Ausblick für 2024: Balanceakt zwischen Unsicherheit und Optimismus

Trotz aggressiver Zinsschritte seitens der Zentralbanken der Industrieländer blieb die Wirtschaft 2023 robust – ebenso wie die Inflation. Nun fragen sich Marktteilnehmer: Wann kommen die geldpolitischen Lockerungen und wie tief wird die Rezession? Was die Märkte erwartet und wie sich Anleger positionieren können, erläutert William Davies, Global Chief Investment Officer bei Columbia Threadneedle Investments, in seinem Marktkommentar. Columbia Threadneedle Investments | 16.11.2023 11:56 Uhr
William Davies, Global Chief Investment Officer bei Columbia Threadneedle Investments / © e-fundresearch.com / Columbia Threadneedle Investments
William Davies, Global Chief Investment Officer bei Columbia Threadneedle Investments / © e-fundresearch.com / Columbia Threadneedle Investments

  • Während die Risiken einer möglichen Rezession und die Höhe der Inflation bekannte Größen darstellen, dürften 2024 geopolitische Risiken in den Vordergrund rücken.
  • Bei Anleihen könnten mittel- bis langfristige US-Staatsanleihen, IG-Unternehmensanleihen mit soliden Renditen sowie Hochzinsanleihen attraktiv sein, bei Aktien dürften sich die Wertzuwächse auf eine breitere Bandbreite von Sektoren ausweiten.
  • Zwischen Märkten gibt es eine zunehmende Differenzierung. Dies betrifft sowohl die Entwicklung der Wirtschaft, Inflation und Geldpolitik als auch Aktienbewertungen.
  • In Zeiten wirtschaftlicher Schwäche könnte sich die Umsetzung der Energiewende verzögern, da Regierungen solche Bemühungen gegen andere Prioritäten und Ausgaben abwägen müssen.
  • Ein Mittelweg zwischen positiven und negativen Szenarien ist in den nächsten sechs Monaten am wahrscheinlichsten.

Zentralbanken weltweit reagierten auf die Krisen des Jahres 2023, indem sie die Zinsen für längere Zeit anhoben. Dennoch sind die Wirtschaftsdaten des Jahres besser ausgefallen als erwartet: Die Inflation ging zurück, der Arbeitsmarkt behauptete sich und es gab keine Rezession – im Gegenteil, das Wachstum war sogar beeindruckend robust. Aktuell sorgen sich Marktteilnehmer um den Zeitpunkt der anstehenden Zinssenkungen sowie um Ausmaß und Timing des erwarteten Wirtschaftsabschwungs. 

Geopolitische Risiken rücken in den Vordergrund

Der allseits erwartete Wirtschaftsabschwung verzögert sich immer weiter. Wenn er schließlich eintritt, dürften sich die Auswirkungen jedoch in Grenzen halten, denn die Risiken im Hinblick auf die Höhe der Inflation oder die Stärke der Rezession sind zumindest bekannt. Anders bei den geopolitischen Risiken: Diese scheinen im Jahr 2024 gefährlicher zu sein und könnten eher zu Enttäuschungen führen. Dazu zählen die Eskalation im Nahen Osten und die zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China.

Die erneute Eskalation des Nahostkonflikts führte zu schrecklichen menschlichen Opfern. Für die Wirtschaft bedeuten die Ereignisse kurzfristig Volatilität und langfristig Inflationsdruck. Unternehmen sind direkt davon betroffen, denn die Energieversorgung umzustellen oder neue Lieferketten aufzubauen wird kostspielig sein. Eine weitere Unbekannte in dieser Risikorechnung sind die Wahlen in den USA. Ob oder wie sie sich auf die Märkte auswirken werden, ist schwer vorherzusagen – und genau diese Unberechenbarkeit ist das Problem. Denn Märkte hassen Unsicherheit.

