Eine schwierige Lage
Die Zentralbanken haben die Herausforderung einer veränderten Inflationsdynamik angenommen. Da sie jedoch zu spät gehandelt haben, um den Preisauftrieb und seine Auswirkungen auf die Inflationserwartungen einzudämmen, hat dies zu einem beispiellosen und aggressiven Straffungszyklus geführt.
Nach etwa einem Jahr härterer Geldpolitik machen sich die Auswirkungen der höheren Zinsen allmählich bemerkbar, allerdings nicht dort, wo die Anleger es erwartet hatten. Die Kreditvergabe ist nach wie vor robust, auch wenn die jüngsten Ereignisse sie zweifellos verlangsamen werden. Die Haushalte konsumieren nach wie vor, unterstützt durch einen starken Arbeitsmarkt. Die Inflation ist auch weiterhin unangenehm hoch.
Die Zentralbanken befinden sich in einer zunehmend schwierigen Lage. Sie sind mit der Straffung der Geldpolitik noch nicht fertig und doch zeigen sich nach einem Jahrzehnt ultra-akkommodierender prozyklischer Politik nach und nach Risse im System. Tatsächlich müssen sie ihre Bemühungen fortsetzen, die Wirtschaft durch eine Verringerung der Liquidität zu bremsen und gleichzeitig die Liquidität des Bankensystems wiederherzustellen, um die Integrität der Einlagen zu gewährleisten, die durch die deutliche Abwertung der „risikofreien“ Vermögenswerte in den letzten drei Jahren untergraben wurde. Das ist ein gewichtiges Dilemma.
Zur Europäischen Zentralbank (EZB)
Die EZB hat kürzlich ihre Absicht geäußert, mit Nachdruck gegen die sehr hartnäckige Inflation anzukämpfen, und damit angedeutet, dass sie ihre Straffung fortsetzen wird. Wird der Ausfall einer USBank die Einhaltung dieses Beschlusses ermöglichen? Die vor kurzem angekündigte Anhebung um 50 Basispunkte wird von den Beobachtern nicht mehr einhellig erwartet. Viele haben ihre Erwartungen für den Höchststand der Einlagensätze in diesem Straffungszyklus um fast 100 Basispunkte zurückgeschraubt.
Aus wirtschaftlicher Sicht besteht das Hauptrisiko für die EZB darin, dass es de facto zu einer informellen Indexierung der Löhne an den Preisanstieg kommt. Folglich besteht die Gefahr, dass die Inflationserwartungen nicht mehr verankert sind, da die Tariflöhne von 3,5 Prozent im Jahresvergleich vor einem Jahr auf heute fast 5 Prozent gestiegen sind. Dies ist ein besonders wichtiger Punkt, da die Anpassungen auf dem europäischen Arbeitsmarkt viel langsamer vonstattengehen als in anderen Teilen der Welt, und dies umso mehr, als die Kerninflation nach oben überrascht hat und in der Region bestenfalls bis zum Ende des Sommers ein Umschwung erwartet wird.
So ist die Frankfurter Institution zu der Erkenntnis gelangt, dass das Ziel, die Inflation bis 2025 wieder auf die 2-Prozent-Marke zu bringen, zu weit in der Zukunft liegt. Und eine Verkleinerung des Zeitfensters (um etwa ein Jahr) erfordert die Beibehaltung ihres 50-Basispunkte-Zinserhöhungszyklus (innerhalb des breiteren Zinserhöhungszyklus), wobei das Risiko einer Überstraffung vorerst in Kauf genommen wird.
Zur Federal Reserve (Fed)
Mit ihrem Narrativ der sanften Landung und der Beibehaltung einer übermäßig lockeren Geldpolitik hat sich die Fed selbst in die Enge getrieben. Die US-Zentralbank zieht einmal Liquidität aus dem System ab (durch die Straffung ihrer Geldpolitik), stellt aber auch Liquidität bereit (indem sie in Schwierigkeiten geratenen Banken zu Hilfe kommt) – was sich in der Unstimmigkeit der Bank of England im vergangenen Herbst widerspiegelte, als die auf die Liquiditätskrise der Pensionsfonds reagierte.
Angesichts der Tatsache, dass die US-Notenbank (Fed) die strengen finanziellen Bedingungen beibehalten wird, weil sowohl der Arbeitsmarkt als auch die Inflation unangenehm stabil sind, ist die mit einem solchen Dilemma verbundene Volatilität nicht nur eine schlechte Nachricht. Der jüngste Stress im Bankensektor wird zu einer noch restriktiveren Kreditvergabe führen, die Unternehmen haben Arbeitskräfte gehortet, die Banken werden nun Bargeld horten und somit die Nachfrage dämpfen, was der Fed entgegenkommt.
Die Schlüsselfrage lautet daher: Wie geht es mit dem Zinserhöhungszyklus nach den für nächste Woche geplanten 25 Basispunkten weiter?
Unserer Ansicht nach wird der künftige geldpolitische Kurs nach der März-Sitzung von der Entwicklung der finanziellen Bedingungen abhängen. Sollte die Fed die Straffung fortsetzen, sobald der derzeitige Stress verdaut ist, könnte sie eine Pause einlegen, um zu prüfen, wie viel Schaden die Verschiebung der Zielsätze von 0 Prozent auf 5 Prozent innerhalb von 12 Monaten angerichtet hat und ob dieser Schmerz akzeptabel ist.
Sollten die Märkte dagegen nach dem Motto „schlechte Nachrichten für die Wirtschaftsind gute Nachrichten für die Märkte“ anziehen, würden die Marktteilnehmer, die sich auf einen „Goldlöckchen-Sweetspot“ verlassen, schnell ein böses Erwachen erleben, da sie zunehmend erkennen, dass die Datenabhängigkeit der Zentralbanker ein zweischneidiges Schwert ist.
Von Kevin Thozet, Mitglied des Investment-Komitees bei Carmignac