Columbia Threadneedle: Chinas Schuldenanstieg wird deutlich unterschätzt

Mögliche Folgen für die Kapitalmärkte infolge des massiven Schuldenanstiegs in China werden nach Ansicht der Fondsgesellschaft Columbia Threadneedle Investments deutlich unterschätzt. Die starke und beunruhigende Kreditexpansion in den vergangenen Jahren berge möglicherweise größere systemische Risiken für die chinesische Wirtschaft als ein Handelskrieg. „Vor fünf Jahren waren wir der Ansicht, dass eine starke Kreditexpansion in China mit minimalen Marktstörungen hätte bewältigt werden können. Heute sehen wir das anders“, schreibt Paul Smillie, Senior-Investment-Analyst bei Columbia Threadneedle, in einem aktuellen Kommentar. Columbia Threadneedle Investments | 22.07.2019 09:57 Uhr
Paul Smillie, Senior-Investment-Analyst, Columbia Threadneedle / © Columbia Threadneedle Investments
Paul Smillie, Senior-Investment-Analyst, Columbia Threadneedle / © Columbia Threadneedle Investments
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Columbia Threadneedle verweist auf mehrere Kennzahlen, die auf „Rot“ stünden. „Wie auch immer man es betrachtet, die massive Kreditexpansion in China in den letzten Jahren sollte die Alarmglocken schrillen lassen“, schreibt Smillie. Beispielsweise habe die Kreditrendite, die misst, wie effektiv Neukredite das Wachstum beleben, im Jahr 2008 ungefähr bei 0,75 gelegen. Das heißt, dass jeder verliehene Yuan ein nominales Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 0,75 Yuan erzeugte. Seit 2014 liege diese Kennzahl im Durchschnitt bei 0,25.

Die Kreditquote in China, also der Quotient aus Kreditvolumen und Bruttoinlandsprodukt, sei Schätzungen zufolge seit der Finanzkrise von knapp 150 Prozent auf rund 300 Prozent gestiegen, wenn man sowohl bilanzielle als auch außerbilanzielle Kredite berücksichtige. „Tatsächlich ging es jedes Mal schlecht aus, wenn die Kreditquote über fünf Jahre von mehr als 100 Prozent um über 30 Prozentpunkte stieg“, schreibt Smillie. „Unseres Erachtens ist der chinesische Bankensektor damit eindeutig als Krisensektor einzustufen.“

Die Lücke bei der Kreditquote (kurz: Kreditlücke), ein von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich bevorzugter Indikator, der die Abweichung der Kreditquote von ihrem langfristigen Trend misst, bereitet Columbia Threadneedle ebenfalls Sorge. Smillie: „In China lag die Kreditlücke in den letzten Jahren bei über 20 Prozent. Eine Kreditlücke in dieser Größenordnung war in den letzten 50 Jahren ein sehr guter Indikator für eine bevorstehende Bankenkrise.“

„Wichtige Kennzahlen für das Kreditwachstum signalisieren, dass dieses Wachstumstempo nicht nur unhaltbar ist, sondern zu einem deutlichen Anstieg notleidender Kredite führen wird“, fasst Smillie zusammen. „Irgendwann wird sich das sehr negativ auf die Anleihe- und Aktienmärkte Chinas auswirken.“ 

Nach Einschätzung von Columbia Threadneedle sollten Anleger in China mit einer höheren Ausfallquote rechnen, denn: „Amtlichen chinesischen Daten zufolge sind nur 2 Prozent der Kredite notleidend. Doch wenn das Kreditvolumen so stark zunimmt wie in China, liegt der Anteil notleidender Kredite erfahrungsgemäß eher bei rund 20 Prozent.“

Notleidende Kredite gibt es nach Ansicht des Experten vor allem in drei Bereichen: „Kredite an Lokalregierungen, mit denen diese oft Infrastrukturprojekte finanzieren; außerbilanzielle Engagements von Banken (insbesondere die äußerst beliebten Vermögensverwaltungsprodukte, mit denen Ausleihungen aus den Kreditbüchern der Banken ausgelagert werden); und Kredite kleinerer chinesischer Banken, die in den letzten Jahren viel schneller als ihre größeren Konkurrenten gewachsen sind.“

Paul Smillie, Senior-Investment-Analyst, Columbia Threadneedle

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