Was uns die fünf letzten Bärenmärkte gelehrt haben

David Leduc, Head of Fixed Income bei Mellon, und George Saffaye, globaler Anlagestratege bei Mellon (einer BNY Mellon IM Gesellschaft), analysieren die letzten fünf Bärenmärkte (Verluste von 20% vom Hoch zum Tief) und legen die aus ihrer Sicht wichtigsten Erkenntnisse für Anleger dar. ​ BNY Mellon Investment Management | 27.04.2020 17:49 Uhr
© Photo by AbsolutVision on Unsplash
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Von der Globalen Finanzkrise bis zum Schwarzen Montag; Klicken Sie sich mit den Pfeiltasten (<- ->) durch die letzten fünf Bärenmärkte:

1) Die Globale Finanzkrise

Ursächlich für die größte Krise seit der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er-Jahre waren umfangreiche fremdfinanzierte Immobilienkäufe in den USA, die letztlich zu einem sprunghaften Anstieg des Häuserpreisindex führten.

Gleichzeitig lockerten die US-Kreditinstitute ihre Kreditvergabebedingungen und legten sogenannte „No Doc“-Loans auf, bei denen keinerlei Vermögens- oder Einkommensnachweise erforderlich waren. Das Finanzsystem litt unter dem Umfang dieser günstigen Kredite und viele namhafte Finanzdienstleister mussten Insolvenz anmelden oder wurden zu Schleuderpreisen verkauft. Dies zog eine 17-monatige Baisse-Phase am Markt nach sich, in deren Zuge der S&P 500 auf USD-Basis um 56,4% einbrach.

(Quelle: Bloomberg, März 2020); Die Charts dienen zur Veranschaulichung und geben keinen Aufschluss über die vergangene oder zukünftige Wertentwicklung eines Produkts.

David Leduc: „Dieser Bärenmarkt verdeutlichte die Gefahr des Missbrauchs finanzieller Innovationen. Ein weit verbreitetes Merkmal war der Einsatz außergewöhnlicher geldpolitischer Instrumente seitens der Fed und anderer Zentralbanken zur Rettung des Finanzsystems. Dies diente als Vorbild für die aggressiven geldpolitischen Schritte, die während der Eurokrise und im Zuge der aktuellen Krise ergriffen werden.“

George Saffaye: „Ein wesentlicher Mangel, den die meisten Finanzmodelle, welche Hypotheken und die damit verbundenen exotischen Wertpapiere befürworteten, aufwiesen, bestand in der Annahme, dass die Häuserpreise nicht fallen würden. Leider wird man weder davor gewarnt, wann es zum Zerplatzen einer Blase kommt, noch lassen sich diese systematisch vermeiden. Anleger können höchstens versuchen zu verstehen, wann die Märkte überkauft scheinen, alle Markt- und Konjunkturannahmen, die das aktuelle Marktumfeld stützen, einer Prüfung unterziehen und entsprechende Risikoanpassungen vornehmen.“

2) Die Dotcom Blase

Diese Baisse ging auf die Technologieblase und den damit verbundenen Dotcom-Crash zurück. Im Jahr 1999 und Anfang 2000 kam es zu einer beispiellosen Zahl an Börsengängen, und der Markt zeigte sich immer spekulativer. Unternehmen mit zweifelhaften Geschäftsmodellen war es aufgrund der entgegenkommenden Marktlage ein Leichtes, sich Kapital zu beschaffen. Die Folge war ein deutlicher Anstieg der Aktienkurse.

Der Markt hatte bereits Schwierigkeiten, den Überschwang der Vorjahre zu verdauen, als es dann zu den Terroranschlägen am 11. September 2001 kam. Unseres Erachtens trug dies zu einer Wirtschaftsrezession bei, die 30 Monate anhielt. Während dieser Zeit beliefen sich die Verluste des S&P 500 auf insgesamt 49,1%.

(Quelle: Bloomberg, März 2020); Die Charts dienen zur Veranschaulichung und geben keinen Aufschluss über die vergangene oder zukünftige Wertentwicklung eines Produkts.

