Entgegen dem Trend der jüngsten Signale aus dem Vereinigten Königreich und Nordamerika hielt die EZB an ihrer bisherigen Prognose fest und erhöhte den Leitzins um 50 Basispunkte, wobei sie eine weitere Anhebung um einen halben Punkt auf ihrer nächsten Sitzung im März in Aussicht stellte. Von diesem Zeitpunkt an wird sie den weiteren Kurs ihrer Geldpolitik überprüfen.
Der Ausblick wurde deutlich weniger düster eingeschätzt als noch bei der letzten Sitzung des Ausschusses. Das liegt in erster Linie an deutlich gesunkenen Energiekosten und gestiegenen Gehältern. Dagegen stiegen die Lebensmittelpreise weiter an. Die Kerninflation blieb zwar auf dem Niveau vom Dezember, ist aber immer noch viel zu hoch. Die Risiken für das Wirtschaftswachstum sind immerhin wieder ausgewogener geworden, ebenso wie die Inflationsrisiken, zumindest auf kurze Sicht. Ein externer Faktor für ein schwächeres Wachstum könnte ein stärkerer globaler Abschwung sein, ein Risiko für ein höheres Wachstum und eine höhere Inflation könnte eine schnellere Erholung in China sein. Ein interner Faktor für ein schwächeres Wachstum könnte die abrupte Verschärfung der Kreditkonditionen sowohl für Unternehmen als auch für Haushalte sein.
Auch wenn die Entscheidung für die März-Sitzung mit einem Zinsschritt von +50 Basispunkten festzustehen scheint, könnten sich die globalen Bedingungen bis zur darauf folgenden Sitzung des Ausschusses Mitte Juni noch einmal ganz anders darstellen. Lagarde betonte zwar, dass es danach noch mehr zu tun gäbe, doch die Zentralbank könnte mit der Fortsetzung ihrer restriktiven Geldpolitik alleine dastehen. Das Ende der Fahnenstange scheint in Sicht zu sein, und die Märkte haben es gespürt.
Von Dave Chappell, Senior Fixed Income Portfolio Manager bei Columbia Threadneedle Investments
