Genau wie Asien und Lateinamerika bieten die Schwellenländer der EMEA-Region (Europa, Naher Osten und Afrika) Anlegern interessante Chancen. Zu der Region gehören rohstoffreiche Gebiete und diversifizierte Volkswirtschaften, in denen die Agrarindustrie oder die verarbeitende Industrie führend sind. Sie ist jedoch durch starke Ungleichgewichte zwischen den einzelnen Ländern gekennzeichnet.
Daher muss man sich mit den Besonderheiten eines jeden Landes beschäftigen, um unter Berücksichtigung der entsprechenden Risiken vielversprechende Märkte und Anlagen zu ermitteln. Auch wenn die Ukraine-Krise in Osteuropa im Mittelpunkt steht, sind ihre Auswirkungen in den einzelnen Ländern unterschiedlich. Einige der Länder bieten heute ein interessantes Renditepotenzial, insbesondere für Anleihenanleger, die eine Diversifizierung anstreben.
Osteuropa: Schwellenländerpotenzial in direkter Nähe
Mehr als ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine sind die vielfältigen humanitären, politischen und wirtschaftlichen Folgen, die sich daraus ergeben, weltweit noch immer offensichtlich. Die Länder in Osteuropa wurden in besonderem Maße erschüttert. Die durch den Konflikt ausgelösten Spannungen und die Sanktionen der westlichen Länder gegenüber Russland führten zu einer ernsten Energiekrise. Dies gilt insbesondere in Europa, das sich in einer starken Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern aus Russland befindet.
In Verbindung mit den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und der aus ihr resultierenden Geldpolitik führte die Energiekrise die Welt in ein neues inflationäres Umfeld wie wir es seit Jahrzehnten nicht gekannt haben. Allerdings konnten einige osteuropäische Länder, die kurz nach der Pandemie einen Zinsanhebungszyklus einleiteten, diesen allgemeinen Preisanstieg bis zu einem gewissen Grad eindämmen – und das trotz der starken Verschlechterung ihrer Wirtschaftsbeziehungen mit Russland. Bei der Umsetzung ihrer Geldpolitik ermöglichte ihnen dies einen größeren Handlungsspielraum als den Industrieländern.
Nachdem die Inflation ein sehr hohes Niveau erreicht hat, dürften einige Länder wie Ungarn, Polen oder Tschechien zu den ersten gehören, die ausgehend von einem aktuell sehr attraktiven Niveau einen Zinssenkungszyklus einleiten.
Parallel dazu haben die durch die Ukraine-Krise ausgelösten Spannungen einige Unternehmen in der Europäischen Union dazu veranlasst, alternative Lösungen zu suchen, um Ungewissheiten in Verbindung mit den Lieferketten abzufedern. Dazu verlegten sie einen Teil ihrer Produktionsaktivitäten nach Osteuropa, da hier qualifizierte Arbeitskräfte zu wettbewerbsfähigeren Kosten zu finden sind.
In dieser neuen geopolitischen Ordnung bieten einige Länder der Region, die von dieser Dynamik profitieren und solidere Fundamentaldaten nachweisen, attraktive langfristige Chancen, z. B. auf dem ungarischen und dem rumänischen Anleihenmarkt. Angesichts des immer noch unsicheren Umfelds ist eine aktive und flexible Verwaltung wesentlich, um von diesen Chancen zu profitieren und dabei Klippen zu umschiffen.
Ungarn: ein vielversprechender Emittent
Obwohl sich der Anstieg der Energiepreise weltweit verlangsamt, sind seine Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise erheblich. Ungarn war von diesem Phänomen besonders betroffen: Das Land verzeichnete bei den Lebensmitteln im März eine Rekord-Inflationsrate von 25,6% im Jahresvergleich. Sie war dreimal so hoch wie die in der gesamten Europäischen Union, deren Durchschnittswert bei 8,3% lag.1 Unterdessen dürfte der weltweite Abwärtstrend bei der Inflation im Lebensmittelbereich Einfluss auf die Entwicklung der Inflation in Ungarn nehmen. Dies bestätigen die rückläufigen Zahlen der letzten zwei Monate.
Im Rahmen seiner Bemühungen, den Anstieg der Inflation einzudämmen, hat Ungarn lange vor den meisten Industrieländern einen Zinsanhebungszyklus eingeleitet. Seit September 2022 liegt der Leitzins des Landes bei 13%.2