Den CO2– Fußabdruck Ihres Anleihenportfolios verstehen

Der Übergang zu einer CO2-neutralen Wirtschaft ist von entscheidender Bedeutung, und um diesen Weg zu unterstützen, sollten nachhaltige Anleger die Kohlenstoffauswirkungen der Unternehmensanleihen in ihren Portfolios überwachen. Aber es gibt viel mehr zu verstehen, um den CO2-Fußabdruck eines Anleihenportfolios zu verstehen, als herkömmliche Kennzahlen zeigen können. AllianceBernstein | 17.05.2021 16:00 Uhr
© Photo by Thomas Millot on Unsplash
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Beginnen Sie mit einfachen Kennzahlen

Zunächst brauchen Anleger einfache, überschaubare Berichte, die ihnen helfen zu verstehen, wie sich ihre Portfolios auf das Klima auswirken. Als Antwort darauf haben eine Reihe von Anbietern, darunter MSCI, eine Reihe von Kennzahlen für den CO2-Fußabdruck entwickelt, die die CO2-Eigenschaften eines Portfolios mit einer Benchmark vergleichen.

Für Anleger in Anleihen ist die wichtigste Kennzahl die gewichtete durchschnittliche CO2-Intensität eines Portfolios. Diese misst den CO2-Fußabdruck des Portfolios in Bezug auf das Volumen der Kohlendioxid-Emissionen pro Umsatzwert (Tonnen CO2e / Mio. US$).

Die Kennzahl hat mehrere Vorteile: Sie ist über alle Anlageklassen hinweg anwendbar, einfach zu berechnen, benötigt nicht die Marktkapitalisierung oder Umsatzdaten, die für andere (auf den Aktienbesitz bezogene) Kennzahlen erforderlich sind, und sie kann in zwei Zahlen ausgedrückt werden - einem Wert für das Portfolio und einem Wert für die Benchmark.

Die Grenzen verstehen

Eine derart simple Kennzahl kann jedoch nur eine Momentaufnahme zu einem bestimmten Zeitpunkt sein. Das bedeutet, dass sie nicht in die Zukunft blicken kann, um die Pläne der Unternehmen zur CO2-Reduzierung zu berücksichtigen. So werden zum Beispiel Großverbraucher fossiler Energien wie Energieversorger benachteiligt, selbst wenn sie eine gut durchdachte Strategie zur Umstellung auf erneuerbare Energiequellen haben.

Zweitens kann sie die Nuancen der CO2-Nutzung nicht erfassen. Das GHG (Greenhouse Gas, Treibhausgase)-Protokoll unterscheidet zwischen direkten (Scope 1) und indirekten Quellen von CO2-Emissionen (Scopes 2 und 3). Die Unterscheidung hängt davon ab, ob ein Unternehmen den CO2-Ausstoß selbst als Teil seiner Geschäftstätigkeit (etwa in der Produktion), als Nutzer von Energie (Heizung oder Kühlung) oder weiter unten in der Kette (Geschäftsreisen, Transport und Vertrieb) verursacht. Die Anbieter konventioneller Kennzahlen können die Emissionen von Scope 1 und 2 zuverlässig messen, stehen aber erst am Anfang der komplexen Aufgabe, Scope 3 zu berücksichtigen.

Schließlich unterscheiden die bestehenden Instrumente zur Berichterstattung über die CO2-Intensität nicht zwischen den CO2-Fußabdrücken von konventionellen Anleihen und denen von grünen Anleihen oder anderen ESG-Anleihenstrukturen. Diese Strukturen nehmen Kapital entweder für spezifische grüne Projekte über eine grüne Anleiheemission oder zur Unterstützung der unternehmensweiten Reduzierung des CO2-Verbrauchs über an Leistungskennzahlen (KPI) gebundene Anleihen auf. Außerdem berücksichtigt MSCI nicht, ob sich Unternehmen im Rahmen ihrer Geschäftsstrategie zu bestimmten Klimaschutzzielen verpflichtet haben.

CO2-Neutralität braucht Engagement

Wir sind der Meinung, dass sich ein nachhaltiges Anleihenportfolio auf Investitionen in Unternehmen konzentrieren sollte, die sich nachweislich zu einer zukünftigen CO2-Reduzierung verpflichten und gut durchdachte Strategien zur Erreichung ihrer Ziele verfolgen. Um dieses Ziel zu unterstützen, haben wir einen analytischen Ansatz entwickelt, der mehr zukunftsorientierte Informationen mit besseren Einblicken liefern kann.

Identifizieren Sie die wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen

Ausgehend von MSCI-Daten zerlegen wir den gewichteten durchschnittlichen CO2-Intensitätswert eines Portfolios, so dass wir einen Einblick auf Emittentenebene erhalten. Dann analysieren wir jedes Wertpapier Emittent für Emittent und stellen dabei zwei Schlüsselfragen.

