- Wir prognostizieren für 2024 weiterhin ein moderates Gewinnwachstum und erwarten insgesamt solide Cashflows.
- Die durchschnittlichen Fremdkapitalkosten dürften um 100 Basispunkte steigen, aber insgesamt auf beherrschbaren Niveaus verharren.
- Während sich die Sektoren Technologie, Medien und Telekommunikation (TMT), Glücksspiel sowie Reisen und Freizeit gut behaupten, haben der Immobiliensektor und Teile der Grundstoffindustrie nach wie vor zu kämpfen. Das Gesundheitswesen dürfte in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 auf seinen Wachstumspfad zurückkehren, allerdings ausgehend von zuvor gesenkten Wachstumserwartungen.
Wir gehen davon aus, dass sich bei europäischen Emittenten von Hochzinsanleihen das Wachstum von Umsätzen und EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände) 2024 beschleunigen wird. Insgesamt prognostizieren wir ein EBITDA-Wachstum von 6,7 Prozent für 2024. Der Nettoverschuldungsgrad dürfte 2024 sinken. Der freie Cashflow und der Zinsdeckungsgrad dürften im gesamten Jahresverlauf robust bleiben. Für den Zinsdeckungsgrad rechnen wir wegen der höheren Finanzierungskosten allerdings mit einem Rückgang. Insgesamt prognostizieren wir für unser Anlageuniversum einen Anstieg der durchschnittlichen Fremdkapitalkosten auf 4,9 Prozent im Jahr 2024 – 2022 betrugen diese noch 3,8 Prozent. Grund sind die deutlich höheren Zinsen, die Unternehmen für Refinanzierungen in Kauf nehmen müssen.
Zwar dürfte die Refinanzierungsaktivität einen Aufwärtsdruck auf die Finanzierungskosten ausüben. Dieses Risiko ist nicht zuletzt dank des jüngsten Renditerückgangs bei Kernanleihen allerdings auf ein Niveau gesunken, das wir für beherrschbar halten. Unter der Annahme, dass die Renditen von BB- und B-Anleihen einen Anstieg der Fremdkapitalkosten im Jahr 2024 um circa 100 Basispunkte reflektieren werden, ergibt sich immer noch ein relativ gesundes Verhältnis aus freiem Cashflow und Nettoverschuldung, das im mittleren einstelligen Bereich liegt.
Schwäche bei Grundstoffen, Automobilen und Gesundheitswesen
Doch was erwarten wir von den verschiedenen Sektoren? Wir gehen davon aus, dass die Grundstoff- und Automobilindustrie sowie das Gesundheitswesen eher schwächeln. An etlichen wichtigen Bau- und Verbraucherendmärkten hat sich die Nachfrage nach Grundstoffen im Laufe des Jahres 2023 weiter abgeschwächt. Die Folge waren ein anhaltender Lagerabbau und ein erheblicher Rückgang der Kapazitätsauslastung in den Sektoren Chemikalien und Baumaterialien. Wir erwarten eine anhaltend schwache Gewinnentwicklung bis Mitte 2024.
In der Automobilindustrie dürften der Auftragsbestand und die Konsumnachfrage 2024 nachgeben. Das spiegelt sich in einem Wachstum wider, das gegenüber 2023 zwar geringer, aber immer noch positiv ausfällt. Kostenrestrukturierungspläne und Rückflüsse, sinkende Rohstoffpreise und eine Normalisierung der Produktion dürften das EBITDA der Automobilzulieferer im Jahr 2024 stützen, was wiederum eine marginale Entschuldung ermöglichen dürfte. Unsicherheit herrscht nach wie vor bezüglich der Ausgaben für Nicht-Basiskonsumgüter und der Kosten von Automobilfinanzierungen. Wenn die Zinsen im Jahr 2024 hoch bleiben, könnten sich die Prognosen als zu optimistisch erweisen. Die Dominanz hochwertiger BB-Titel, die gute Liquiditätsausstattung und der beachtliche Umfang vor 2023 abgeschlossener Refinanzierungen haben die Finanzierungskosten in Grenzen gehalten.
