Die Befragung der ZEW-Finanzexperten fiel in ereignisreiche Zeiten: Nach der überraschend deutlichen Wahl von Donald Trump als nächsten US-Präsidenten folgte die Entlassung von Finanzminister Christian Lindner. Die Märkte reagierten bislang positiv auf die beiden Veränderungen.
Doch bei den befragten Finanzanalysten scheint die Unsicherheit, die beide Ereignisse über die nächsten Monate hinaus mit sich bringen, zu überwiegen. Der ZEW-Konjunkturindex zur Einschätzung der aktuellen Lage im November gab gegenüber dem Vormonat nach und setzt damit den Trend der vergangenen Monate fort. Auch die Erwartungen hinsichtlich der künftigen wirtschaftlichen Entwicklungen trübten sich nach dem Anstieg im Vormonat wieder ein.
Die Zurückhaltung der Experten ist angebracht, denn mit der Wahl von Donald Trump steigt die Unsicherheit. Die Herausforderungen für das Wachstum in Europa und Deutschland waren bereits groß – unter dem Licht einer Trump-Präsidentschaft dürften sie noch größer werden. Die Agenda der Regierung Trump sieht unter anderem höhere Importzölle vor, die insbesondere deutsche Exporte belasten. Bereits vor der US-Wahl haben sich die hiesigen Unternehmen angesichts der schwachen Wirtschaftsdynamik mit Investitionen zurückgehalten. Die Trump-Präsidentschaft dürfte zu einer Zusatzbelastung der europäischen Wirtschaft werden. Gleichzeitig sind die Hoffnungen auf eine großzügigere Fiskalpolitik in Deutschland bislang noch Spekulation und wenig greifbar. Das sind keine guten Aussichten für die Wirtschaft in den kommenden Monaten. Wir rechnen für 2025 mit einem BIP-Anstieg von 0,2 Prozent.
Von Michael Herzum, Leiter Economics und Macro Strategy bei Union Investment