"Die Anleihemärkte unterlagen 2016 heftigen Schwankungen, und es drohte das Risiko steigender Zinsen. In diesem Jahr wird jedoch deutlich, dass die Zinssätze in Kerneuropa nicht die soliden Fundamentaldaten der europäischen Volkswirtschaften widerspiegeln. So reagierten die Märkte auf die französischen Präsidentschaftswahlen angesichts der jüngsten Welle des Populismus nervös. Wir waren zuversichtlich, dass extremistische Parteien nicht als die geeignetere Alternative zur Lösung der zahlreichen sozialen und wirtschaftlichen Probleme Frankreichs wahrgenommen werden würden. Die Märkte verhielten sich jedoch vorsichtig, und die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen stieg um 0,16 Prozent.
Die andere große Erzählung in diesem Jahr war die Inflation. Die Devise „keine weitere Inflation“ schien sich zunächst durchzusetzen, und die Renditen erreichten erneut Tiefstände. Vor dem Hintergrund der anhaltend robusten Konjunkturdaten in Europa ist es zweifellos gerechtfertigt, das historisch niedrige Zinsumfeld zu hinterfragen. Schon bei der letzten EZB-Sitzung in Portugal deutete sich an, dass die EZB der amerikanischen Notenbank auf dem Weg zur Normalisierung der Geldpolitik folgen müsste.
Wie sollten sich Anleger nun verhalten? Zunächst ist es wichtig, dass Sie ihr Portfolio gegen potenzielle Zinsanhebungen in Europa absichern. Dies betrifft die gesamte Anlageklasse, insbesondere diejenigen Marktsektoren, die kurzfristig agierende Investoren auf der Suche nach Rendite angezogen haben. Hinzu kommen strengere Vorschriften für Banken – unter anderem in Bezug auf die Art der Anlagen, die sie halten dürfen. Diese haben zu einem deutlichen Anstieg des Liquiditätsrisikos geführt. Wir raten daher, Gewinne bei High-Yield-Anleihen in den USA und Europa mitzunehmen. Wir sind zudem der Ansicht, dass die Spreads zu eng sind und sich das Risiko nicht mehr auszahlt.
Kein weiterer Austritt!
Grexit, Brexit, Frexit – allem Anschein nach ist der politische Wille in Europa zurückgekehrt. Die wiedererwachten Reformbestrebungen stimmen uns optimistisch und liefern willkommene Impulse für das europäische Projekt und damit auch für die Staatsanleihen der europäischen Nachbarstaaten, die nicht zu den Kernländern zählen. Ab Mitte der 1990er Jahre bis zum Jahr 2000 gab es eine tiefgreifende Phase der Konvergenz. Im Jahr 2010 erlebten wir eine zweite Phase mit einer Schuldenkrise, die Länder wie Griechenland, Spanien und Portugal erfasste – und die europäische Politik auf eine harte Probe stellte. Die dritte Phase könnte sich nun als die ultimative Stufe erweisen, die möglicherweise eine robuste Konvergenzphase einläutet. Die Anleger sollten daher Long-Positionen in italienischen, portugiesischen und griechischen Anleihen in Betracht ziehen. Interessant ist insbesondere die italienische Staatsanleihe BTP (Buono del Tesoro Poliennale), verzinst mit 2,2 Prozent und einer Fälligkeit im Jahr 2027. Die BTP bietet ein gutes Carry, da die Zinskurve für italienische Staatsanleihen recht steil ist. Darüber hinaus beobachten wir intensiv griechische Staatsanleihen mit einem Zins von 4,75 Prozent und einer Fälligkeit im Jahr 2019. Griechische Anleihen haben außerdem möglicherweise das Potenzial für eine Rally, wenn sie sich für das Anleihekaufprogramm der EZB qualifizierten. Auf diese Weise würden sich die Renditen reduzieren.
Außerhalb von Europa findet sich Wertpotenzial zudem in Schwellenländeranleihen, die von Chinas makroökonomischer Stabilisierung, einer Erholung der Rohstoffpreise, einer Verbesserung der Leistungsbilanzen und höheren Renditen als in den Industriestaaten profitieren. Bei Ländern, die zum Großteil von Rohstoffexporten abhängen, bevorzugen wir Brasilien (BRASILIEN 10,00 Prozent, 1.1. 2025) und Mexiko (MEXIKO 8,00 Prozent, 7.11. 2047). Vor allem für Brasilien ist festzustellen: Die Leistungsbilanz hat sich deutlich verbessert, und strukturelle finanzpolitische Reform haben die öffentlichen Finanzen saniert."