Für den Gesundheitssektor haben wir unsere Wachstumserwartungen insgesamt gesenkt. Grund hierfür ist die gesunkene Nachfrage in den Segmenten Tests und Laboratorien. Wir erwarten jedoch, dass der Sektor 2024 zu einer zweistelligen Wachstumsrate zurückkehrt.
TMT, Glückspiel und Reisen und Freizeit entwickeln sich erfreulich
Anders steht es um die Bereiche Technologie, Medien und Telekommunikation, Glücksspiel sowie Reisen und Freizeit. Wir erwarten für den TMT-Sektor weiterhin eine relativ stabile Gewinnentwicklung. Denn unserer Einschätzung nach kann die Kosteninflation letztlich über relativ moderate Preissteigerungen weitergegeben werden – und diese werden derzeit praktisch im gesamten Sektor vorgenommen. Infolgedessen rechnen wir für das Jahr 2024 mit einer Margenerholung und einem entsprechenden EBITDA-Wachstum. Dies dürfte vor dem Hintergrund nahezu rekordhoher Investitionsausgaben zu einem sektorweiten Schuldenabbau im Jahr 2024 beitragen.
Der Glücksspiel-Sektor hat sich allen Sorgen um die Konsumnachfrage zum Trotz sehr widerstandsfähig gezeigt und dürfte 2024 weiterwachsen – wenn auch langsamer. Fusionen und Übernahmen wirken sich nach wie vor positiv auf die Finanzzahlen aus. Die generell robusten freien Cashflows unterstützen den Schuldenabbau. Anleihen aus diesem Sektor haben in der Regel längere Laufzeiten, doch vor Kurzem traf eine Emission auf eine hohe Nachfrage, sodass der beträchtliche Anstieg der Finanzierungskosten abgefedert werden konnte.
Auch der Sektor Reisen und Freizeit dürfte Anleger erfreuen. Fitnessstudios haben sich nach der Pandemie deutlich erholt und ihr Netz ausgebaut. Infolgedessen sind die Mitgliederzahlen weiter gestiegen und die Weitergabe der Inflation hat für höhere Renditen pro Mitglied gesorgt. In den vergangenen Monaten hat der Subsektor die Erwartungen übertroffen und nichts deutet auf eine Verschlechterung im Jahr 2024 hin. In der Reisebranche gibt die aufgestaute Nachfrage den Umsätzen und Gewinnen weiterhin Auftrieb. Unternehmen mit besonders langen Buchungszyklen, wie Kreuzfahrtanbieter, entwickeln sich tendenziell sogar besser als 2023.
Immobilien: Vorsicht bei hoch verschuldeten Hochzinsemittenten
Obwohl ein großer Teil des Immobiliensektors von der Aussicht auf sinkende Zinsen profitiert, bleiben wir bei hoch verschuldeten Hochzinsemittenten vorsichtig. Der Nettoverschuldungsgrad ist nach wie vor sehr hoch – rund 25x bei einigen Unternehmen –, auch wenn er den Prognosen zufolge sinken soll. Zudem ist der Zinsdeckungsgrad mit prognostizierten 1,9x für 2024 weiterhin sehr niedrig. Die Unternehmen profitieren im Allgemeinen immer noch vom hohen Anteil festverzinster Kapitalstrukturen, in denen sich die Auswirkungen höherer Zinsen noch nicht widerspiegeln. Diese Strukturen wären größtenteils nicht haltbar, wenn sie heute refinanziert werden müssten. Positiver ist, dass die zugrunde liegenden Geschäfte über das gesamte Analyseuniversum hinweg im Allgemeinen solide bleiben dürften – mit niedrigen Leerstandsquoten und anhaltenden Mieterhöhungen auf vergleichbarer Basis.
Von Tom Southon, Head of High Yield Research, EMEA bei Columbia Threadneedle Investments