Die bisherige Resilienz der Weltwirtschaft ist bemerkenswert. Sie hat dem Krieg in der Ukraine, den steigenden Rohstoffpreisen, den Lockdowns in China und zuletzt den Turbulenzen bei der Credit Suisse standgehalten. Auch die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Schuldenobergrenze in den USA oder der Stress im regionalen Bankensektor dürften keine harte Landung bedeuten. Dies verringert die Abwärtsrisiken für das Wirtschaftswachstum erheblich. Unser Basisszenario bleibt demnach eine allmähliche Normalisierung der Wirtschaft.
Was dennoch im Hinterkopf behalten werden sollte: Harte Landungen werden oft durch Unerwartetes ausgelöst. Da die Zentralbanken die Zinsen weiter anheben, ist es wichtig, auf Anzeichen von Stress an den Finanzmärkten zu achten, die sich zu etwas Schlimmerem auswachsen könnten.
Spannungen auf den Finanzmärkten könnten zum Beispiel entstehen, weil die Zentralbanken angesichts der geringeren Abwärtsrisiken für die Wirtschaft möglicherweise mehr statt weniger tun müssen. Das bedeutet vielleicht keine weiteren aggressiven Zinserhöhungen, aber wahrscheinlich eine längere Phase restriktiver Leitzinsen. Die Finanzmärkte haben in diesem Konjunkturzyklus bereits mehrmals ihre Preise angepasst, um höhere Zinssätze über längere Zeiträume zu ermöglichen, so auch in den letzten Wochen.
Da die Inflation in Europa und im Vereinigten Königreich noch nicht abgeklungen ist, liegen die Europäische Zentralbank und die Bank of England einige Monate hinter der US-Notenbank zurück und müssen im Vergleich zur Fed wahrscheinlich noch weitere Straffungen vornehmen. Die Bank von Japan wiederum hat noch nicht mit der Straffung begonnen, könnte dies aber in Zukunft tun.
China bleibt ein Unsicherheitsfaktor. Der Aufschwung nach der Wiedereröffnung scheint beendet, so dass die chinesische Wirtschaft wieder in einem normaleren Tempo wächst. Wir gehen davon aus, dass sich diese neue normale Wachstumsphase als langsamer und stärker nach innen gerichtet erweisen wird, als es der Markt gewohnt ist, und dass China nicht länger ein Hauptmotor der Weltwirtschaft sein wird.
Von Eric Winograd, Director—Developed Market Economic Research bei AllianceBernstein