Welche Unterschiede es bei der Analyse von Klimaszenarien verschiedener Anbieter zu beachten gilt, erläutert Sara Rosner, Director Environmental Research und Engagement – Responsible Investment, beim Asset Manager AllianceBernstein (AB):
"Jeder Anbieter hat eine eigene Herangehensweise an die Daten und Analysen, mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen. Aus diesem Grund sollten Anleger folgende Fragen stellen, um den richtigen Partner zu finden:
- Welche Assetklassen und Regionen werden abgedeckt? Unser Vergleich zeigt: Jeder Anbieter hatte Lücken in der Abdeckung von Anlageklassen und Märkten. Zum Beispiel decken einige Unternehmen nur entwickelte Märkte ab, andere beziehen auch Schwellenmärkte mit ein, und keines der Unternehmen bietet eine umfassende Analyse der Frontier-Märkte. Einige Anbieter decken nur Aktien ab, andere befassen sich mit Unternehmens- oder Staatsanleihen. Kein Unternehmen beschäftigt sich mit Optionen, und auch andere Anlageklassen werden nur begrenzt oder gar nicht einbezogen.
- Wie verlässlich sind die zugrundeliegenden Daten? Daten, die in jedem Modell verwendet werden, stellen die zu analysierenden Unternehmen selbst zur Verfügung. Die meisten Unternehmen sind nicht verpflichtet, ihre Klimadaten offenzulegen, und es gibt keine spezifischen Standards – damit ist der Datensatz von vornherein unvollständig und inkohärent. Um fehlende Angaben zu kompensieren, verwenden die Anbieter entweder Daten Dritter oder wenden komplexe Annahmen an, die auf Länder-, Sektor- und Branchenentwicklungen basieren. Die Annahmen werden oft nicht offengelegt und können stark variieren.
- Sind die Modelle der Szenario-Analyse komplex genug? Die Modelle sind komplex, aber viele Modelle müssen noch ausgefeilter sein, um zuverlässige Ergebnisse zu liefern, etwa bei Risiken. So betrachten beispielsweise einige das Geschäft eines Unternehmens nach Branche und Standort und verwenden dann verallgemeinerte Informationen, um diese in die potenziellen Auswirkungen zu übersetzen. Andere betrachten nicht nur die Branche oder die geografische Lage, sondern auch das Unternehmen selbst und berücksichtigen, wie sich der Klimawandel auf die Finanzlage auswirken könnte – etwa durch geringere Gewinnspannen aufgrund höherer Kosten inklusive CO2-Steuern.
- Wie tief geht die Analyse? Die Bewertung der Risiken und Chancen des Klimawandels für ein multinationales Unternehmen ist kompliziert. Verschiedene Länder haben unterschiedliche CO2-Preise, Steuern, Märkte oder Reduktionsziele eingeführt, die theoretisch anteilig auf die Vermögenswerte eines multinationalen Unternehmens in diesen Ländern angewendet werden sollten. Zudem mangelt es bei Unternehmensangaben häufig an Klarheit und Detail – und für Verifizierungen mangelt es Anbietern häufig an Ressourcen. Es gibt keine Garantie, dass Daten nicht kompromittiert sind.
- Sind die Ergebnisse vergleichbar? Einige Anbieter verwenden ein quantitatives Maß für den durch den Klimawandel gefährdeten Wert eines Unternehmens, einige wenige bieten einen Risikograd an (niedrig, mittel, hoch). Wieder andere geben eine Punktzahl an, die Vergleiche zwischen Unternehmen ermöglicht, jedoch ohne größeren Kontext.
Eine einfache Antwort darauf, welches Modell das beste ist, gibt es nicht: Sie hängt stark von den Bedürfnissen und Nuancen des Endanwenders ab. Klar ist jedoch: Aktive Investmentmanager haben hier einen klaren Vorteil, denn sie kennen nicht nur ihre Wertpapiere gut, sondern sind sich auch der Besonderheiten jedes der von ihnen verwendeten Szenarioanalyse-Modells bewusst."
Sara Rosner, Director Environmental Research und Engagement – Responsible Investment, bei AllianceBernstein
Weiteres zu Klimarisikoanalysen sowie zwei Anwendungsbeispiele finden Interessierte LeserInnen hier im vollständigen Investmentkommentar.