Emerging-Markets-Anleihen: „Renditen liegen nahe der 10-Prozent-Marke“

Diversifizierung, hohe Renditen, Chancen auf bald sinkende Zinsen – Joseph Mouawad, Manager des Carmignac Portfolio EM Debt, über die Aussichten von Emerging-Markets-Anleihen und Vorteile einer flexiblen Strategie. Carmignac | 05.05.2023 10:03 Uhr
Joseph Mouawad, Fund Manager, Carmignac / © e-fundresearch.com / Carmignac
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Herr Mouawad, Industrieländer kämpfen mit hoher Inflation, die Wirtschaft kühlt sich ab. Wie sieht es in den Schwellenländern aus?

Joseph Mouawad: Schwellenländer haben sich in den letzten Jahren im Allgemeinen als widerstandsfähiger gegenüber wirtschaftlichen Abschwächungen erwiesen als die Industrieländer. So haben beispielsweise Länder wie China, Indien, Brasilien und Indonesien ein relativ starkes Wirtschaftswachstum verzeichnet. Wir gehen davon aus, dass sich das Wachstumsgefälle zwischen aufstrebenden und entwickelten Volkswirtschaften aufgrund der Verlangsamung der Wirtschaft in den Industrieländern weiter vergrößern wird. Mit der Inflation sind die Emerging Markets in den vergangenen Jahren relativ gut zurechtgekommen. Schwellenländer wie Brasilien, Tschechien, Polen und Chile werden die ersten sein, die ihre Zinserhöhungen aussetzen und mit dem Zinssenkungszyklus beginnen. Die weiterhin hohe Inflation kann daher auch Anlagemöglichkeiten in den Schwellenländern eröffnen.

Was sind das für Anlagechancen?

Mouawad: Die Inflation kann kurzfristig attraktive Anlagemöglichkeiten in Sektoren oder Vermögenswerten schaffen, die voraussichtlich von steigenden Preisen profitieren werden. So können Unternehmen, die lebenswichtige Güter wie Lebensmittel, Energie oder Rohstoffe herstellen, in Inflationszeiten ihre Gewinne steigern. Langfristig gesehen treibt Inflation Regierungen und Unternehmen zu Strukturreformen, die das Investitionsklima verbessern und das Wirtschaftswachstum fördern. Marktfreundliche Maßnahmen wie Deregulierung, Liberalisierung und Privatisierung können neue Chancen in Sektoren schaffen, die zuvor geschlossen oder stark reguliert waren. Zudem kann Inflation die Währungen der Schwellenländer für ausländische Investoren attraktiver machen, insbesondere wenn die Zinssätze als Reaktion auf die Inflation angehoben werden. Dies kann zu Kapitalzuflüssen führen, die den Wert der Landeswährung in die Höhe treiben.

Sind Aktien oder Anleihen aus Schwellenländern derzeit die bessere Wahl?

Mouawad: Aktienanlagen in Schwellenländern bieten Potenzial für höhere Renditen, da die Unternehmen dort oft mehr Wachstumsspielraum haben und günstiger bewertet sein können als vergleichbare Firmen in entwickelten Märkten. Allerdings sind die Risiken auch höher. Die Unternehmen sind anfälliger für politische und wirtschaftliche Instabilität, Währungsschwankungen und andere Risiken. Schwellenländeranleihen werden oft nur als eine Version von Schwellenländeraktien mit niedrigerem Beta gesehen. Von dieser Vorstellung sollten wir uns verabschieden: Sie stellen kein aktienähnliches Risiko dar und können in der Asset-Allokation sogar diversifizierend wirken. Sie weisen eine geringe Korrelation mit Anleihen aus Industrieländern auf und bieten häufig höhere Renditen als diese, was sie für ertragssuchende Anleger attraktiv macht. Was die Renditeaussichten angeht, sollten wir viel optimistischer sein. Die Renditen sind heute viel höher als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Wir schaffen es, zweistellige Renditen zu erzielen und gleichzeitig ein durchschnittliches Investment-Grade-Rating in unserem Portfolio beizubehalten.

Was spricht gerade jetzt für die Asset-Klasse?

Mouawad: Die realen Anleiherenditen sind auf den höchsten Stand seit fast einem Jahrzehnt gestiegen. Sie liegen im Durchschnitt trotz der sich verbessernden Fundamentaldaten inzwischen nahe der 10-Prozent-Marke. Die Inflation und die fiskalischen Fundamentaldaten sind angesichts der straffen Politik nach der Pandemie recht solide. Und die drei größten Belastungsfaktoren für die Schwellenländermärkte im Jahr 2022 – die US-Notenbank, China und der Krieg in der Ukraine – verlieren alle in unterschiedlichem Tempo an Gewicht. Zudem kann die Anlageklasse auch in einem Aktien-Bärenmarkt funktionieren, da die Zentralbanken der Schwellenländer viel Spielraum für eine Lockerung der Geldpolitik haben.

Der Carmignac Portfolio EM Debt ist auf Schwellenländeranleihen und -währungen fokussiert. Wie hebt sich der Fonds von seinen Mitbewerbern ab?

Mouawad: Der Carmignac Patrimoine EM Debt ermöglicht eine Diversifizierung innerhalb des Anleihemarktes und kann von höheren Renditen profitieren. Unser Anlageuniversum ist riesig. Unsere flexible Strategie erlaubt es uns, in jeder Region und in jedem Anleihesegment zu investieren, also sowohl in Anleihen in Lokal- als auch in Hartwährung, in Staatsanleihen ebenso wie in Unternehmensanleihen, darüber hinaus in Währungen. Je nach Zyklus und den länderspezifischen Chancen kann jedes Segment als Performance-Quelle für den Fonds dienen. Wir können gezielt in die Anlagemöglichkeiten investieren, die wir für die besten halten, und uns gleichzeitig beispielsweise von Ländern mit negativen Realzinsen wie Polen, Indien und den Golfstaaten fernhalten. Das kann ein an der Benchmark orientierter Fonds nicht.

Welche Anlageziele verfolgt der Fonds?

Mouawad: Der im Juli 2017 aufgelegte Carmignac Portfolio EM Debt strebt zum einem eine Outperformance gegenüber dem Referenzindex an, einem Index für Staatsanleihen aus den globalen Emerging Markets in Lokalwährung. Zum anderen verfolgt er einen Total-Return-Ansatz mit einer attraktiven Sharpe Ratio unabhängig vom Marktumfeld über einen Anlagehorizont von drei Jahren. Dieser Total-Return-Ansatz ermöglicht es uns, an steigenden Märkten zu partizipieren, während wir bei sinkenden Markterwartungen einen defensiven Ansatz verfolgen, indem wir das Portfolio gegen Marktrisiken absichern.

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