der Ukraine und die durch die Lockdowns bedingte Wachstumsschwäche in China betrachtet die Fed als Risiken sowohl für den Wachstums- als auch den Inflationsausblick. Der Eindruck der Volkswirte von Union Investment ist: Solange sich die US-Wirtschaft, insbesondere der Konsum, weiterhin vorteilhaft entwickelt, wird die Fed an ihrem Normalisierungskurs festhalten. Sie erwarten, dass die Notenbank die Leitzinsen nun früher und stärker anhebt – also „frontloading“ betreibt. Ihre Erwartung bezüglich des Ausmaßes der Zinserhöhungen insgesamt verändert sich aber nicht. Konkret rechnen sie mit weiteren 50bp-Schritten im Juni und Juli, bevor die Fed dann ab September auf 25bp-Schritte übergehen dürfte. Ende 2022 sollte das Zielband für die Fed Funds Rate dann bei 2,5 Prozent bis 2,75 Prozent (bislang: 2,0 Prozent bis 2,25 Prozent) liegen. Einen vorläufigen Höhepunkt im Zinsanhebungszyklus erwarten die Volkswirte nach einem weiteren Schritt um 25bp im ersten Quartal 2023.

Ebenfalls im Zinserhöhungszyklus bleibt die Bank of England, die am 5. Mai ihren Leitsatz um weitere 25bp auf nun ein Prozent und damit auf das höchste Niveau seit 13 Jahren erhöht hat. Auch hier steht die Inflationsbekämpfung im Vordergrund: Die Teuerungsrate auf der Insel hatte zuletzt ein Dreißigjahres-Hoch erreicht. Auch von der Europäischen Zentralbank, die bisher noch nicht an der Zinsschraube gedreht hat, sind zuletzt oft falkenhaftere Töne zu hören. So hat EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel gesagt, angesichts eines breiter werdenden Inflationsdrucks sei eine erste Zinserhöhung im Juli möglich. Zudem sind die Konjunkturdaten im Euroraum zuletzt relativ solide geblieben. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane betonte jedoch, dass eine graduelle Normalisierung der Geldpolitik wichtig sei. Es gebe eine große Bandbreite von Schätzungen über die Auswirkungen höherer Zinssätze auf das Aktivitätsniveau und den Inflationsdruck. Die Volkswirte von Union Investment erwarten daher weiterhin ein behutsameres Vorgehen der EZB im Vergleich zur Fed. Ein stärkeres Frontloading scheint aber auch auf Seiten der EZB in den Karten zu sein.

Brasilien strafft weiter

Auch in anderen Ländern bleiben die Notenbanken unverändert im Straffungsmodus, wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Die brasilianische Zentralbank hob ihren Leitsatz am 4. Mai um weitere 100bp auf nun 12,75 Prozent an und schloss weitere Zinsschritte angesichts einer deutlich angestiegenen Inflation im Lande nicht aus. Brasiliens Leitsatz hatte noch zu Beginn des Jahres 2021 bei zwei Prozent gelegen, damit ist die Banco Central do Brasil im weltweit derzeit wohl aggressivsten Straffungsmodus unterwegs. In Osteuropa erhöhte die polnische Notenbank ihren Leitsatz am 5. Mai um 75bp, die Markterwartung war von 100bp ausgegangen. Umgekehrt das Bild bei der tschechischen Zentralbank: Sie erhöhte stärker als erwartet um 75bp auf 5,75 Prozent – der achte Zinsschritt in Folge.

Für die Renditeentwicklung an den Anleihemärkten deutet die jüngste Entscheidung der US-Notenbank auf eine Verflachung des Aufwärtstrends hin. Inzwischen preisen die Staatsanleihe-Renditen in den USA und auch im Euroraum bereits sehr viele Zinsschritte ein – angesichts der Bremseffekte aus Ukraine-Krieg und Inflationsdruck womöglich zu viele. Vor dem Hintergrund der großen geopolitischen Instabilität sind Renditeprognosen derzeit aber mit hoher Unsicherheit behaftet. Daher empfiehlt sich aktuell weiterhin eine vorsichtige Vorgehensweise.

Stand aller Informationen, Erläuterungen und Darstellungen:
09. Mai 2022, soweit nicht anders angegeben.

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