Nach einer siebenwöchigen Wahl wird Narendra Modi wahrscheinlich an diesem Wochenende zum dritten Mal als indischer Premierminister vereidigt werden. Allerdings wird er in dieser Amtszeit auf die Unterstützung seiner Koalitionspartner angewiesen sein.
Einer der Gründe, warum Modi ein so erfolgreicher Regierungschef war, ist, dass seine Partei eine einfache Mehrheit hatte. Der Markt oder die Unternehmen mussten sich nie Sorgen machen, dass ein Koalitionspartner eine bestimmte Reform oder Gesetzgebung blockieren könnte. Und seine wirtschaftsfreundliche Politik und seine fiskalische Orthodoxie haben zweifelsohne zu Indiens starker Performance in jüngster Zeit beigetragen.
Ein Glück für Modi sind seine beiden größten Koalitionspartner (N. Chandrababu Naidu und Nitish Kumar), beide reformorientierte Politiker, die schon lange mit der Bharatiya Janata Party (BJP) zusammenarbeiten. Beide waren Teil der NDA-Koalition mit Modis Mentor, Atal Bihari Vajpayee (Premierminister von 1999 bis 2004). Diese Koalition ist für die Wirtschafts- und Regierungsreformen bekannt, die den Grundstein für Indiens jahrzehntelanges Wirtschaftswachstum legten.
Dennoch könnte die Führung einer Koalition das Ausführungstempo der Regierung etwas verlangsamen. Um sicherzustellen, dass er seine ehrgeizige Wirtschaftsagenda fortsetzen kann, wird sich Modi an seinem Mentor Atal Bihari Vajpayee orientieren müssen, der ein ‘Koalitions-Dharma‘ vertrat.
Die Wahlergebnisse sind zwar kurzfristig sicherlich ein Dämpfer für die Märkte und die Stimmung, aber sie zeigen auch, dass Indien eine echte Demokratie ist. Und mit Modi an der Spitze scheint es wahrscheinlich, dass die wirtschaftliche Entwicklung in die nächste Phase voranschreiten wird, und die langfristigen Investitionsmöglichkeiten für Indien bleiben vorerst solide.
Eine verstärkte Kapitalallokation seitens globaler Investoren dürfte ein Katalysator für künftiges Wachstum sein. Bisher kamen die Investitionen in den indischen Aktienmarkt und in indische Anleihen überwiegend aus dem Inland, doch zwei Ereignisse dürften dies ändern: die Aufnahme Indiens in den weithin beachteten Index für Staatsanleihen der Schwellenländer von JP Morgan ab Juni 2024 und die Aufnahme geeigneter indischer Anleihen in den Schwellenländer-Index für Lokalwährungen von Bloomberg ab September 2024.
Nach unseren Schätzungen könnten diese beiden Ereignisse bis zu 40 Milliarden US-Dollar an neuen ausländischen Investitionen einbringen. Und wenn die internationalen Investoren das Land besser kennenlernen, dürfte sich der ‘Halo‘-Effekt auf die Aktienmärkte übertragen.
Dieser Kapitalschub, kombiniert mit Modis wirtschaftsfreundlicher Haltung und einem gut geführten inländischen Finanzsystem, bedeutet, dass die indischen Märkte bereit sind, ihren Aufwärtstrend fortzusetzen. Da die Bewertungen jedoch bereits hoch sind, könnte die Volatilität zunehmen, so dass Selektivität immer wichtiger wird. Unserer Ansicht nach werden Small- und Mid-Cap-Unternehmen von einem wahrscheinlichen Investitionsaufschwung profitieren, ebenso wie die Sektoren Finanzdienstleistungen, High-End-Fertigung und Immobilien. Die bahnbrechendsten Unternehmen mit dem höchsten Potenzial für schnelles Wachstum werden sich dank eines äußerst unterstützenden Ökosystems für aufstrebende Unternehmen an die Spitze setzen.
Von Amol Gogate, Fondsmanager des Carmignac Portfolio Emerging Discovery