Paradigmenwechsel
Die Äußerungen der Zentralbanker lassen keinen Raum für Zweifel: Die globale Liquiditätsversorgung nimmt weiter ab, und ab dem nächsten Jahr wird sich die Liquidität deutlich verringern. Da die Liquiditätsflut gerade erst beginnt abzunehmen, stellt sich die Frage, wie sich dies in den kommenden Monaten auf die Aktien- und Anleihemärkte auswirken wird.
In den Vereinigten Staaten stellt Trumps Fiskalpolitik einen starken Wachstumsmotor dar, der zusammen mit der Straffung der Geldpolitik der Fed Dollar-Liquidität „ansaugt“ und weiter für günstige Finanzierungsbedingungen der amerikanischen Wirtschaft sorgt. Die Opfer hingegen sind in erster Linie die Schwellenländer und diejenigen unter ihnen, die vom Dollar abhängig sind (wie z.B. Argentinien).
In Europa dagegen wird sich durch diese bevorstehende geldpolitische Wende das Umfeld radikal ändern, vor allem für Länder, die zur Finanzierung ihres Haushaltsdefizits auf das Vertrauen der Anleger angewiesen sind. Vor allem die Entwicklung in Italien sollte in dieser Hinsicht im Auge behalten werden: Auf welches Niveau werden sich die Renditen italienischer Staatsanleihen einpendeln, wenn die regelmäßigen milliardenschweren Käufe der EZB wegfallen?
Das neue Liquiditätsregime, welches das Jahr 2018 kennzeichnet, wird vor allem die Wirkung exogener Impulse verstärken.
America First
Der erste externe Schock ist die nunmehr wesentlich protektionistischere Haltung der Trump-Regierung, die sich zwar nicht ausschließlich, aber hauptsächlich gegen China richtet.
Mit der Ablehnung des Freihandels als optimales Modell der Regulierung des Welthandels will die Trump-Regierung die Handelsabkommen mit dem Argument des Machtverhältnisses neu, zu ihrem Vorteil aushandeln. So wie die Geldpolitik das Kapital in die USA lockt, zielt der Handelsprotektionismus darauf ab, sich das größte Stück vom globalen Wachstumskuchen zu sichern. Kein Wunder, dass Anleger heute vor allem auf den US-Markt setzen.
Diese Spannungen führen punktuell zu Paniken, bei denen sich auch Anlagemöglichkeiten bieten. Die internationalen Spannungen könnten jedoch anhalten und sich zu einer neuen und dauerhaften Komponente an den Märkten entwickeln.
Nur Verlierer
Die Frage lautet, ob sich der zunehmende Protektionismus positiv auf die US-Wirtschaft auswirken wird. Das ist äußerst fraglich.
Durch die Errichtung von Handelsschranken dürften zahlreiche Importe weniger wettbewerbsfähig werden. Die amerikanische Industrie ist jedoch gegenwärtig nicht in der Lage, diese Situation auszunutzen, da sie diese Importe nicht zu wettbewerbsfähigen Preisen und in ausreichender Menge ersetzen kann. Die aktuell starke Position der amerikanischen Volkswirtschaft stellt somit paradoxerweise keinen so überzeugenden Vorteil dar. Was China betrifft, sollten die Folgen für das Wachstum nicht überbewertet werden (die Inlandsnachfrage wächst und die Regierung verfügt immer noch über Instrumente, um die Wirtschaft zu stützen), sie werden jedoch nur mit Mühe zu vermeiden sein.
Anleger sollten sich vor allem vor anfälligen Wertpapieren in Acht nehmen und sich stattdessen auf Unternehmen konzentrieren, die aufgrund ihrer Positionierung und ihrer individuellen Qualität optimale Visibilität bieten.
Das Dilemma der Anleihemärkte
Traditionelle Fluchtwerte, wie amerikanische und deutsche Staatsanleihen, profitieren derzeit von den zunehmenden politischen Unsicherheiten. Wie bereits erwähnt, führt der weltweite Trend zur geldpolitischen Normalisierung zu höheren Renditen. An den Anleihemärkten wird das offenbar bezweifelt.
Angesichts einer Inflation, die nicht mehr nur vor sich hin köchelt, nähert sich das US-Wachstum der Überhitzung. In Deutschland gibt es zwar Anzeichen einer Konjunkturabschwächung, aber die immer noch übermäßig niedrigen Renditen deutscher Bundesanleihen sind mit der Aussicht auf eine endgültige Einstellung der Anleihekäufe der EZB unvereinbar.
Kurzfristig erscheint die Risikoverteilung daher recht asymmetrisch: Sofern es nicht zu einem plötzlichen Anstieg der Risikoaversion kommt, besteht bei den als sicher geltenden Anleihen ein erhebliches Zinsrisiko.
Andererseits könnten mittelfristig eine abschwächende Konjunktur und bleibende strukturelle und deflationäre Kräfte durchaus mit einer ansteigenden Risikoaversion und erneut rückgängigen Inflationserwartungen einhergehen. Dies würde ab 2019 den Zentralbanken entgegenwirken, die ihre Geldpolitik normalisieren wollen. Außerdem würde dies die Aktienmärkte massiv belasten und die Renditen von Staatsanleihen erneut drücken.
Es ist daher in den kommenden Quartalen für eine aktive Verwaltung unerlässlich, die Aktienrisiken und die Zinssensitivität strikt und taktisch zu managen.