Die Investmentbranche befindet sich im Umbruch: Insbesondere der Vormarsch von Machine Learning und künstlicher Intelligenz (AI), der zunehmende Bedarf an Personalisierung im Investment sowie der schnell wachsende Trend zu mehr Nachhaltigkeit verändern die beruflichen Anforderungen in der Finanzbranche grundlegend.
Das CFA Institute, führender globaler Berufsverband für Investment Professionals, hat über 3.800 Verbandsmitglieder und Nachwuchskräfte sowie über 130 Führungskräfte aus der internationalen Investmentbranche hinsichtlich Veränderungen von Berufsbildern, Kompetenzen und Organisationsstrukturen im Finanzsektor befragt. Daraus ergeben sich fünf konkrete Empfehlungen für eine erfolgreiche Investmentkarriere. Was sich deutlich zeigt: Die sogenannten Soft Skills gewinnen stark an Bedeutung und sind im heutigen Arbeitsmarkt besonders schwer zu finden.
„Vielen Investmentprofis liegen Zahlen, quantitative Methoden und statistische Analysen einfach näher“, erläutert Susan Spinner, CFA, Geschäftsführende Vorstandsvorsitzende des deutschen Lokalverbands CFA Society Germany. „Aber wir müssen akzeptieren, dass dies genau die Felder sind, in denen Algorithmen und Maschinen schon sehr bald besser sein werden als wir. Der Beitrag, den menschliche Intelligenz leistet, liegt in den Soft Skills, in der Kreativität, im zwischenmenschlichen Kontakt mit den Kunden und im Verstehen, was sie als Anleger möchten und brauchen. Wer auch in den kommenden fünf bis zehn Jahren – und darüber hinaus – im Investment Erfolg haben will, muss deshalb umdenken und vor allem bereit sein, immer wieder Neues zu erlernen.“
5 Empfehlungen für eine erfolgreiche Investmentkarriere:
89 Prozent der vom CFA Institute befragten Führungskräfte gehen davon aus, dass sich die Rollen und Aufgaben von Finanzprofis im Laufe einer Karriere mehrfach wandeln werden. Zugleich rechnen 77 Prozent von ihnen damit, dass sich die Arbeitswelt in der Investmentbranche in den kommenden zehn Jahren stärker verändern wird als in den vergangenen zehn Jahren. In diesem dynamischen Umfeld müssen Unternehmen flexibel reagieren können. Daher sind zunehmend Arbeitskräfte gefragt, die eine hohe Anpassungsfähigkeit und interdisziplinäres Denken unter Beweis stellen.
Die Zeit der Star-Portfoliomanager ist vorbei. Unternehmen streben heute nach Agilität, Wettbewerbsfähigkeit, Kundenorientierung und Innovation. Zudem stehen sie in schärferer Konkurrenz um Arbeitskräfte, was zu häufigeren personellen Wechseln führt. In diesem Zuge nimmt die Bedeutung einzelner, herausragender Individuen ab. Stattdessen setzen Firmen verstärkt auf Teams und gemischte Arbeitsgruppen aus verschiedenen fachlichen Disziplinen. Dabei gewinnt auch die sog. „kognitive Diversität“ an Bedeutung, denn Teams mit unterschiedlichen Erfahrungen und Sichtweisen sind weniger anfällig für Fehlentscheidungen und „Herdentrieb“. 49 Prozent der befragten Führungskräfte nennen den Trend zu mehr Teamarbeit als wesentlichen Veränderungsfaktor in der Branche.
Für Investmentexpert*innen hat das durchaus Vorteile: So besteht dadurch mehr Raum für Richtungswechsel und laterale Schritte in der Laufbahn. Zudem wirken sich Unterbrechungen, Sabbaticals, Eltern- oder Pflegezeiten weniger negativ auf den individuellen Karriereweg aus. Es heißt aber auch: Ellbogenmentalität und Egotrips sind fehl am Platz. Teamfähigkeit ist Trumpf.
49 Prozent der befragten Finanz-Führungskräfte messen in den kommenden fünf bis zehn Jahren den sogenannten „T-shaped skills“ die größte Bedeutung für den individuellen Erfolg von Investment Professionals zu. Diese rangieren damit deutlich vor Führungskompetenzen (21 Prozent), Soft Skills (16 Prozent) und technischem Know-how (14 Prozent).
