Die sozialen und ökologischen Risiken für die Weltwirtschaft führen wahrscheinlich zu einem noch nie dagewesenen technologischen Fortschritt, schreibt Ann Steele, Portfoliomanagerin bei Columbia Threadneedle Investments, in einem aktuellen Marktkommentar. „Sollten wir die rasche Einführung einiger dieser Technologien nicht frühzeitig einführen, könnte dies erhebliche finanzielle und ökologische Folgen haben. Mit Veränderungen gehen jedoch auch bedeutende Anlagemöglichkeiten einher“, so Steele.
Ein prominentes Beispiel sei der Automobilsektor, insbesondere mit Blick auf Elektrofahrzeuge. „Mit Unterstützung der Politik verkaufen die Automobilhersteller Elektrofahrzeuge in großer Zahl. Es ist nicht übertrieben, zu sagen, dass sich die Branche an einem Wendepunkt befindet, der möglicherweise so einschneidend ist wie der Wechsel vom Pferd zum Verbrennungsmotor vor mehr als 100 Jahren."
Bei der Auswahl der Autohersteller, die den Wettlauf um die Vorherrschaft bei der Elektromobilität potenziell gewinnen, gebe es einen eklatanten Unterschied zwischen den Unternehmen mit glaubwürdigen mittel- und langfristigen Strategien zur Entwicklung von Umwelttechnologien – wie Daimler und Volkswagen – und jenen ohne eine solche Strategie. „Die etablierten Autohersteller schließen schnell zu Tesla auf, da sie in einer Zeit, in der die Gewinnspannen Rekordhöhen erreichen, schnell neue Modelle auf den Markt bringen. Beispielsweise wuchs der europäische Markt für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge 2020 um 106 %, während die Verkaufszahlen von Tesla um 11 % zurückgingen“, sagt die Investmentexpertin.
Die nächste Generation von Elektroautos der großen Autohersteller, die zwischen 2024 und 2025 auf den Markt kommen soll, werde ein besseres Design und eine größere Reichweite haben als die heutigen. Sie werden dann noch wettbewerbsfähiger sein. Im Zuge der Entwicklung neuer Produkte stellen die Autobauer auch ihre Produktionsprozesse um und gestalten sie nachhaltiger. „Die Mercedes-Benz Group ist den meisten Konkurrenten mit einem Netto-Null-Ziel für die Produktion bis 2039 etwas voraus. Die Mehrheit der Unternehmen, die neue Produktionsanlagen bauen, setzen dabei auf erneuerbare Energien.“
Allerdings könnten Lieferengpässe die geplante Expansion behindern. Ein solches Problem im Zusammenhang mit ESG-Aspekten betreffe die Beschaffung von Kobalt aus dem Kongo für Batteriekomponenten. Die führenden europäischen Autohersteller geben an, dass sie für ihre Batterien nur Materialien aus ethischen Quellen verwenden, was zu einer Verknappung des Angebots an diesen strategischen Metallen führen könnte. Fehlende Investitionen in die Ladeinfrastruktur seien ein weiteres Problem.
Insgesamt erwartet Steele jedoch, dass die europäischen Autohersteller gegenüber Tesla aufholen: „Keiner von ihnen ist ein reiner Elektroautohersteller, was sich jedoch in dem Bewertungsaufschlag von Tesla an der Börse überdeutlich widerspiegelt. Tesla hat 2020 499.550 Autos ausgeliefert, was einer Marktkapitalisierung von 962.000 EUR pro Auto entspricht. Volkswagen lieferte dagegen 9,3 Millionen Autos aus, woraus sich eine Marktkapitalisierung von 14.100 pro Auto ergibt.“ Die europäischen Autohersteller erhöhen den Anteil von Elektrofahrzeugen an ihren Gesamtverkäufen mit klaren Strategien, weshalb die Bewertungslücke zwischen ihnen und Tesla sicherlich schrumpfen werde.
„Angesichts des sich beschleunigenden technologischen Wandels und des wachsenden Bewusstseins für den Klimawandel, das sich auf allen Ebenen der Weltwirtschaft, von Regierungen bis hin zu Unternehmen und Privatpersonen, auf Entscheidungen auswirkt, nimmt dieser Sektor für uns als Anleger weiterhin eine zentrale Rolle ein“, so Steele.