Die anhaltende Inflation und die Aussicht auf eine weltweite Konjunkturabschwächung beherrschen weiterhin die Anleihenmärkte. Die Zentralbanken versuchen, die Inflation zu bekämpfen, und auch wenn das Tempo der geldpolitischen Straffung angesichts des nachlassenden globalen Wirtschaftswachstums sich wahrscheinlich verlangsamen wird, ist 2023 mit weiteren Zinserhöhungen zu rechnen. Zum Glück für Anleger in Investment-Grade- und Hochzinsanleihen sind die Kennzahlen vieler Emittenten gut und Anleihen bieten 2023 trotz eines zunehmend trüben Makrobildes Potenzial.
Solide Unternehmensgrundlagen nach Erholung von pandemiebedingter Schwäche
So wiesen noch im dritten Quartal 2021 etwa die Hälfte der europäischen Investment-Grade-Unternehmensanleihen negative Renditen auf. Dieses Bild hat sich jedoch stark gewandelt und sowohl die Anleihenrenditen als auch die Renditeaufschläge (Spreads) befinden sich auf einem Mehrjahreshoch. Auch die Renditen für US-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating sind heute auf dem höchsten Stand seit der globalen Finanzkrise. Zudem sind viele Unternehmen finanziell solide aufgestellt. Die Fundamentaldaten der Unternehmen in den USA und Europa erholen sich zunehmend von der pandemiebedingten Schwäche und die Rohstoffpreise sinken. Im Vergleich zu ihren Bandbreiten nach der globalen Finanzkrise erscheinen die meisten Sektoren gemessen an der Profitabilität sowie an wichtigen Kennzahlen wie Verschuldungsgrad und Schuldendienstabdeckung solide. Die starken Fundamentaldaten sind zum Teil auf die Haushaltsdisziplin während der Corona Pandemie zurückzuführen. Sie spiegeln auch wider, dass die typischerweise prozyklischen Rohstoffunternehmen vom knappen Angebot und den hohen Preisen profitiert haben. Solch ein verantwortungsbewusstes Handeln wird in Zukunft besonders wichtig sein, da wir davon ausgehen, dass sich das globale Wachstum im Jahr 2023 verlangsamt. Damit einher gehen meist eine geringere Nachfrage und strengere Kreditbedingungen, Unternehmen mit soliden Bilanzen und Zugang zu Finanzmitteln werden jedoch in der Lage sein, das zu überstehen.
Darüber hinaus dürften die Emittenten von Hochzinsanleihen im kommenden Jahr von niedrigen Kupons profitieren, denn es gibt keine nahende Fälligkeitsschwemme, die die Unternehmen zwingen würde, Schuldtitel zu höheren Zinsen zu begeben. Selbst wenn die Renditen in den nächsten vier Jahren hoch bleiben, dürften die Zinsen erst Anfang 2026 wieder das Niveau von 6 Prozent erreichen, das sie vor der Pandemie hatten.
Qualität des High-Yield-Marktes verbessert: Signifikanter Anstieg der Zahlungsausfälle ist unwahrscheinlich
In den USA erreichten die Ausfälle bei Hochzinsanleihen im Oktober 2020 mit 6,3 Prozent ihren Höhepunkt. Darüber hinaus hat eine Kohorte „Gefallener Engel“ (ehemalige InvestmentGrade-Anleihen) den BB-Anteil des Hochzinsuniversums auf 50 Prozent erhöht und damit die Gesamtqualität der Hochzinsanleihen verbessert. Auf dem europäischen Hochzinsmarkt ist der Anteil der BB-Anleihen sogar auf 63 Prozent gestiegen. Damit sind beide Hochzinsmärkte gut aufgestellt, um Marktbelastungen standzuhalten. Ein signifikanter Anstieg der Zahlungsausfälle in den nächsten 12 bis 18 Monaten ist deshalb unwahrscheinlich.
Von Vivek Bommi, CFA, Head European Fixed Income und Director European and Global Credit bei AllianceBernstein