US-Notenbank FED überrascht mit Plänen für weitere Zinspolitik

AllianceBernstein | 15.06.2023 16:35 Uhr
Eric Winograd, Director—Developed Market Economic Research bei AllianceBernstein / © e-fundresearch.com / AllianceBernstein
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Das Federal Open Market Committee (FOMC) sorgte gestern Nachmittag für eine hawkische Überraschung: Es beließ die Zinssätze wie erwartet bei 5,0-5,25 Prozent. Aus dem Dot Plot ging jedoch hervor, dass der Ausschuss davon ausgeht, die Zinssätze in diesem Jahr noch zweimal anzuheben, um das Fed-Fonds-Ziel auf einen zyklischen Höchststand von 5,50-5,65 Prozent zu bringen. Während die meisten davon ausgegangen waren, dass der Dot Plot die Erwartung einer weiteren Zinserhöhung bestätigen würde, war die Hinzunahme einer zweiten Erhöhung unerwartet.

Laut den aktuellen Informationen scheint klar zu sein, dass es im Juli zu einer Zinserhöhung kommen wird, sofern sich die Daten – insbesondere der nächste Arbeitsmarktbericht – nicht erheblich verschlechtern. Wir gehen davon aus, dass die Fed bis zu einer Abschwächung des Arbeitsmarktes die Zinsen tatsächlich auf jeder zweiten Sitzung anheben wird. Falls sich der Arbeitsmarkt erholt und/oder sich die Inflation in die falsche Richtung bewegt, könnte die Fed wieder zu einem Rhythmus mit Zinserhöhungen nach jeder Sitzung zurückkehren. Falls sich der Arbeitsmarkt verschlechtert, wird sie die Zinserhöhungen ganz einstellen.

Sollte die Wirtschaftslage sich im Laufe des Jahres verschlechtern, wird auch der Arbeitsmarkt schwächeln. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Zinserhöhung im Juli die letzte sein wird. Sollte sich der Arbeitsmarkt jedoch nicht abschwächen, werden die Zinserhöhung sich fortsetzen. Eine Zinssenkung in diesem Jahr ist jedoch unwahrscheinlich, denn dafür bräuchte es eine äußerst starke Abschwächung des Arbeitsmarktes.

Der Vorsitzende Jerome Powell machte deutlich, dass der Ausschuss nicht davon überzeugt ist, dass die Bedingungen restriktiv genug sind, um die Inflation wieder auf das Zielniveau zu bringen. Da der Arbeitsmarkt nach wie vor robust ist, der Bankensektor sich stabilisiert hat und das Wachstum besser als erwartet verläuft, hat die Fed sowohl einen Grund als auch den nötigen Spielraum für weitere Zinserhöhungen. Allerdings gibt es genügend Anzeichen für Fortschritte bei der Inflation und der Wiederherstellung des Gleichgewichts auf dem Arbeitsmarkt, so dass die Fed es für angemessen hält, behutsamer zu agieren. Dies ermöglicht es ihr, die eingehenden Informationen über mehrere Monate zwischen den Sitzungen zu bewerten, anstatt nur einen Zeitraum zwischen den Sitzungen zu betrachten. Ein vernünftiges Vorgehen, wenn man bedenkt, wie stark das System bereits angespannt ist und wie stabil die Inflationserwartungen sind.

Allerdings hat dieser Zyklus bereits gezeigt, dass eine langsamere Gangart nicht ohne Risiko ist. Als die Fed im vergangenen Jahr erstmals zu langsameren Zinserhöhungen überging, sahen wir das Risiko, dass sich die Finanzbedingungen entspannen könnten, wodurch der Straffungsprozess, der notwendig war, um die Wirtschaft wieder ins Gleichgewicht zu bringen, untergraben würde und die Fed möglicherweise gezwungen wäre, den Zyklus zu verlängern. Dieses Risiko hat sich nun bewahrheitet, und infolgedessen muss die Fed den Leitzins nun höher ansetzen, als dies bei weiterhin angespannten Finanzbedingungen der Fall gewesen wäre.

Die Fed scheint jedoch aus dieser Erfahrung gelernt zu haben. Statt eine Wiederholung zu riskieren, indem sie das Tempo verlangsamt, ohne einen hawkischen Ausgleich zu schaffen, war die heutige Botschaft eindeutig hawkisch – der Hinweis, dass die Fed von mehreren Zinserhöhungen ausgeht, scheint darauf abzuzielen, eine Wiederholung der Erfahrungen von Ende letzten Jahres und Anfang dieses Jahres zu verhindern.

Die Frage ist: Wird das funktionieren? Der Markt hat nun eine Zinserhöhung in die Prognose für die Juli-Sitzung der Fed aufgenommen und Zinssenkungen aus dem Pricing für 2023 gestrichen. Am Markt herrscht nach wie vor große Skepsis, ob die Fed tatsächlich mehrere Zinserhöhungen vornehmen wird, zumindest wenn man die Marktpreise zugrunde legt. Das hat die Auswirkungen der heutigen Entscheidung auf den Markt begrenzt – die Kurve ist flacher und leicht erhöht und die Aktienkurse sind etwas gesunken. Die Finanzmärkte sind der Übertragungsmechanismus von der Politik auf die Wirtschaft, und wenn die Märkte nicht sehr stark anziehen, dann muss die Fed möglicherweise mehr tun.

Nach heutigem Stand der Dinge scheint die Wirtschaft auf eine weiche Landung zuzusteuern –entweder in Form einer leichten Rezession oder überhaupt keiner Rezession. Solange dies der Fall ist, sieht sich die Fed nicht gezwungen, die Zinssätze zu senken, und solange sich die Inflation nicht deutlich in Richtung des Zielwerts bewegt, wird sie eher geneigt sein, die Zinssätze zu erhöhen, solange der Arbeitsmarkt nicht schwächer wird. Der Markt hat Zinssenkungen aus seinem Pricing für 2023 ausgenommen. Die erste Zinssenkung ist nun erst für März 2024 vollständig eingepreist.

Das unausgesprochene Risiko besteht darin, dass der Straffungszyklus zu einem Bruch in der Wirtschaft oder an den Finanzmärkten führt und somit ein plötzliches Ende findet. Das ist während eines Straffungszyklus immer möglich und war der Grund, warum wir die Risiken im Zusammenhang mit den regionalen Bankenproblemen vor drei Monaten so ernst genommen habe. Die Prognose der Fed und unsere eigenen gehen davon aus, dass ein solches Ereignis nicht eintritt.

Von Eric Winograd, Director—Developed Market Economic Research bei AllianceBernstein

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