Geldpolitik: „Die Fed könnte ihre Zinsen stärker senken, als antizipiert wird“

Die Fed ist beim Wirtschaftswachstum der USA optimistisch - Eric Winograd, ist skeptischer. Nach der jüngsten Sitzung des Federal Open Market Committee meint der Director – Developed Market Economic Research bei AllianceBernstein, dass die US-Notenbank ihre Zinsen stärker senken könnte, als der aktuelle Dot-Plot nahe legt. AllianceBernstein | 19.09.2024 12:02 Uhr
Eric Winograd, Director – Developed Market Economic Research bei AllianceBernstein / © e-fundresearch.com / AllianceBernstein
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Die Entscheidung der Federal Reserve (Fed), den Leitzins um 50 Basispunkte zu senken, war die aggressivere der beiden Optionen. Immerhin schwankte der Markt vor der Sitzung zwischen einer Senkung um 25 und 50 Basispunkten. Notenback-Chef Jerome Powell betonte jedoch, dass der Schritt nicht bedeutet, dass die Zentralbanker davon ausgehen, dass sie mit ihrer Währungspolitik hinter der Kurve zurückbleibleiben. Vielmehr würde die Fed damit anstreben, in Zukunft nicht hinter die Kurve zu geraten. Das Schlüsselzitat von Powell war: „Die Wirtschaft ist in einer guten Verfassung. Wir beabsichtigen, die wirtschaftliche Stärke, die wir derzeit sehen, aufrechtzuerhalten. Das tun wir, indem wir die Zinssätze nach und nach von dem hohen Niveau auf ein normaleres Niveau zurückführen.“ Das heißt die Zentralbanker betrachten den aktuellen Zyklus als eine „Neukalibrierung“ oder eine „Normalisierung“ – und eben nicht als eine Maßnahme zur Stützung der Wirtschaft.

Während für den Markt insbesondere die Höhe der heutigen Senkung im Fokus steht, haben für mich persönlich die mittelfristigen Aussichten eine höhere Bedeutung. Sowohl der Dot-Plot der Fed als auch die Äußerungen des Vorsitzenden Powell deuten darauf hin, dass der Ausschuss trotz der heutigen Senkung um 50 Basispunkte keine besondere Dringlichkeit für eine aggressivere Zinssenkung sieht. Der Medianpunkt deutet darauf hin, dass bei den kommenden beiden Sitzungen der Fed wahrscheinlich jeweils eine Senkung um 25 Basispunkte ansteht, gefolgt von vierteljährlichen Senkungen um 25 Basispunkte. Dabei geht die Fed davon aus, dass der Leitzins erst Anfang 2026 wieder einen neutralen Wert erreicht. Dazu drei Überlegungen:

  1. Die Prognosen der Fed bleiben optimistisch und gehen von einem BIP-Wachstum von zwei Prozent für jedes der kommenden vier Jahre aus, während sich die Arbeitslosenquote bei 4,4 Prozent stabilisiert. Der Vorsitzende Powell betonte, dass das Komitee davon ausgeht, seine Währungspolitik bei starkem Arbeitsmarkt und stabile BIP-Wachstumsraten neu kalibrieren zu können. Sollte sich dies bewahrheiten, ist es durchaus angebracht, die Zinssätze nur langsam anzupassen.
  2. Bei der Wachstumsprognose bin ich pessimistischer als die Fed. Ich gehe davon aus, dass das BIP im kommenden Jahr eher um ein als um zwei Prozent wächst. Daher erwarte ich auch, dass die Fed ihre Zinsen stärker senken wird, als es der aktuelle Dot-Plot nahe legt – ein Niveau von 2,75 bis 3,0 Prozent bis Ende 2025 ist damit realistisch. Das sind 50 Basispunkte weniger als die Fed-Punkte vermuten lassen.
  3. Das bedeutet auch, dass ich eben nicht davon ausgehe, dass die Fed aktuell hinter der Kurve liegt. Gleichzeitig bin ich auch nicht übermäßig beunruhigt, dass sie hinter die Kurve zurückfallen wird. Vorsitzender Powell hat in seiner Pressekonferenz deutlich gemacht, dass die Fed in einer guten Position ist, um auf neue Informationen zu reagieren. Damit hat er Recht: Bei dem hohen Ausgangspunkt beim Zinsniveau kann die US-Notenbank bei Bedarf aggressiver vorgehen. Wenn ich mit meiner pessimistischeren Prognose für das Wirtschaftswachstum recht habe, wird die Fed die Zinsen stärker senken und damit das Risiko einer harten Landung verringern.

In der Pressekonferenz hat Jerome nochmal darauf hin, dass die Fed für ihre Geduld während dieses Zyklus belohnt wurde. Dies würde auch das weitere Vorgehen bestimmen. Er betonte wiederholt, dass „es für das Komitee keinen Grund zur Eile gibt“, um Neutralität zu erreichen. Auf lange Sicht bleiben die Notenbanker wohl datenabhängig, aber nicht datenpunktabhängig. Das heißt, sie werden nicht auf jede einzelne Veröffentlichung reagieren, sondern auf die Entwicklung der Daten – so, wie sie es auch bereits in den vergangenen Quartalen erfolgreich getan haben.

Die wichtigste Variable bleibt der Arbeitsmarkt. Die analytische Herausforderung ist der Unterschied zwischen dem (starken) Niveau des Arbeitsmarktes und dem Trend (Abschwächung). Die Fed betrachtet den Arbeitsmarkt zum jetzigen Zeitpunkt als annähernd ausgeglichen – sie fokussiert mehr auf das aktuelle Niveau als aus der Entwicklung. Das heißt, wenn sich der Abschwung so fortsetzt, dass das Niveau nicht mehr solide ist, steigt die Bereitschaft der Fed, schneller zu handeln.

Die Fed scheint nicht kurz davor zu stehen, die quantitative Lockerung zu beenden – die Bilanzsumme wird vorerst weiter schrumpfen. Vorsitzender Powell merkte zudem an, dass die Schrumpfung der Bilanzsumme bisher durch eine Reduzierung der Reverse-Repo-Fazilität der Fed und nicht durch eine Verringerung der Reserven erreicht wurde, die für die Wirtschaft viel wichtiger sind. Bis die Reverse-Repo-Fazilität im Gleichgewicht ist und die Reserven zu sinken beginnen, wird die Fed die quantitative Lockerung wahrscheinlich fortsetzen.

Von Eric Winograd, Director – Developed Market Economic Research bei AllianceBernstein

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