Die deutsche Industrie kommt nicht in Schwung. Das zeigt der Auftragseingang im Juli, der auf niedrigem Niveau stagniert. Gegenüber dem Vormonat legte er zwar um 2,9 Prozent zu. Das lag allerdings an vereinzelten Großaufträgen. Ohne diese gingen die Eingänge um 0,4 Prozent zurück. Zeitnahe Impulse aus dem Ausland sind nach den nur mäßigen Einkaufsmanagerindizes aus den USA und China am Dienstag nicht zu erwarten.
Die seit längerem zaghaften Lebenszeichen der deutschen Industrie, in diesem Fall vom Auftragseingang, zeigen zunehmend tieferliegende Probleme. Außerhalb von Deutschland sind zwar diese wenig beeinflussbar. China befindet sich in einer strukturellen Krise – das bekommen wir als Exportnation zu spüren. Vor allem aber fehlt eine selbsttragende Dynamik bei den Investitionen. Dieses Defizit ist überwiegend hausgemacht, und zwar seit langem. Auch die Politik hat daran ihren Anteil: Viel Regulatorik, wenig Investitionsförderung – ziemlich genau das Gegenteil der USA. Das Ergebnis ist eine geschwächte Wettbewerbsfähigkeit.
Immerhin: Die Industrieproduktion dürfte sich tendenziell besser entwickeln als zuletzt. In diesem Jahr dämpfte bisher nicht nur die schwache Auftragslage, sondern auch der fortschreitende Lagerabbau. Inzwischen sind die Lager weitgehend bereinigt und schon eine kleine Belebung der Auftragslage wirkt sich produktionsstärkend aus. Darum wird die Industrie unserer Ansicht nach kein großer Bremsklotz mehr für die deutsche Wirtschaft sein. Für das laufende Jahr rechnen wir mit einem Wirtschaftswachstum von 0,1 Prozent und für 2025 mit einer Zunahme von 0,9 Prozent.
Von Michael Herzum, Leiter Economics und Macro Strategy bei Union Investment