Anleihen bieten wieder Renditen, Aktien erfreuen auf breiterer Basis

Kurz vor dem Jahreswechsel müssen Anleger ihren Optimismus in Bezug auf die globale Konjunktur gegen die vielen Unsicherheiten abwägen, die weiterhin lauern. Bei Anleihen bedeutet das, dass sie mittel- bis langfristige US-Staatsanleihen sowie Investment-Grade-Unternehmensanleihen mit soliden Renditen in Betracht ziehen könnten. Auch Hochzinsanleihen erscheinen mit nahezu zweistelligen Renditen attraktiv. Die Auswahl der Anleihen muss jeder Investor individuell mit seiner Einschätzung der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung und seiner Risikobereitschaft in Einklang bringen.

Gleiches gilt für Aktien. Hier wäre es ein Fehler, sich auf die kleine Gruppe von Unternehmen zu beschränken, die im Jahr 2023 den Markt anführten. Denn: Wertzuwächse dürften sich künftig breiter auf die Unternehmen verteilen. In Zukunft könnten mehr Bereiche attraktiv sein und Rallyes erfahren, wie sie bisher nur die stärksten Sektoren erlebten.

Die Märkte differenzieren wieder

Auch wenn die Taktiken unterschiedlich waren, verfolgten die Zentralbanken und Regierungen mit ihrer Geld- und Fiskalpolitik während der Covid-19-Pandemie und unmittelbar danach ein gemeinsames Ziel: die Stabilisierung der Wirtschaft. Im Laufe des Jahres 2023 sahen wir erstmals wieder eine gewisse Differenzierung der politischen Maßnahmen und wirtschaftlichen Ergebnisse. Diese Differenzierung dürfte sich im Laufe des Jahres 2024 noch verstärken (Abbildung 1).

So könnte die Federal Reserve (Fed) die Zinsen für längere Zeit auf einem höheren Niveau belassen – anders als beispielsweise die Bank of England. Die britische Wirtschaft zeichnet sich durch eine kürzerfristige Struktur der Hypothekenkredite aus und besitzt insgesamt eine höhere Zinssensitivität. Dadurch wirken sich Zinserhöhungen früher auf die Wirtschaft aus und führen zu einer Abschwächung. Die Eurozone konnte im Jahr 2023 eine Rezession vermeiden, was teilweise dem milden Winter zu verdanken war. Dieser ermöglichte es, auch ohne russische Lieferungen die Energiekosten niedrig zu halten. Möglicherweise wiederholt sich das auch im Jahr 2024.

Auch bei den Bewertungen kristallisieren sich nach und nach Unterschiede heraus. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 18 auf Basis prognostizierter Gewinne sind beispielsweise US-Aktien erheblich teurer als europäische und japanische Aktien mit KGVs von 12 bzw. 14. Zwar wäre es unklug, allein aufgrund der Bewertung regional zu spekulieren. Nichtsdestotrotz sind die Unterschiede aber ein weiteres Beispiel für die zunehmende Differenzierung zwischen Märkten, die künftig Chancen eröffnen könnte.

Verzögerungen bei der Energiewende

Bei nachlassendem Wirtschaftswachstum könnte es sein, dass sich die Umsetzung der Energiewende verzögert. Im Vereinigten Königreich wurden beispielsweise einige Zusagen für Programme, welche die Energiewende vorantreiben sollten, zurückgezogen. Zwar werden diese Projekte letztendlich dennoch umgesetzt, jedoch müssen Regierungen derartige Bemühungen in einem schwächeren wirtschaftlichen Umfeld wahrscheinlich gegen andere ökonomische Prioritäten und Ausgaben abwägen.

Szenario: Gemischt

Die aktuelle Entwicklung der Wirtschaft ist geprägt durch niedriges oder sogar rückläufiges Wachstum, sinkende Inflation und hohe Zinsen. Während manche Marktteilnehmer aufgrund der anhaltend hohen Zinsen eine schwerere Rezession für möglich halten, rechnen andere mit steigender Inflation infolge eines fortgesetzten Wirtschaftsaufschwungs. Wieder andere erwarten eine Produktionskürzung der ölexportierenden Länder (OPEC) oder warnen vor den Auswirkungen weiterer geopolitischer Konflikte. Letztendlich ist für die nächsten sechs Monate ein Mittelweg zwischen diesen Extremereignissen am wahrscheinlichsten, und Anleger sollten sich auf ein solches gemischtes Szenario einstellen.

Von William Davies, Global Chief Investment Officer bei Columbia Threadneedle Investments

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