AllianceBernstein-Chefvolkswirt: Harter Brexit durch COVID-19 wahrscheinlicher geworden

Lässt sich ein EU-Austritt Großbritanniens ohne Abkommen - also ein sogenannter "Hard Brexit" - im weiterhin von COVID-19 dominierten Umfeld noch vermeiden? Darren Williams, Chefvolkswirt beim Asset Manager AllianceBernstein (AB), analysiert die aktuelle Lage: AllianceBernstein | 17.07.2020 12:34 Uhr
Darren Williams, Chefvolkswirt beim Asset Manager AllianceBernstein (AB) / © AllianceBernstein (AB)
Darren Williams, Chefvolkswirt beim Asset Manager AllianceBernstein (AB) / © AllianceBernstein (AB)
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"Ein für beide Seiten vorteilhaftes Brexit-Abkommen zu erreichen, lag bisher außerhalb der Reichweite der Verhandlungsführer Großbritanniens (GB) und der Europäischen Union (EU). Können sie nun, in Zeiten von Corona, einen Ausstieg ohne Abkommen vermeiden?

Noch im Januar argumentierten wir, dass Großbritannien seine Übergangsregelung mit der Europäischen Union Ende dieses Jahres wahrscheinlich entweder zu den Bedingungen der Welthandelsorganisation (WTO) oder mit einem nur rudimentären Handelsabkommen beenden würde. Doch einige Monate später ist die Wahrscheinlichkeit eines Endes mit Schrecken – nicht zuletzt wegen der Coronakrise – gestiegen. Die Verhandlungen über die künftigen Handelsbeziehungen sind kaum vorangekommen, und die Frist für die Verlängerung des Übergangsabkommens ist abgelaufen.

Die strittigsten Fragen bleiben ungeklärt: Bestimmungen über gleiche Wettbewerbsbedingungen, Fischereirechte und die Rolle des Europäischen Gerichtshofs. Darüber hinaus ist die EU nach wie vor besorgt über die Umsetzung des Nordirland-Protokolls zur Vermeidung einer harten Grenze auf der irischen Insel (ohne die es kein Abkommen geben wird).

Intensivere Verhandlungen in Aussicht

Wir treten in eine Phase intensiverer persönlicher Verhandlungen ein. Es ist durchaus möglich, dass sich die Diskussionen bis in den Oktober hineinziehen werden, ein enger Zeitplan für die EU, wenn sie ein Abkommen vor Ende des Jahres ratifizieren will.

Im Januar identifizierten wir vier Szenarien für das Ende der Übergangsphase: kein Abkommen/WTO, begrenztes Abkommen, enge Kooperation und Verlängerung.

Negativeres Ergebnis wahrscheinlich

Wir sind nach wie vor der Meinung, dass das Gleichgewicht der Risiken in Richtung eines der negativeren Szenarien verzerrt ist – kein Deal oder eine begrenzte Vereinbarung –, und zwar stärker als im Januar. Denn für positivere Ergebnisse müsste die britische Regierung ihre Verpflichtung gegenüber den Wählern brechen, oder die Europäische Union müsste die Integrität des Binnenmarktes gefährden. Und während eine Verlängerung der Übergangsphase immer noch möglich wäre, hat die britische Regierung kein Interesse gezeigt, diese Option zu verfolgen.

Doch was ist mit den beiden anderen Szenarien? Man kann zwar davon ausgehen, dass die britische Regierung und die EU eine Einigung bevorzugen würden, aber die Zeit drängt, und es ist immer noch nicht klar, wie die Hauptunterschiede überbrückt werden sollen. Ein Scheitern ist daher eine reale Möglichkeit. Die Auswirkungen von COVID-19 haben das Thema Brexit sowohl in der Europäischen Union als auch in Großbritannien auf der Agenda weit nach unten verschoben.

Wir vergleichen unsere aktualisierten Wahrscheinlichkeiten für die vier Szenarien mit unserer Einschätzung vom Januar in der obigen Abbildung. Wir schätzen nun die Wahrscheinlichkeit höher ein, dass Großbritannien sein Übergangsabkommen mit der Europäischen Union Ende dieses Jahres entweder mit einem reinen Handelsabkommen oder gar nicht auslaufen lassen wird. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es unserer Meinung nach nicht genügend Informationen, um zwischen diesen beiden negativen Ergebnissen zu unterscheiden.

Der Kernpunkt ist jedoch, dass jedes der beiden Szenarien die Handelsbeziehungen Großbritanniens mit der EU belasten würde, da es keine Vereinbarungen über Dienstleistungen und die Wiedereinführung von Zoll- und Regulierungskontrollen für Waren gäbe. Daher wären beide Ergebnisse zum Zeitpunkt des Referendums 2016 als Hard-Brexit-Szenarien betrachtet worden. Tatsächlich war ein Ausstieg aus der WTO für die meisten Menschen damals noch nicht einmal auf dem Radar.

Das Pfund dürfte fallen

Was bedeutet das also für das Pfund Sterling? Das ist eine schwierigere Entscheidung als noch im Januar, aber nur, weil das Pfund bereits gefallen ist.

Aus fundamentaler Sicht spricht wenig für die britische Währung. Nicht nur ist das Risiko eines negativen Brexits gestiegen, sondern Großbritannien hat auch COVID-19 schlecht gehandhabt und hinkt dem übrigen Europa deutlich hinterher (siehe Abbildungen oben). Fairerweise muss man aber auch sagen, dass die fiskalische Reaktion der britischen Regierung in den letzten Monaten beeindruckend war, aber das war auch anderswo in Europa und in den USA der Fall. Selbst von einem niedrigen Ausgangspunkt aus ist der Ausblick daher eher negativ für den Kurs des britischen Pfunds."

Darren Williams ist Director of Global Economic Research bei AllianceBernstein (AB).

In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden. AllianceBernstein Limited ist von der Financial Conduct Authority in Großbritannien zugelassen und wird durch diese Behörde reguliert.

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