Aktienanleger auf der Suche nach beständigem Wachstumspotenzial interessieren sich in der Regel nicht für Unternehmen aus der stark zyklischen Bergbauindustrie. Doch hinter den Kulissen einiger der größten Bergwerke der Welt erzielt ein kaum bekanntes Industrieunternehmen stetige Cashflows, indem es dafür sorgt, dass schwere Maschinen die Erde ohne Unterbrechung bewegen können. Der Bergbau ist ein schmutziges Geschäft. Um Gold, Diamanten oder Kupfer aus der Erde zu holen, produzieren Bergbauunternehmen Berge von Müll. Die Weir Group mit Sitz in Schottland stellt Bergbauausrüstung wie Schlammpumpen her, die Abfälle aus den Bergwerken transportieren.
Gerätschaften wie diese sind für den reibungslosen Betrieb von Bergwerken unerlässlich. Im Laufe ihres Lebenszyklus werden für die Produkte von Weir – darunter Zerkleinerungsmaschinen für Mineralien und Grabwerkzeuge – mehrmals im Jahr Ersatzteile benötigt.
Profitables Wachstum unabhängig von wirtschaftlichen Konjunkturverläufen
„Aufgrund des fortwährenden Bedarfs an Ersatzteilen erwirtschaftet Weir 80% seines Umsatzes auf dem Ersatzteilmarkt“, erklärt Marcus Morris-Eyton, Portfoliomanager – European and Global Growth Equities bei AllianceBernstein. „Dieses auf den Ersatzteilmarkt konzentrierte Geschäftsmodell bietet wesentlich mehr Planbarkeit in Bezug auf die Margen und das Umsatzwachstum, als man typischerweise in diesem Sektor vorfindet, in dem die Auftragseingänge für neues Ausrüstungsmaterial für gewöhnlich entsprechend dem Abbauzyklus schwanken.“
Das Unternehmen wurde 1871 von den Brüdern George und James Weir in Glasgow als Ingenieurbüro gegründet, das Pumpanlagen für Schiffswerften herstellte. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stellte Weir Flugzeugtriebwerke her und leistete Pionierarbeit bei der technologischen Entwicklung von Hubschraubern. Nach 1950 verschaffte es sich durch Übernahmen eine weltweite Präsenz in der Bergbauindustrie sowie auf den Öl- und Gasmärkten.
In den letzten Jahren hat sich Weir von der Öl- und Gasindustrie abgewandt, um sich stärker auf den Bergbau zu konzentrieren. Im Jahr 2023 erbrachte die Mineraliensparte 73% der Einnahmen, der Rest entfiel auf eine zweite Gruppe namens ESCO. Diese wurde 2018 übernommen und umfasst die Produktion von bodeneingreifenden Werkzeugen (Ground Engaging Tools, GETs) für den Erdaushub. Den Angaben des Unternehmens zufolge hat Weir in wesentlichen Produktbereichen wie Schlammhandhabung und GETs eine führende Marktposition inne. Regional sind die Absätze breit gefächert: 31% entfallen auf Nordamerika, gefolgt von Südamerika (22%), Australasien (16%) und dem Asien-Pazifik-Raum (13%).
Globales Servicenetz als Wettbewerbsfaktor
Der Wettbewerbsvorteil von Weir beruht auf seiner starken Markenwahrnehmung, den langfristigen Kostenvorteilen seiner Produkte und einem globalen Servicenetz. So ist beispielsweise das Hauptsortiment an Schlammpumpen im Vergleich zu anderen Anbietern relativ teuer, punktet jedoch mit niedrigeren Gesamtbetriebskosten auf lange Sicht. Darüber hinaus stellt das Unternehmen eigene Ingenieure in den größten Bergwerken vor Ort und stellt Unterstützungspersonal in einem Umkreis von 200 Kilometern um viele große Abbaustätten zur Verfügung. Ersatzteile sind das ganze Jahr über erhältlich. Dadurch werden die Ausfallzeiten im Bergbaubetrieb reduziert – was überdies einen großen Vorteil gegenüber kleineren Wettbewerbern darstellt, die sich kein globales Servicenetz leisten können.
„Ausfallzeiten an einem Standort können für Bergbaukunden einen Verlust von rund 10 Millionen US-Dollar pro Tag bedeuten. Daher ist die Präsenz von Unternehmensvertretern vor Ort ein starkes Verkaufsargument“, so Morris-Eyton. „Das erklärt auch, warum die Kunden bereit sind, für die Ersatzteile von Weir etwas mehr zu bezahlen.“
Stabile, wiederkehrende Einkommensströme sind ein wichtiger Bestandteil eines beständigen, langfristigen Gewinnwachstums und Ertragspotenzials. Weir ist auch ein großartiges Beispiel dafür, wie sich mittels eines aktiven Ansatzes erstklassige Unternehmen in Industriesegmenten aufspüren lassen, denen wachstumsorientierte Aktienanleger normalerweise kaum Beachtung schenken.
Von Thorsten Winkelmann, Chief Investment Officer—Europe and Global Growth bei AllianceBernstein