Ein Kommentar von Xavier Hovasse, Head of Emerging Equities und Charles Zerah, Fondsmanager des Carmignac Portfolio Unconstrained Global Bond.
Chinesische "New Economy" im Fokus
Zwar ist das Bewertungsargument heute bei Aktien weniger überzeugend als bei Anleihen, doch bieten Aktien aus Schwellenländern immer noch Chancen. In der Vergangenheit standen vor allem der afrikanische Banken- und Minensektor im Vordergrund. Heute ist es der chinesische Internetmarkt, der allein 11% des MSCI-Universums ausmacht, mehr als ganz Lateinamerika.
Während der chinesische Rentenmarkt derzeit wenig Chancen bietet, da das Unternehmensrisiko eher von den chinesischen Rating-Agenturen als von internationalen Gremien festgelegt wird, eröffnen sich bei chinesischen Aktien einige Möglichkeiten: Carmignacs Ansatz ist es, nur in den New Economy-Sektor zu investieren. Das heißt Unternehmen, die sich aus sich selbst heraus finanzieren können und mit einer negativen Netto-Cash-Bilanz aufwarten können. Attraktive Chancen bieten sich vor allem bei Unternehmen aus dem Internetsektor, die in New York und Südafrika gelistet sind.
Viele Fondsmanager befürchten jedoch, dass sich auf dem chinesischen Parteikongress angekündigte Maßnahmen negativ auf die Wirtschaft auswirken könnten. Auch Initiativen wie der Abbau von Beschränkungen für umweltverschmutzende Industrien dürften kurzfristig belasten. Der langfristige Ansatz von Präsident Xi Jinping könnte sich jedoch als äußerst vorteilhaft für die neue chinesische Wirtschaft erweisen. Die zusätzlichen Investitionen und der Fokus auf künstliche Intelligenz, Halbleiter, autonomes Fahren und eine effizientere Wertschöpfungskette werden sich langfristig als enorm vorteilhaft erweisen. Carmignac hat sich für solche Unternehmen entschieden, die in diesen Branchen aktiv sind.
Argentinien wird unterschätzt
Wir setzen weiterhin auf Schwellenländeranleihen in Lokalwährung, auf die eine Prämie gezahlt wird. So bleiben zwei Drittel unseres Anleiheengagements auf den lokalen Märkten. In Saudi-Arabien und Polen, wo die Inflationsrate voraussichtlich ansteigen wird, haben wir Short-Positionen aufgebaut. Zu den Schwellenländern, in denen sich noch Renditen erzielen lassen, gehören Russland sowie lateinamerikanische Länder, etwa Mexiko, Argentinien und Brasilien. Bei Letzterem ist der 5%-Satz auf zehnjährige Anleihen der attraktivste unter den großen Schwellenländern.
Gleichzeitig ist Argentinien nach wie vor eines der vielversprechendsten Schwellenländer. Zwar sind bisher aktuell nur wenige Investoren dort investiert aber die Fundamentaldaten sind aus unserer Sicht viel solider, als von vielen angenommen. Wir sind einer der wenigen Investoren, die viel Kapital in eine Nebenwährung investiert haben. Wir sind aber davon überzeugt, dass hier viel Alphapotential schlummert.
Viele Investoren meiden Argentinien aufgrund seiner hohen Staatsverschuldung und früheren Probleme. Aufgrund der Zahlungsunfähigkeit von 2001 wurde Argentinien von jenen Entwicklungen abgekoppelt, die seitdem den Rest der Welt beschäftigen. Die argentinische Wirtschaft wurde infolge einer künstlichen Ankurbelung im Rahmen des Quantitative Easing vor Turbulenzen bewahrt. Dadurch blieben argentinische Unternehmen unverschuldet. Gleiches gilt für die Verschuldung argentinischer Haushalte, die zu den niedrigsten in den Schwellenländern zählt.
Seit 2015 sorgen die Reformen von Präsident Macri dafür, dass Argentinien in der Lage ist, dauerhaft und langfristig zu wachsen. Die Reformen der Versorgungswirtschaft werden zwar kurzfristig zu Beeinträchtigungen führen, sollten sich aber mittel- bis langfristig positiv auf die Produktivität auswirken. Das argentinische Wachstum liegt damit derzeit bei 4 Prozent - ein Niveau, das bis 2020 mindestens gehalten werden dürfte. Während andere Schwellenländer sich immer stärker verschulden, werden die argentinischen Unternehmen ihre Gewinne an die Investoren zurückgeben. Im Vergleich hierzu stieg die Verschuldung Chinas in Prozent des BIP von 70% im Jahr 2001 auf 260% im Jahr 2015 und nimmt weiter zu.
Dies gilt auch für die Inflationsrate, die derzeit bei 22% liegt. Macris Plan, die Lohnerhöhungen zu reduzieren (25% in diesem Jahr, 20% im nächsten Jahr, 15% im Jahr 2019...) ist ein Beispiel für einen deflationären Prozess, der für Argentinien relativ einfach sein sollte. Das gilt besonders für den Fall, dass Macri 2019 ein zweites Mandat erhält. In diesem Fall dürfte die argentinische Inflationsrate auf einen einstelligen Bereich sinken.