Erstens: Ist die Strategie des emittierenden Unternehmens auf anerkannte Ziele zur Reduzierung der CO2-Emissionen ausgerichtet? Um diese Frage zu beantworten, stützen wir uns auf unabhängige Untersuchungen von Drittanbietern, die uns dabei helfen, den vorausschauenden Plan jedes Unternehmens zu überprüfen und zu bewerten.

Zweitens: Wie finanzieren die Unternehmen ihren Übergang zur CO2-Neutralität? Wir sind der Meinung, dass die Ausgabe von grünen Anleihen - oder anderen ESG-Anleihen mit spezifischen Zielen - für Unternehmen oft ein überzeugender Weg sein kann, um ihren Umstellungsplan umzusetzen. Diese Strukturen verpflichten Unternehmen zur Dekarbonisierung ohne Rücksicht auf externe Faktoren und tragen so dazu bei, die Wahrscheinlichkeit eines Kurswechsels zu verringern. In der Öl- und Gasindustrie beispielsweise macht ein Anstieg der CO2-Preise die weitere Exploration und Produktion attraktiver und birgt die Gefahr, dass die Pläne zur CO2-Reduzierung unterlaufen werden. In der folgenden Abbildung veranschaulichen wir die Ergebnisse dieser deutlich umfassenderen und vorausschauenden Analyse für eine nachhaltige Strategie.

In diesem Beispiel beträgt die gewichtete durchschnittliche CO2-Intensität des nachhaltigen Portfolios etwa zwei Drittel derjenigen der Benchmark. Darüber hinaus enthält das Portfolio weitaus mehr grüne Anleihen als die Benchmark und hat ein proportional viel größeres Engagement in Unternehmen mit spezifischen Verpflichtungen zur Klimawandelreduzierung.

Betrachten Sie das größere Bild

Da Scope 3-Emissionen eine so große Bandbreite möglicher Quellen abdecken (und weil Unternehmen sie nicht auf einheitliche Weise berechnen oder offenlegen), ist es für herkömmliche Kennzahlen schwierig, das gesamte Bild zu erfassen. Zum Beispiel beziehen sich einige Emittenten im Einzelhandel nur auf die Transportkosten der Waren als Scope 3, ohne den breiteren Fußabdruck ihrer Lieferkette zu berücksichtigen. Für viele Branchen stellen Scope-3-Emissionen jedoch den Großteil des CO2-Fußabdrucks dar, und wir berücksichtigen das beim Aufbau nachhaltiger Portfolios für unsere Kunden.

Ähnlich wichtig ist es, sich über CO2-”Reduktionen” im Klaren zu sein, die lediglich den kleinen Mann ausrauben, um den großen Mann zu bezahlenletzlich ein Nullsummenspiel sind. Der Plan eines brasilianischen Autoherstellers, seine Fahrzeuge von emissionsintensivem Diesel auf Ethanol umzustellen, mag wie ein großer Gewinn aussehen - bis wir die daraus resultierenden Umweltkosten durch die Abholzung des Amazonasregenwalds berücksichtigen.

Das Ziel im Auge behalten

Anleger sollten sich über die wichtigsten Meilensteine und das Endziel eines Unternhemens bezüglich der CO2-Reduzierung im Klaren sein. Wir sind eher skeptisch gegenüber Dekarbonisierungsstrategien, die auf hypothetischen zukünftigen technologischen Fortschritten beruhen oder eine große Menge von CO2-Ausgleichskäufen beinhalten. Und wir sind der Meinung, dass Anleger wissenschaftlich fundierte Ziele bevorzugen sollten. Die Publikation International Capital Markets Association Climate Transition Finance Handbook 2020 (in englischer Sprache) schlägt einige nützliche Mindeststandards vor, die in zukünftigen Ausgaben wahrscheinlich weiter entwickelt werden.

Schließlich sind wir der Meinung, dass Anleger auf ehrgeizige Ziele drängen und kontinuierliche Verbesserungen anstreben sollten, um bis 2050 einen Netto-Null-Emissionsausstoß zu erreichen. Das Engagement mit dem Management der Unternehmen ist der Schlüssel zum Verständnis ihrer Fortschritte.

Der Übergang zu einer CO2-neutralen Wirtschaft ist ein riesiges und sich entwickelndes Thema. Die Daten, der Detaillierungsgrad und die Wissenschaft dahinter entwickeln sich alle weiter. Einige grundlegende Kennzahlen haben eine solide Grundlage geschaffen, aber Anleger müssen auf neue Erkenntnisse achten und bereit sein, neue Analysen zu übernehmen, um den CO2-Fußabdruck ihrer Anleihenportfolios besser zu verstehen.

Shawn Keegan & Salima Lamdouar, Portfoliomanager für Credit, Alliance Bernstein

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