Die Inflationsrate in Deutschland legt nach einer kurzen Beruhigung wieder zu. Sie stieg im August im Jahresvergleich auf 7,9 Prozent, was einer der höchsten Anstiege überhaupt war. Das lässt erahnen, was im Herbst auf uns zukommt. Denn die niedrigeren Teuerungsraten im Juni und Juli waren nur eine optische Täuschung. Sonderfaktoren wie der Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket sowie das Ende der EEG-Umlage wirkten hier preisdämpfend. Und auch im August waren diese Maßnahmen noch spürbar. Erst die Inflationszahlen der kommenden Monate werden ein ungeschminktes Bild zeigen.
Einen Vorgeschmack, auf das, was kommen könnte, bieten die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte. Sie überraschten im Juli sowohl im Jahres- als auch Monatsvergleich mit dem höchsten Anstieg seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949. Treiber dafür ist ein erneuter extremer Anstieg der Gas- und Strompreise von einem ohnehin schon hohen Niveau aus.
Parallel dazu fressen sich die gestiegenen Produzentenpreise der letzten Monate zu den Konsumenten durch. Dies geschieht immer mit einer gewissen Verzögerung. Zusätzlich schlagen sich die hohen Energiepreise verstärkt in der Kerninflationsrate nieder. Diese ist um die schwankungsanfälligen Energie- und Nahrungsmittelpreise bereinigt und zeigt auch stetig nach oben.
Wir rechnen im vierten Quartal mit zweistelligen Inflationsraten in Deutschland. Erst im Lauf des Jahres 2023 ist ein langsamer Rückgang wahrscheinlich. Das hat deutlich negative Auswirkungen auf die Wirtschaft. Die hohen Preise belasten den Konsum, und die Konjunktur verliert in diesem Umfeld weiter an Fahrt. Um eine Rezession in Deutschland kommen wir nicht herum.
Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt und Leiter Research & Investment Strategy sowie Mitglied des Union Investment Committee