David Leduc: „Das Zerplatzen der Dotcom-Blase war die Folge überschwänglicher Investitionen in Technologieunternehmen über viele Jahre hinweg. Viele dieser Firmen wiesen fragwürdige Geschäftsmodelle auf. In diesen Zeitraum fielen auch einige der prominentesten Bilanzierungsskandale, so zum Beispiel bei WorldCom und Enron.“

George Saffaye: „Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die Aktienkurse dauerhaft ein zweistelliges Wachstum verzeichnen können. Die Kursanstiege liefen den Unternehmensgewinnen bei Weitem voraus, und da viele der Unternehmen zweifelhafte Geschäftsmodelle verfolgten, war es fraglich, ob die unterstellten Gewinne jemals würden erzielt werden können. Wie nachhaltig das Wachstum eines Unternehmens ist, lässt sich am besten messen, wenn man sich an den Fundamentaldaten orientiert, das Geschäftswachstum modelliert und sich ein Verständnis über dessen Produktangebot, geistiges Eigentum oder Geschäftsmodell aneignet.“

3) Der Golfkrieg

Die Wirtschaft entwickelte sich infolge der restriktiveren Geldpolitik bereits schwach. Dies zog Kursrückgänge bei Aktien nach sich, die sich mit dem Ausbruch des Zweiten Golfkrieges beschleunigten.

Der Krieg hatte einen Anstieg der Ölpreise auf das höchste Niveau seit zehn Jahren zur Folge und löste so eine Rezession in den USA aus. Der Abschwung erwies sich als beinahe so kurzfristig wie der Krieg selbst, wobei der Markt im Oktober 1990 einen Boden ausbildete und im Februar 1991 bereits neue Höchststände erreichte.

(Quelle: Bloomberg, März 2020); Die Charts dienen zur Veranschaulichung und geben keinen Aufschluss über die vergangene oder zukünftige Wertentwicklung eines Produkts.

David Leduc: „In diesem Zeitraum ging die Executive Life Insurance Company pleite, die zur damaligen Zeit den größten Lebensversicherer in Kalifornien darstellte. Hintergrund war die Anlage in sogenannte „Junk Bonds“ über viele Jahre hinweg. Der Einsatz von „Junk Bonds“ (oder auch Hochzinsanleihen) zur Finanzierung von Unternehmensinvestitionen und fremdfinanzierter Übernahmen (Leveraged Buyout) stellt ein Beispiel für den übermäßigen Gebrauch einer finanziellen Innovation dar, der letztendlich systemische Risiken zur Folge hatte.“

George Saffaye: „Trotz anhaltender Konflikte, die zu Unsicherheit im Hinblick auf die Zukunft beitragen, sollten wir meiner Ansicht nach einen kühlen Kopf bewahren und uns auf das Wesentliche konzentrieren. Dies gilt auch für die Anlegergemeinschaft. Nervosität in Zeiten erhöhter Marktvolatilität kann zweifelhafte Entscheidungen nach sich ziehen. Anleger sollten meines Erachtens ihren Fokus nicht verlieren und über kurzfristige Turbulenzen hinwegsehen, um langfristige Gelegenheiten auszumachen.“

4) Schwarzer Montag

Dieser Bärenmarkt war einer der volatilsten Zeiträume in der Geschichte der Finanzmärkte und verdeutlichte erstmals die potenziellen Auswirkungen quantitativer Handelsstrategien.

Die Spannungen im Nahen Osten verstärkten die Marktschwankungen zusätzlich, als der Iran Raketenangriffe auf Öltanker vornahm und die USA darauf mit der Zerstörung iranischer Ölplattformen reagierten. Dies führte letzten Endes zum sogenannten „Schwarzen Montag“ am 19. Oktober 1987, als der S&P 500 innerhalb eines Tages um über 20% fiel.

(Quelle: Bloomberg, März 2020); Die Charts dienen zur Veranschaulichung und geben keinen Aufschluss über die vergangene oder zukünftige Wertentwicklung eines Produkts.

David Leduc: „Dies war der erste Marktcrash, bei dem der Einsatz von Computermodellen als Orientierungshilfe für Absicherungs- und Handelsstrategien als potenzieller Auslöser oder Beschleuniger ermittelt werden konnte. Es wurde umfassend darüber diskutiert, ob diese als „Portfolioabsicherung“ bezeichneten quantitativen Strategien sowohl zum Anstieg der Bewertungen beigetragen als auch die Volatilität verstärkt haben.“

