Carmignac’s Note: Ändert sich bald das bestimmende Thema an der Börse?

Seit über einem halben Jahrhundert findet an den weltweiten Börsen am Beginn eines neuen Jahrzehnts jedes Mal auch ein Paradigmenwechsel statt Carmignac | 21.05.2024 14:40 Uhr
Frédéric Leroux, Head of Cross Asset, Fund Manager bei Carmignac / © e-fundresearch.com / Carmignac
Frédéric Leroux, Head of Cross Asset, Fund Manager bei Carmignac / © e-fundresearch.com / Carmignac

1980 kamen neun der zehn Unternehmen mit der größten Börsenkapitalisierung aus den USA und sechs waren Ölkonzerne. Die Inflation erreichte ihren Höhepunkt, nachdem sie 15 Jahre parallel zu den Ölpreisen tendenziell gestiegen war, kam Sie in diesem Jahr aber zum Stillstand, was den US-Ölkonzernen zu verdanken war, die in den Jahren zuvor hohe Summen in die Exploration investiert hatten.

1990 verzeichnete die japanische Wirtschaft eine beeindruckende Erholung, die den Boden für eine der extremsten Immobilien- und Finanzblasen aller Zeiten bereitete. Büroimmobilien wechselten für Quadratmeterpreise jenseits der 200.000 Dollar den Besitzer, das Kurs-Gewinn-Verhältnis der gesamten Tokioter Börse lag bei über 60 und die schönsten Gemälde von Van Gogh zierten die Wände japanischer Banken und der Eigenheime japanischer Milliardäre. Acht der zehn weltweit größten Unternehmen kamen aus Japan, sechs davon waren Banken.

Im Jahr 2000 war das Internet noch zu 100 Prozent amerikanisch und brachte die ganze Welt zum Träumen. Die Märkte beurteilten diesen Sektor nach den mittelfristigen Umsatzkennzahlen. Unter den zehn Unternehmen mit der größten Börsenkapitalisierung waren sieben US-Unternehmen, darunter vier aus dem Technologiesektor. Dazu kamen noch zwei japanische Unternehmen und ein deutsches aus dem Telekommunikationssektor. In den drei Jahren danach erfuhren Technologietitel durch die Bank einen erheblichen Wertverlust. Amazon beispielsweise büßte 95% seines Wertes ein und wurde erst später zu dem Titan, den man heute kennt. Und wer erinnert sich noch an Lucent Technologies, die neuntgrößte Börsenkapitalisierung weltweit beim Jahrtausendwechsel, die inzwischen in Nokia aufgegangen ist?

2010 war es vorstellbar, dass China die führende Weltmacht wird; eine Ölgesellschaft und zwei Banken waren unter den Top 10, aber dann läuteten die Schwellenländer eine langjährige Underperformance gegenüber den Industrieländern ein, die immer noch anhält.

2023 dominieren wie 2020 erneut die USA und Technologiekonzerne. Der Hauptantrieb dieser Dynamik ist die Künstliche Intelligenz und nur TSMC aus Taiwan und Tencent aus China konnten sich einen Platz zwischen den US-Champions am Ende der Tabelle sichern.

Wie unsere Freunde von Gavekal Research1 anmerken, finden innerhalb dieses Zehnjahreszyklus zwei Machtwechsel statt: Ein Machtwechsel zwischen den USA und dem Rest der Welt und eine Verschiebung zwischen Wachstumsthemen und zyklischeren bzw. Value-Themen. Dies könnte die Vermutung nahelegen, dass der nächste Höhepunkt nicht den USA zu verdanken und zyklischer Natur sein wird. Welches Szenario könnte eine globale Thematik rechtfertigen, die zyklische oder Value-Unternehmen außerhalb der USA im laufenden Jahrzehnt begünstigt?