Mit „T-shaped skills“ ist die Fähigkeit gemeint, fachliche Tiefe und Spezialisierung mit einem breiteren Verständnis für unternehmerische Zusammenhänge zu verknüpfen. Konkret gehören dazu ein hohes situatives Anpassungsvermögen, interdisziplinäres Denken, ein starkes persönliches Netzwerk und ein gutes Verständnis der Systeme im Unternehmen sowie des größeren Geschäftskontextes.
Im Wettbewerb um die attraktivsten Stellen im Investment Management haben Fachkräfte, die besonders kreativ und innovativ sind, derzeit die besten Karten. Führungskräfte geben an, dass Kreativität/Innovationskraft (32 Prozent), interdisziplinäres Denken (29 Prozent) und lösungs- bzw. kundenorientierte Arbeitsweise (29 Prozent) im Arbeitsmarkt besonders schwer zu finden sind. Selbst Fachwissen in IT und Informatik, oft als akuter Bedarf bei Arbeitgebern genannt, rangiert weit hinter Soft Skills wie Empathie, Bescheidenheit und Kommunikationstalent.
„Das bedeutet natürlich nicht, dass technische und finanzielle Fachkenntnisse nicht wichtig sind“, so Spinner. „Im Gegenteil: Es zeigt sich, dass diese Fähigkeiten im Arbeitsmarkt als gegeben vorausgesetzt werden. Wer sich von der Konkurrenz abheben möchte, muss zur fachlichen Kompetenz noch zwischenmenschliches Feingefühl und Ideenreichtum mitbringen.“
Investment-Fachleute der Zukunft werden sich zunehmend dadurch differenzieren können, dass sie Technologien geschickt einsetzen, um ihre Arbeitsqualität und Investment- performance zu steigern. Im Gegensatz zu dem beliebten aber allzu simplen Bild von
Maschinen, die Menschen ersetzen, wird die Zukunft des Investmentsektors in der gegenseitigen Ergänzung von AI + HI (Artificial Intelligence + Human Intelligence) liegen. Menschen kommt dabei die Aufgabe zu, die Technologie zu „trainieren“, Kunden gut zu beraten, ihre Bedürfnisse und Anforderungen zu erkennen und innovative, individuell zugeschnittene Angebote zu entwickeln. Maschinen hingegen sind besonders gut geeignet, erfolgreiche Ansätze zu verstärken, große Datenmengen auf versteckte Muster hin zu analysieren und monotone, repetitive Aufgaben zu erledigen.
Aber ethische Grundprinzipien, Transparenz, Kommunikation, Empathie, implizites Verstehen und Vertrauensbildung sind fundamental menschliche Elemente, die in der Vermögensverwaltung und Geldanlage auch auf längere Sicht nicht durch Maschinen geleistet werden können.
Viele haben bereits die ersten Schritte gemacht: Die Befragung unter den rund 3.800 internationalen Investment-Fachleuten hat gezeigt, dass knapp die Hälfte (46 Prozent) sich bereits in Richtung Soft Skills weiterbilden. Und das Interesse am Lernen allgemein ist groß: 50 Prozent der Befragten geben an, dass es sie im Beruf am stärksten motiviert, Neues zu lernen – deutlich mehr als gute Bezahlung (41 Prozent). Damit liegen sie genau richtig, so Spinner: „Das wichtigste, was Investment Professionals sich in jeder Phase ihrer Karriere bewahren sollten, ist die Bereitschaft sich fortzubilden und lebenslang zu lernen. Auf diese Weise können sie auch solche Veränderungen annehmen, die wir momentan noch gar nicht antizipieren können.“
Für die Studie „Investment Professional of the Future“ wurden weltweit 3.832 Mitglieder des CFA Institute sowie Kandidat*innen im CFA® Program zu ihrem Werdegang, ihrer Karriereplanung sowie ihren Erwartungen an ihre Arbeitgeber und die Branche befragt. Zudem wurde eine Umfrage zu den Veränderungen der Arbeitswelt im Investment Management unter 133 Führungskräften durchgeführt. Darüber hinaus wurde qualitatives Feedback von über 100 Teilnehmenden in Workshops und Einzelinterviews eingeholt, darunter Investment-Fachleute, Personal-, Weiterbildungs- und Entwicklungs-Manager*innen, Hochschullehrende und Personalvermittler*innen. In der Publikationsreihe sind ebenfalls erschienen: „Future State of the Investment Profession“ und „Investment Firm of the Future“.
Mehr Informationen auf der Website: http://futureprofessional.cfainstitute.org