Die Energiewende lässt den Bedarf an Übergangsmetallen wie Kupfer steigen und stellt Investoren damit vor die Gretchenfrage: Können Bergbaufirmen eine verantwortungsvolle Anlage sein? Einer aktuellen Untersuchung von Columbia Threadneedle Investments zufolge übersteigt bei vielen Übergangsmetallen die Nachfrage das Angebot. Neben einer verbesserten Ressourceneffizienz würden neue Minen benötigt. Der Autor Harry Ashman, Responsible Investment Analyst, schreibt: „Die Praktiken haben sich verbessert. Bei unseren Bemühungen zur Dekarbonisierung der Welt müssen wir sorgfältig vorgehen, um einen Ausgleich zwischen der Nachfrage und den sozio-ökologischen Auswirkungen zu schaffen.“
Problematisch…
Der Bergbausektor ist mit einer Reihe gravierender ökologischer und sozialer Auswirkungen verbunden, die sich nur sehr schwer mit einem verantwortungsvollen Anlageansatz vereinbaren lassen. Neben Problemen mit Bodenrechten, lassen die Entsorgung von Abfallprodukten, Wasserverbrauch und -verschmutzung, Sicherheitsthemen sowie der achtprozentige Anteil der Metall- und Bergbauindustrie an den weltweiten Treibhausgasemissionen den Sektor problematisch erscheinen.
…aber notwendig
Um die Klimakrise einzudämmen und zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft überzugehen, ist eine enorme Ausweitung kohlenstoffarmer Technologien wie erneuerbare Energien und Elektrofahrzeuge erforderlich. Damit steigt die Nachfrage nach den Metallen, die für diese Technologien erforderlich sind. So benötigten Photovoltaik-Solarkraftwerke rund 2,8 t, Onshore-Windkraftanlagen rund 2,9 t und Offshore-Windkraftanlagen rund 8 t Kupfer pro MW neuer Kapazität im Vergleich zu den 1,15 t pro MW, die für die konventionelle Kohleverstromung erforderlich sind. Je nach Technologie besteht auch ein weit größerer Bedarf an anderen Übergangsmetallen. Ein vollständig batteriebetriebenes Elektrofahrzeug benötigt etwa 2,5-mal so viel Kupfer wie ein Verbrenner und erhebliche Mengen Lithium, Nickel, Mangan, Kobalt und Graphit.
„Grüne Nachfrage“ nach Kupfer wird sich in diesem Jahrzehnt vervierfachen
„Grüne Anwendungen“ machen aktuell nur rund 6 % des gegenwärtigen Kupferverbrauchs aus. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Nachfrage nach Kupfer in der Elektromobilität und den erneuerbaren Energien in den nächsten 20 Jahren knapp 40 % des Gesamtwachstums ausmachen wird. Schätzungen zufolge wird die weltweite Nachfrage nach Kupfer im Jahr 2040 um 50 % höher sein als heute. „Wir erwarten, dass sich die ‚grüne Nachfrage‘ nach Kupfer in diesem Jahrzehnt auf mehr als 17 % der Gesamtnachfrage nahezu vervierfachen wird.“ Um die Nachfrage zu decken, ist Harry Ashman zufolge neben der Erschließung neuer, eine Konzentration auf höherwertige Vorkommen notwendig. Darüber hinaus kann Kupfer unbegrenzt und ohne Qualitätseinbußen recycelt werden. Auch hier sieht der Experte für nachhaltiges Investieren Potenzial, denn aktuell liegt die Recyclingquote bei nur 15-20 %.
Andere Übergangsmetalle aus ESG-Sicht problematischer
Die bei Kupfer zu beobachtenden Trends zeigen sich bei anderen Übergangsmetallen mit weniger alternativen Nutzungsmöglichkeiten noch stärker. Elektrofahrzeuge und Batteriespeicher sind schon
jetzt die größten Lithiumverbraucher, und 2040 dürfte saubere Energie 60-70 % der Nickel- und Kobaltnachfrage ausmachen. Um weltweit Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, werden 2040 sechsmal mehr mineralische Rohstoffe benötigt als heute. „Unglücklicherweise sind die mit einigen dieser Metalle verbundenen sozio-ökologischen Probleme auch weit gewichtiger als bei Kupfer, sodass ihre Einbeziehung in ESG-Portfolios für verantwortungsbewusste Anleger schwieriger zu rechtfertigen ist“, konstatiert Ashman. Beispielsweise werde die Hälfte des heutigen Lithiumabbaus in Gebieten mit starkem Wassermangel betrieben und belaste die dort lebenden Menschen und die Artenvielfalt. Oder auch, dass 60 % des weltweiten Angebots an Kobalt in der Demokratischen Republik Kongo abgebaut werde, die in Bezug auf Menschenrechte, Kinderarbeit, Sicherheit, Umweltverschmutzung und Konflikte problematisch sei. „Für Anleger, die sich auf die Minderung von ESG-Risiken konzentrieren und direkt in die dortigen Bergbauunternehmen investieren, sind diese Probleme ebenso besorgniserregend wie die Schwierigkeiten in der Lieferkette des Technologie- und Industrie-Sektors“, so Ashman.
Fokus auf höhere Branchenstandards und aktives Stewardship notwendig
Die Etablierung höherer Branchenstandards wie etwa zum Betrieb von Absetzbecken (Global Industry Standard on Tailings Management) habe bereits zu einer Verbesserung aus ESG-Perspektive geführt, sodass „eine begrenzte Zahl von Bergbauunternehmen, die Übergangsmetalle fördern, als verantwortungsvolle Akteure betrachtet werden können, die einen positiven Beitrag zur langfristigen Performance leisten können“, so der Experte von Columbia Threadneedle. Anleger könnten verantwortungsvolle Bergbauunternehmen bei der Entwicklung neuer Projekte unterstützen, um den Übergang voranzutreiben. Gleichzeitig sollten sie sicherstellen, dass sich die Unternehmensführung der Notwendigkeit hoher Standards in jeder Phase des Projektlebenszyklus bewusst ist. Von der Einholung von Zustimmung bis zu nachhaltigen Abfallmanagementpraktiken und Garantien für die Renaturierung der Abbaustätten gibt es zahlreiche ESG-Standards, die Bergbauunternehmen erfüllen müssen. Ashman ist überzeugt: „Wir müssen uns weiterhin von den Daten und der Wissenschaft leiten lassen, um Entscheidungen zu treffen, die im langfristig besten Interesse der Gesellschaft und unseres Planeten stehen. Für uns als Investor ist eine Kombination aus Research- und Stewardship-Tätigkeiten für einen verantwortungsvollen und ausgewogenen Ansatz unerlässlich.“
Den vollständigen Report finden Sie hier