George Saffaye: „Wir leben in einer Welt, die mit Risiken und Konflikten behaftet ist – zwei allgegenwärtige Gefahren. Dies gilt auch für die Anlagelandschaft. In dieser Baisse-Phase wurde die Talsohle etwa sechseinhalb Wochen nach Einsetzen der Abwärtsbewegung erreicht, und die Erholung verlief rasch und stabil. Diejenigen Marktteilnehmer, die kapitulierten und sich in der Folge aus dem Markt zurückzogen, verpassten einen erheblichen Aufschwung, wohingegen jene, die in Aktien investierten oder umschichteten, ihre Erträge im Zuge der Rally deutlich steigern konnten.“

5) Extreme Geldpolitik

Nach einem Jahrzehnt mit anhaltender Inflation hob die Federal Reserve die Zinsen Anfang 1980 auf beinahe 20% an, wodurch die Wirtschaft in eine Rezession abglitt.

Die Inflation, die seit dem Ölschock von 1973 bereits erhöhte Niveaus verzeichnet hatte, stieg bis 1980 auf beträchtliche 13,5%. Die Fed nahm unter Führung von Paul Volker in einem Zeitraum von sechs Monaten aggressive Zinserhöhungen vor, in deren Folge die Fed Funds Rate im April 1980 17,6% erreichte. Nach einer stetigen Abwärtsbewegung, die rund zwei Jahre anhielt, erreichte der Markt schließlich im August 1982 die Talsohle. Im November desselben Jahres – nur drei Monate, nachdem der Markt einen Boden ausgebildet hatte – verzeichnete er bereits neue Höchststände.

(Quelle: Bloomberg, März 2020); Die Charts dienen zur Veranschaulichung und geben keinen Aufschluss über die vergangene oder zukünftige Wertentwicklung eines Produkts.

David Leduc: „Eine Erkenntnis, die sich aus diesem Ereignis ableiten lässt, betrifft die wirtschaftlichen Kosten einer anhaltend hohen Inflation. Die im Zuge der aktuellen Krise verabschiedeten Stimuluspakete könnten noch lange Zeit Bestand haben, nachdem die Gesundheitskrise bereits ausgestanden ist. Dadurch steigt das Risiko eines künftig von hoher Inflation geprägten Umfelds.“

George Saffaye: „Die rasche Erholung verdeutlicht, dass wirtschaftlichen Herausforderungen nicht zwangsläufig mit fiskalischen Stimuli oder Niedrigzinsen begegnet werden muss, um einen Aufschwung zu begünstigen. Der Ansatz, der sich in diesem Zeitraum bewährt hat, war vielmehr geprägt von Zinserhöhungen, Steuersenkungen und lockerer Regulierung. Daraus lässt sich folgende Lehre ziehen: Selbst wenn die Wirtschaft von zweistelliger Inflation und Arbeitslosigkeit geplagt ist, kann es mitunter besser sein, investiert zu bleiben, anstatt seine Engagements zu veräußern.“

Was nun?

So viel zu den fünf früheren Bärenmärkten. Heute sehen wir uns angesichts der Ausbreitung des Covid-19-Virus ähnlichen oder sogar größeren Herausforderungen gegenüber als frühere Generationen von Anlegern. Die Aktienmärkte haben bereits die größte Verkaufswelle einer ganzen Generation verzeichnet, und selbst Gold – der letzte „Zufluchtsort“ für Anleger in schwierigen Zeiten – litt unter dem in den vergangenen Wochen zu beobachtenden Run auf Barmittel.

Seither sind die Zentralbanken und politischen Verantwortlichen wie die Bank of England und die US Federal Reserve mit koordinierten Maßnahmen in bisher nie da gewesenem Umfang in die Bresche gesprungen. Zu den zahlreichen eingeleiteten Schritten zählen auch Zinssenkungen – in einigen Fällen auf historische Tiefststände. Fürs Erste scheint die Volatilität etwas abgenommen zu haben. Angesichts der zunehmenden Ausbreitung des Covid-19-Virus rund um den Globus und des daraus resultierenden, immer strengeren wirtschaftlichen Lockdown ist die künftige Entwicklung weiterhin mit Unsicherheit behaftet.

Eine Sache, die uns vorangegangene Baisse-Phasen jedoch gelehrt haben, ist, dass das Leben weitergeht. Auf jede Verkaufswelle im Rahmen der von uns vorgestellten fünf Bärenmärkte folgte letzten Endes eine Erholung. Wie üblich trägt ein wenig geschichtliches Hintergrundwissen wesentlich zum Verständnis der derzeitigen Lage bei.

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