Vor kurzem hat das US-Repräsentantenhaus einen Haushalt für das Haushaltsjahr 2025 verabschiedet: H.R. 1, auch bekannt als „One Big Beautiful Bill Act“ (OBBBA). Kenner des amerikanischen Haushaltsverfahrens wissen, dass die Verabschiedung durch das Repräsentantenhaus nur ein Schritt auf dem Weg zu einem endgültigen Haushalt ist. Nun muss der Senat einen Gesetzentwurf verabschieden, und die Abstimmung der beiden Fassungen wird wahrscheinlich bis weit in die Sommermonate hinein dauern.
Der Gesetzentwurf des Repräsentantenhauses ist noch lange nicht final. Änderungen an den Details sind sicher. Die Verabschiedung des Haushalts zeichnet dennoch ein klareres Bild von den finanzpolitischen Prioritäten der Trump-Regierung und schafft eine Grundlage für künftige Verhandlungen. Das ist also ein guter Zeitpunkt, um die Einschätzung des finanzpolitischen Kurses des Landes zu aktualisieren. Denn der verunsichert die Anleger durch Defizite und Schulden.
Fiskalisches Eigentor? Steuersenkung vergrößert Schuldenberg
Die Gesetzgebung des Repräsentantenhauses wird höchstwahrscheinlich das Haushaltsdefizit erhöhen und somit die Schuldenlast Amerikas weiter steigern. Der Staat finanziert sich über Steuern. Kürzt er diese stärker als die Ausgaben, steigt das Defizit. Schätzungen darüber, um wie viel das Defizit steigen wird, sind naturgemäß ungenau. Ein Anstieg von zwei bis drei Billionen Dollar über die nächsten zehn Jahre ist jedoch ein realistischer Ausgangspunkt.
Der Vorschlag, den Tax Cut und den Jobs Act von 2017 zu verlängern, ist das größte Problem. Die darin enthaltenen Steuersenkungen sollen Ende dieses Haushaltsjahres auslaufen. Eine Verlängerung könnte das Defizit um 3,5 bis 4 Billionen Dollar erhöhen. Etwa 800 Milliarden Dollar könnten durch Kürzungen bei den Gesundheitsausgaben, vor allem bei Medicaid, ausgeglichen werden. Andere Kürzungen zielen auf Subventionen und Steueranreize für grüne Energie und ähnliche Projekte ab. Wenn bestimmte Kosten für Lebensmittelmarken und andere Sozialprogramme auf die Ebene der Bundesstaaten verlagert werden, kann dies zu weiteren Einsparungen führen. In seiner Gesamtheit ist das Vorhaben aus haushaltspolitischer Sicht jedoch mit erheblichen Nettokosten verbunden.
Die Struktur des Gesetzes wird auch in Zukunft für Konfrontationen im Kongress sorgen. Damit der Senat das Gesetz nicht blockiert, muss der endgültige Gesetzesentwurf im Rahmen des Versöhnungsverfahrens eingebracht werden. Dieser Weg setzt voraus, dass die Teile des Gesetzes, die das Defizit vergrößern, lediglich temporär sind. Die zeitlich begrenzten OBBBA-Steuersenkungen treten sofort in Kraft. Um diese Auswirkungen über einen Zeitraum von zehn Jahren auszugleichen, werden in dem Gesetzentwurf künftige Ausgabenkürzungen vorgeschlagen. Diese betreffen hauptsächlich das Jahr 2029 und darüber hinaus den Zuständigkeitsbereich einer nachfolgenden Regierung.
Zinsen steigen, Spielraum schrumpft
Die Konsequenz dieser Gesetzgebungstechnik ist klar: In naher Zukunft wird sich das Haushaltsdefizit am stärksten ausweiten. Die Prognosen für diese Jahre sind am verlässlichsten. Künftige Regierungen werden die Möglichkeit haben, die Haushalte nach ihren eigenen politischen Präferenzen zu gestalten. Aber in der Zwischenzeit wird das Defizit wahrscheinlich deutlich ansteigen.
Selbstverständlich spielen nicht nur die gesetzlich festgelegten Ausgaben und Einnahmen eine Rolle für die Haushaltslage. Die Staatsverschuldung wächst. Die Zinskosten steigen. Das Defizit wird um mehr als den Betrag erhöht, der allein durch die Auswirkungen des OBBBA prognostiziert wird (Abbildung 1). Schätzungen des Komitees für einen verantwortungsvollen Bundeshaushalt zufolge werden die Kosten für den Schuldendienst der Regierung in den nächsten Jahren jährlich um mehr als 100 Milliarden Dollar steigen. In naher Zukunft wird sich der gesamte Schuldendienst somit auf weit über eine Billion Dollar pro Jahr belaufen. Das ist deutlich mehr, als die Regierung für Verteidigung ausgibt.
Abbildung 1: Höhere Schuldendienstzahlungen werden das Defizit voraussichtlich weiter erhöhen
Quelle: Bloomberg, S&P and AllianceBernstein (AB)
Wenn man die Veränderung des Primärdefizits mit den höheren Zinszahlungen in den nächsten Jahren kombiniert, sieht man die Nettoauswirkungen auf den Gesamthaushalt. Der heute diskutierte Vorschlag würde das Haushaltsdefizit in den nächsten zehn Jahren auf fast acht Prozent des BIP steigen lassen (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: US-Haushaltsdefizit könnte im nächsten Jahrzehnt anschwellen
Quelle: Bloomberg, S&P and AllianceBernstein (AB)
Rendite-Risiko: Der Markt zeigt ein klares Signal
Verzichtet die Regierung in Washington auf eine solide Haushaltsdisziplin, wird sich der Fehlbetrag weiter vergrößern, die Verbindlichkeiten werden ansteigen und die Kosten für die Bedienung der Staatsschulden werden sich erhöhen. Die Finanzmärkte haben die hohe Verschuldung zur Kenntnis genommen. Die Rendite 30-jähriger Staatsanleihen ist in diesem Jahr bisher um mehr als 50 Basispunkte gestiegen und liegt nun bei über fünf Prozent. Diese höheren Renditen verschärfen die Herausforderung. Außerdem machen sie es für die Regierung teurer, neue Schulden zu machen. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, müssen die Politiker handeln.
Um den Bundeshaushalt in Ordnung zu bringen und auf einen nachhaltigeren Kurs zu bringen, wird eine Kombination aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen erforderlich sein. Keine dieser Optionen ist politisch populär. Solange Regierung und Kongress nicht bereit sind, schmerzhafte Entscheidungen zu treffen, ist keine Verbesserung der Haushaltslage der USA zu erwarten.
Von Eric Winograd, Director – Developed Market Economic Research bei AllianceBernstein