- Die US-Inflationszahlen gingen letzte Woche zwar nur geringfügig zurück, die Märkte nahmen diese Entwicklung aber dennoch positiv auf
- Bei den Daten, die diesen Monat für Europa und das Vereinigte Königreich anstehen, wird eine ähnliche Entwicklung erwartet
- Die Zuversicht der US-Verbraucher schwankt, und eine Abschwächung der Verbraucherausgaben sowie ein erneuter Abwärtsdruck auf die Preise sind wahrscheinlich
- Das Wirtschaftswachstum in Europa und im Vereinigten Königreich ist im Vergleich zu den USA stärker; da die Wirtschaftsdaten zuvor jedoch schwach ausgefallen waren, sollte dies die Absichten der Zentralbanken nicht beeinträchtigen, die Zinsen zu senken
- Alles in allem ist das Umfeld für die Finanzmärkte günstig, und für den Rest des Jahres 2024 erwarten wir weitere Marktgewinne
US‑Inflationszahlen bescherten den Märkten in der vergangenen Woche einen Aufschwung – und das, obwohl die Zahlen nur geringfügig besser waren als erwartet. Im Verlauf der Woche werden auch die Daten aus dem Vereinigten Königreich veröffentlicht. Die Inflation hier dürfte einen weitaus stärkeren Rückgang verzeichnet haben – und das Zwei-Prozent-Ziel der Bank of England für die Inflation der nächsten zwölf Monate dürfte so in greifbare Nähe rücken. Gegen Ende des Monats dürfte sich dann auch die Inflation in der Eurozone verbessern.
Eurozone und Großbritannien: Wirtschaft im Aufschwung, Inflation sinkt
Der Weg zu ersten Zinssenkungen im Juni scheint geebnet zu sein. Allerdings hängt deren Ausmaß natürlich nach wie vor von der Datenlage ab. In Europa und im Vereinigten Königreich sind die Inflationsaussichten gut. Obwohl sich die Wirtschaftslage in beiden Volkswirtschaften verbessert – vor allem im Vereinigten Königreich –, gehen wir davon aus, dass die jeweiligen Zentralbanken die Zinssätze stärker senken werden, als es die Märkte derzeit erwarten. Sie preisen Zinssenkungen um 68 Basispunkte in der Eurozone und um 56 Basispunkte im Vereinigten Königreich bis zum Jahresende ein. Unsere Prognose: Die endgültigen Senkungen könnten eher in der Nähe von einem Prozent liegen.
Sonderfall USA: Der Verbrauch schwächelt
In den USA, wo sich die Inflation in letzter Zeit hartnäckig gehalten hat, ist die Lage nicht so eindeutig. Insbesondere die bizarre Handhabung der Mieten im US-Verbraucherpreisindex könnte die Inflation noch länger hochhalten. Die Hoffnung auf Zinssenkungen basiert auf einer deutlichen Konjunkturabschwächung, mit der wir auch rechnen. Kurz gesagt: Die US-Verbraucher haben mehr ausgegeben, als sie eingenommen haben, und gehen jetzt vorerst in den Sparmodus. Darüber hinaus lässt auch das starke Verbrauchervertrauen nach, das die US-Konsumenten im letzten Jahr und darüber hinaus angetrieben hat, und wir erwarten somit eine weitere Abschwächung der Verbraucherausgaben. Das wird keine einschneidenden Auswirkungen haben, dürfte aber das Wachstum weiter bremsen und einen erneuten Abwärtsdruck auf die Preise erzeugen.
Zinssenkungen in Europa und Großbritannien wahrscheinlich
Im Vergleich zu den USA wachsen die Volkswirtschaften in Europa und im Vereinigten Königreich schneller. Das ist jedoch kein Hindernis für die kommenden Zinssenkungen, da die Wirtschaftsdaten zuvor schwach ausgefallen sind und die Region aus einer leichten Rezession hervorgeht. Das Vereinigte Königreich gehörte in den vergangenen Jahren sowohl beim Wachstum als auch bei der Inflation zu den Schlusslichtern. Beides dürfte sich nun aber deutlich verbessern. Die Daten, die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurden, zeigten ein überraschend starkes Wachstum, und auch für die nähere Zukunft sind die Aussichten gut. Der globale Aufschwung, die sinkende Inflation sowie niedrigere Zinssätze bilden ein günstiges Umfeld für die Finanzmärkte – und wir rechnen mit weiteren Kursgewinnen im Verlauf des Jahres.
Von Steven Bell, Chefvolkswirt bei Columbia Threadneedle Investments
Den original Video-Kommentar von Steven Bell sehen Sie hier.