Der wirtschaftliche Schaden, den die Pandemie angerichtet hat, wird noch einige Monate fortbestehen und erfordert zusätzliche politische Hilfsmaßnahmen. Zwar könnten die Notenbanken, etwa die Europäische Zentralbank (EZB), ihre Anleihekauprogramme erweitern. Doch ihre Munition ist weitestgehend verschossen – und nun ist die Fiskalpolitik am Zug.
Sorgen um die USA
Besonders große Sorgen machen wir uns um die Wirtschaft in den USA. Zwar hat die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal zugenommen und etwa zwei Drittel der Einbußen vom Jahresanfang wieder wettgemacht. Doch zusätzlich zur anhaltenden Gefahr des Corona-Virus werden Sektoren wie Reisen und Freizeit noch eine Zeitlang Schwierigkeiten haben. Mehr als zehn Millionen Menschen sind nun dauerhaft arbeitslos. Hinzu kommt: Mit der Einstellung von Corona-Nothilfen werden die Haushaltseinkommen einbrechen – und je länger die Erholung auf sich warten lässt, desto langanhaltender wird der Schaden.
Eurozone erholt sich allmählich
Europas Wirtschaft hat dagegen angenehm überrascht: Nachdem sie im zweiten Quartal um ganze 11,8 Prozent geschrumpft war, erwarten wir ein Wachstum von mehr als zehn Prozent im dritten Quartal – und damit einen Output von lediglich fünf oder sechs Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Das betrifft vor allem den Einzelhandel, wo die Umsätze um 27 Prozent angestiegen sind. Zwar könnten erneute Infektionsausbrüche der Konjunktur einen Dämpfer versetzen, doch ab dem kommenden Frühling dürfte die Erholung nachhaltiger sein – vorausgesetzt, man bekommt das Virus unter Kontrolle und die fiskalischen Stützmaßnahmen dauern fort. Zuviel Vorfreude ist jedoch verfrüht, denn das Bild ist immer noch durchwachsen: Verarbeitendes Gewerbe, Bau und KFZ-Zulassungen sind immer noch sieben, drei beziehungsweise neun Prozent unter Vorkrisenstand und auch der Einkaufsmanagerindex PMI ist schon zwei Monate infolge gefallen.
Eine signifikante Erholung erwarten wir auch für Großbritannien, nachdem die Volkswirtschaft im zweiten Quartal massive Einbrüche von 20,4 Prozent erlitten hatte. Dennoch gibt es zahlreiche Stolpersteine, die die Entwicklung ins Gegenteil verkehren könnten: Nicht nur ein erneuter Lockdown bei steigenden Infektionszahlen und das Ende des ‚Job Retention Scheme‘ sind für die Wirtschaft eine Bedrohung, sondern auch das Damoklesschwert des Brexit. Ob ein Austritt aus der Zollunion oder eine Rückkehr zu den Bedingungen der Welthandelsorganisation (WTO) – beide Ausgänge hätten eine destabilisierende Wirkung.
China: nachhaltige Erholung
Chinas Wirtschaft hingegen gewinnt weiter an Fahrt und Tiefe und wir rechnen damit, dass dies auch im vierten Quartal anhält, gestützt durch zusätzliche geldpolitische Impulse. Viele Indikatoren deuten darauf hin, dass sich die wirtschaftlichen Bedingungen verbessern, darunter die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende und nicht-verarbeitende Gewerbe. Dennoch sollten Investoren gewisse Risiken nicht außer Acht lassen: Die Spannungen zwischen den USA und China nehmen zu und könnten im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen eskalieren – und sich fortsetzen, sollte Donald Trump im Weißen Haus bleiben. Besonders für Unternehmen, die nicht in globale Lieferketten oder Systeme integriert sind, stellen US-Sanktionen eine Gefahr dar.