Beim französischen Vermögensverwalter Carmignac steht Qualität vor Quantität. Zwar könne man beim Fondsangebot nicht mit den großen Playern mithalten – das wolle man aber auch gar nicht, wie Maxime Carmignac, Tochter des Mitgründers Edouard Carmignac und verantwortlich für das Großbritannien-Geschäft, erläutert. „Wir sind viel agiler und wendiger. Wir machen nicht jede Mode mit, sondern suchen uns Nischen, in denen wir einen Unterschied machen können.“
Von vielen Mitbewerbern unterscheidet Carmignac aber noch mehr. „Wir sind ein echtes Familienunternehmen“, betont Carmignac. „Alle Mitarbeiter haben das Gefühl, einer Familie anzugehören und wollen die gleichen Ziele erreichen.“ Außerdem müsse man weniger die Quartalszahlen im Blick haben, sondern könne sich auf das eigentliche Ziel konzentrieren: „Die langfristigen Investmentbedürfnisse unserer Kunden erfüllen.“
Ohnehin habe der Kunde oberste Priorität. „Wenn wir einen neuen Fonds entwickeln, investieren wir zunächst unser eigenes Geld“, erläutert Maxime Carmignac zur Produktentwicklung. Ein Jahr laufe der Fonds dann sozusagen unter dem Radar und wird nur unter bestimmten Voraussetzungen zugänglich.
Um Mehrwert für den Kunden zu generieren, spielt Nachhaltigkeit ebenfalls eine wichtige Rolle – denn für langfristige Investoren ist die Berücksichtigung von ESG-Kriterien schon seit jeher unerlässlich. Auch hier gilt: „Wir wollen einen Unterschied machen“, unterstreicht Carmignac. Daher stelle man sich die Frage: „Was können wir als Unternehmen tun, um aus der Welt eine bessere zu machen?“ Die Antwort liege darin, Firmen zu begleiten, bei denen man aktiv zu Verbesserungen beitragen könne. Dafür habe man ein eigenes Tool entwickelt, um sowohl den aktuellen Stand der Unternehmen als auch ihre Ambitionen bewerten zu können. Carmignac: „Für uns ist weniger das aktuelle Level, als vielmehr der weitere Weg interessant.“
Inflation – die große Unbekannte
An den Kapitalmärkten interessiert Anleger gerade insbesondere, wie sich die Inflation in den kommenden Monaten entwickeln wird. Gergely Majoros, Mitglied des Investment Committees bei Carmignac, sieht Argumente für steigende Teuerungsraten, darunter die lockere Geldpolitik der US-Notenbank Fed sowie die umfangreichen Fiskalpakete in den USA. Die Geldmenge sei zwar bereits in den vergangenen Jahren gewachsen, nun fließe das Geld aber auch verstärkt in die Realwirtschaft. Dazu kommen die Fortschritte bei den Corona-Impfungen. „Es könnte eine Überhitzung der Wirtschaft geben. Die Wachstumsprognosen sind bereits sehr hoch und wir liegen sogar noch über dem Konsensus“, sagt Majoros.
Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite gibt der Carmignac-Experte zu bedenken, dass es sich um falschen Alarm handeln könnte: „Das Produktivitätswachstum ist nach wie vor schwach und auch die demografische Entwicklung wird Druck auf die Inflation ausüben.“ Daher spricht Majoros von einem „dualen Phänomen“: Auf der einen Seite dürfte die Teuerung zunächst steigen, mittelfristig ist jedoch wieder mit niedrigeren Raten zu rechnen.
Geldpolitik als größtes Risiko
Wie stellen die Fondsmanager von Carmignac ihre Portfolios auf diese unklare Inflationsentwicklung ein? „Bei Anleihen sind wir vorsichtig und setzen auf Papiere mit kurzer Duration, die von Zinsänderungen in geringerem Maße betroffen sind“, erläutert Majoros. Aktien seien derzeit interessanter. Das gelte insbesondere für „Wachstumsaktien mit Anleihecharakter“. Damit ist gemeint: Unternehmen mit einem robusten Cashflow, die solide gemanagt sind und über eine hohe Preissetzungsmacht verfügen. Zwar geht Majoros von weiter steigenden Zinsen aus, die zu Phasen erhöhter Schwankungen führen können, sagt aber auch: „Grundsätzlich müssen steigende Zinsen nicht schlecht für Aktien sein. Wenn sie aus einem guten Grund steigen – zum Beispiel bei anziehender Konjunktur.“ Das größte Risiko gehe dennoch von der Geldpolitik aus. Schließlich war die steigende Liquidität in den vergangenen Jahren größter Treiber der Aktienkurse. Zwar geht Majoros nicht davon aus, dass sich kurzfristig etwas ändert, aber: „Der Tag wird kommen, an dem die Zentralbanken ihre Unterstützung zurückfahren.“