AllianceBernstein zu Schwellenmärkten: Aktienbewertungen hinken Wachstum hinterher

Die Schwellenmärkte haben sich in den letzten zehn Jahren stark gewandelt. Sie verzeichneten in den Jahren 2011 bis 2020 ein gesundes Wachstum. Dies spiegelt sich jedoch nicht in den Aktienerträgen wieder. Was hinter der Entkopplung zwischen Wirtschaftswachstum und Aktienbewertungen steckt, erläutert Morgan Harting, Portfoliomanager für Multi-Asset Solutions bei AllianceBernstein (AB), in seinem Kommentar. AllianceBernstein | 23.07.2021 08:19 Uhr
Morgan Harting, Portfoliomanager für Multi-Asset Solutions bei AllianceBernstein (AB) / © e-fundresearch.com / AllianceBernstein
Morgan Harting, Portfoliomanager für Multi-Asset Solutions bei AllianceBernstein (AB) / © e-fundresearch.com / AllianceBernstein
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„Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den Schwellenländern wuchs in den vergangenen zehn Jahren im Durchschnitt um 4,1 Prozent pro Jahr und lag damit deutlich über dem der Industrieländer von 1,5 Prozent – ein Trend, der sich unserer Einschätzung nach fortsetzen wird. China führte die Kohorte der größeren Länder an, aber auch viele kleinere Länder – darunter Vietnam, die Türkei, die Elfenbeinküste und die Dominikanische Republik – verzeichneten ein überdurchschnittliches Wachstum. Ein weiterer Fakt, der die Stärke der Emerging Markets verdeutlicht: im Jahr 2010 kamen 68 Prozent der Fortune-500-Unternehmen aus den G7-Ländern und 17 Prozent aus den E20*-Schwellenländern (Emerging Markets, EM). Am Ende des Jahres 2020 hatte sich der Anteil der E20-Unternehmen auf 34 Prozent fast verdoppelt. Außerdem waren 124 in China ansässige Unternehmen unter den größten 500 globalen Konzernen vertreten und verdrängten die USA so auf den zweiten Platz.

Entkopplung zwischen Wirtschaftswachstum und Aktienbewertungen

Der wirtschaftliche Aufschwung sorgte für höhere Staatseinnahmen, bessere Fundamentaldaten und eine höhere Bonität. All das spiegelte sich auch in starken Anleihenerträgen wider – angesichts des überragenden Wachstums und der weltweit sinkenden Zinsen ist das nicht überraschend. Viele Länder mit dem schnellsten Wachstum und daher der größten Bonitätsverbesserung, wie etwa die Elfenbeinküste und die Dominikanische Republik, konnten nur von festverzinslichen Anlegern genutzt werden. Was überraschen mag, ist, dass die Aktienerträge insgesamt nicht höher waren. Wir denken, dass diese Entwicklung auf das Gewinnwachstum und die Bewertungen zurückzuführen ist. In den letzten zehn Jahren stieg zum Beispiel der Gewinn pro Aktie des chinesischen Internet-Unternehmens Tencent von 1,05 auf 14,82 und der von Samsung Electronics von 1.660 auf 5.778.

Von Rohstoffen zu Technologie

Die Aktienindizes der Schwellenländer enthalten jedoch auch eine Reihe weniger wettbewerbsfähigen Unternehmen, von denen viele stark von staatlichen Eigentümern oder Regulierungsbehörden beeinflusst werden. Diese Konstituenten drückten das gesamte Gewinnwachstum auf 5 Prozent (insgesamt, nicht annualisiert) gegenüber 104 Prozent für den S&P 500. Infolgedessen haben die Anleger die Gesamtbewertungen in den Schwellenländern nicht so stark nach oben getrieben (von 10,2x im Jahr 2011 auf 14,2x heute) wie in den USA, wo der S&P-500-EPS (Earnings per Share, EPS) von 13,5x auf 22,6x gestiegen ist.

Vor einem Jahrzehnt spiegelten die Aktienindizes der Schwellenländer Branchen wider, die typischerweise mit weniger entwickelten Volkswirtschaften in Verbindung gebracht werden – Energie- und Bergbauunternehmen, Banken und Telekommunikation standen im Vordergrund. Ein Jahrzehnt später dominieren Technologie und Innovation, darunter viele Weltmarktführer. Technologieaktien, die vor zehn Jahren nur 10 Prozent des MSCI EM Index ausmachten, haben ihren Anteil auf 20 Prozent verdoppelt.

Erholung von COVID-19

Der Weg aus der Pandemie wird für jedes Land unterschiedlich sein. China, das als erstes Land von der Pandemie betroffen war, war auch das erste Land, das die Krise überwand. Taiwan war kaum betroffen, während Indien und Brasilien zu den am stärksten belasteten Ländern gehören. So unterschiedlich die Wege sind, so unterschiedlich sind auch die Risiken und Chancen.

Angesichts der sich weiter öffnenden Welt erwarten wir, dass die Kapitalnachfrage der Unternehmen und die Nachfrage der Regierungen nach Liquidität die Kapitalströme in die Schwellenländer vorantreiben werden. Die starke Stimulierung durch die Zentralbanken wird wahrscheinlich anhalten und die wirtschaftlichen Risiken mildern. Und da die Fortschritte bei der Impfung aufgestaute Aktivitäten freisetzen, werden viele Unternehmen in den Schwellenländern von einer steigenden Nachfrage sowohl auf dem heimischen als auch auf dem internationalen Markt profitieren.“

Morgan Harting, Portfoliomanager für Multi-Asset Solutions bei AllianceBernstein 

Lesen Sie darüber hinaus im Blog „Schwellenmärkte im Wandel der Zeit“ von Morgan Harting, welche Entwicklungen Multi-Asset-Anleger besonders im Blick haben sollten und inwiefern die zunehmende Prüfung von Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsaspekten (ESG) die Lieferketten beeinflussen werden. 

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