Die Antwort findet sich im Jahr 1972. In diesem Jahr erreichten die attraktiven US-amerikanischen Growth-Aktien – die „Nifty Fifty2“, die seit Ende der 1950er-Jahre den Rest der US-Aktiengesellschaften mit weitem Abstand übertrafen, – ihren Höchststand. Während der Inflation zwischen 1965 und 1969 erfuhren sie jedoch eine deutliche Korrektur, um dann wieder bis Ende 1972 abzuheben, als eine erneute Inflationswelle, ausgelöst vom Ölpreisschock von 1973, der Übermacht der „Nifty Fifty“ ein plötzliches Ende setzte. Ersetzen wir die Vorherrschaft der „Nifty Fifty“ in den 1960er-Jahren durch die der FANG3 in den 2010ern, die Inflationswelle von 1965-1969, die die kräftige Korrektur der „Nifty Fifty“ verursachte, durch die Inflation von 2020-2022, die zum starken Rückgang der FANG im Jahr 2022 führte, ersetzen wir schließlich die Rallye von 1969-1972 durch die von 2023-2024, wird eine interessante Analogie deutlich.

Sollte sich diese Analogie wiederholen, käme eine zweite Inflationswelle auf uns zu, die zu der erwarteten Verlagerung führen könnte. Gleichzeitig würden sich auch der Machtwechsel USA/Rest der Welt sowie der Übergang von den Wachstumsthemen hin zu den zyklischeren bzw. Value-Themen vollziehen. Eine zweite Inflationswelle könnte durch ihre Auswirkungen auf die langfristigen Zinsen die hohen Bewertungen in Bedrängnis bringen und den US-Markt stärker belasten, da dieser den Großteil der wachstumsstarken und hoch bewerteten, nicht zyklischen Unternehmen umfasst.

Das wieder erstarkte Japan, die erwartete Erholung Chinas, das schnellere Wachstum Indiens, die komplizierte Energiefrage und der ausufernde US-Bundeshaushalt können den Blick auf Themen und Regionen lenken, die Alternativen zu den US-amerikanischen Mega Caps aus dem Technologiesektor im weiteren Sinne darstellen, aber auch zum Inflationsdruck beitragen.

Die Dollarschwäche infolge der Haushaltslage in den USA dürfte eine Neubewertung in US-Dollar von nichtamerikanischen Aktien begünstigen. Die Schlussfolgerung, dass die US-amerikanischen Mega Caps bis Ende dieses Jahrzehnts von Unternehmen aus anderen Ländern überholt werden, ginge unseres Erachtens im Moment noch einen Schritt zu weit, zumal diese Unternehmen angesichts ihres technischen Vorsprungs und ihrer soliden finanziellen Verfassung beneidenswert aufgestellt sind, um sich der sich abzeichnenden weltweiten Konjunkturverlangsamung zu stellen.

Die Möglichkeit einer zweiten Inflationswelle - eine Hypothese, die nicht von der Hand zu weisen ist - erscheint uns jedoch wahrscheinlich und folgenreich genug, um in einer globalen Portfoliostrategie berücksichtigt zu werden, indem man schrittweise eine thematische und geografische Diversifizierung in Richtung der Sektoren der „alten Wirtschaft“ und der vernachlässigten geografischen Regionen vornimmt. In sechs oder sieben Jahren lässt sich dann, in aller Bescheidenheit, ermessen, wie stichhaltig die vorgeschlagene Diversifikation war, die allein auf der Beobachtung einer recht gut etablierten Zyklizität beruht – wenn auch mit mysteriösen Triebfedern.

1 Gavekal Research, April 2024. 

2 Nifty Fifty: Ungefähr fünfzig US-Wachstumstitel mit hoher Transparenz, die als wenig anfällig gegenüber dem Konjunkturzyklus galten und im Vergleich zum Rest des US-Aktienmarkts sehr hoch bewertet waren. Diese Titel stammten aus den Sektoren Technologie, Gesundheit, Freizeit und, in selteneren Fällen, Industrie. Der Zinsanstieg führte zwischen 1973 und 1980 zu einem tiefgreifenden, kontinuierlichen Wertverlust. 

3 FANG: Eine Gruppe von US-amerikanischen Mega Caps mit fließenden Konturen, wie beispielsweise Microsoft, Apple, Meta, Google, Amazon, Netflix, Nvidia, Tesla usw.

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.